Freitag, 30. Januar 2015

Die Zeit mit Monika



Regie: Ingmar Bergman

Die tragische Geschichte von Monika und Harry...

Die 17jährige Monika (Harriet Anderson) lebt mit ihrer Familie in einer Hinterhofwohnung in Stockholm. Ihre Arbeit im Keller eines Gemüsehändlers macht ihr kaum Spass. Kein Wunder, denn die männlichen Arbeitskollegen sind sexuell übergriffig und denken, sie dürfen bei ihr unter den Rock grapschen. Der Ton ist barsch. Auch zuhause ist die Intimsphäre kaum gewahrt. Das Mädchen schläft in der Wohnküche, die beiden kleinen Brüder sind laut und die Mutter treibt sie jeden Morgen aus dem Bettt. Der Vater kommt oft betrunken heim. In den Tanzbars wird sie aber von vielen Männern begehrt, manche Jungs wie Lelle (John Harryson) suchen nur das Vergnügen und wollen den schnellen Sex mit ihr.
Als sie an einem freien Tag den blonden Harry (Lars Ekborn) in einer Bar trifft, könnte sich aber die Tristesse endlich beseitigen lassen. Sie findet den Jungen einfach nur süß. Provokant fragt sie nach Feuer und schon ist er da, der Zauber, der den 19jährigen Harry nicht mehr von Monika loslassen wird. Er selbst ist auch nicht sehr zufrieden mit seiner bisherigen Arbeit in einem Großhandelslager für Glas und Porzellan. Am Abend verabreden sich die beiden dann aber um ins Kino zu gehen. Dort läuft ein kitschiger Liebesfilm "Traum der Liebe" - Monika ist begeistet, Harry gähnt dabei. Aber immerhin kommt man einmal raus aus dem grauen Alltag gund kann der Realität, den Sorgen ein bisschen entfliehen. Sie verlieben sich. Sie stellen sich auch vor, wie es ist, wenn sie immer zusammenbleiben würden. Monika ist stolz darauf endlich einen festen Freund zu haben, der auch für sie immer da ist. Bald klingelt sie mitten in der Nacht, weil der Vater sie mal wieder geschlagen hat. Harry bringt seine Freundin auf das Motorboot seines Vaters, dort übernachten sie auch. An diesem Morgen kommt Harry auch zu spät zur Arbeit, die Folge ist die Entlassung, die er selbst schon herbeigesehnt hat. Als Liebespaar fahren sie los. Der Sommer ist jung und soll nie aufhören. Die Mittsommernächte beginnen. Die Schäreninseln sind optimal für die Zweisamkeit. Alles was zählt ist die Nähe zueinander und das Ausleben ihrer jungen Liebe...



 Gunnar Fischer war ja der Kameramann der ersten Ingmar Bergman Filme und seine Arbeit darf genauso hochgelobt werden wie die von Sven Nykvist, der bereits bei "Abend der Gaukler" (1953) und "Die Jungfrauenquelle" (1960) tätig war und ab 1961 mit "Wie in einem Spiegel" Gunnar Fischer als Stammkameramann bei Bergman ablöste. Fischers lyrische Kameraarbeit fängt das heitere Licht dieser Sommeridylle pefekt ein und strahlt durch den Kontrast zu den trüben Stadtaufnahmen, die ein bisschen ein italienischen Neorealismus-filme erinnern, umso heller. Ich bin ein erklärter Fan von Bergmans Mittelalterfilmen "Das 7. Siegel" und "Die Jungfrauenquelle", aber zweifelsohne hat der schwedische Filmemacher mit Werken wie "Das Schweigen", "Persona", "Wilde Erdbeeren" oder seinem Spätwerk "Fanny und Alexander" entscheidende europäische Filmgeschichte geschrieben und ewige Klassiker des Films geschaffen. Sein Frühwerk war mir weniger bekannt. ich muss aber zugeben, dass ich bereits vor einigen Monaten bei der Entdeckung von "Einen Sommer lang" sehr begeistert war. Und "Die Zeit mit Monika" - der 1952 entstand und ebenso von einem jungen Liebespaar handelt - ist ebenfalls ein wunderschöner Film. Ich glaube der Zauber des Films liegt nicht nur in seiner universellen Geschichte, in zwei junge Menschen inmitten einer feindlichen Umgebung ihre Liebe und ihr Glück verteidigen wollen, sondern vor allem die Melancholie und die gewisse Traurigkeit die Bergman einfangen kann, weil klar ist, dass der Traum von dieser unbeschwerten Freiheit eines Sommers nur Fiktion ist und die Gesellschaft diese Freiräume nicht vorsieht. Im Grunde lassen sie sich nur in einer Momentaufnahme einfangen und diesen Mut des Ausbruchs - wenn auch nur für wenige Wochen - wagen die Liebenden. Alles ist suggestiv in Szene gesetzt. Als der Sommer sprichwörtlich zu Ende geht, folgt die Schwangerschaft, die Heirat, die Geburt des kleinen Mädchens und vor allem die Ungewissheit wie es mit der jungen Ehe weiter geht. Es ist nur eines sicher, dass die junge Mutter völlig überfordert ist und der junge Vater trotz der Untreue seiner Frau durch das Kind noch ein Lachen im Gesicht hat. Ein sehr, sehr schöner Film und eines der großen Bergman Meisterwerke für mich.



Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Sie tanzte nur einen Sommer




Regie: Arne Mattson

Die tragische Geschichte von Kerstin und Göran...

"Sie tanzte nur einen Sommer" war bei seinem Erscheinen im Jahr 1951 nicht nur ein echter Sittlichkeitsskandal, weil er ein nacktes Liebespaar beim Baden im See zeigte, sondern wurde ein echter Hit an der Kinokasse und gilt auch heute noch als eine der erfolgreichsten schwedischen Filmproduktionen überhaupt. Die Geschichte basiert auf dem Roman "Sommardansen" von Per Olof Ekström und wurde von Regisseur Arne Mattson sentimental in Szene gesetzt.
Für den heutigen Zuschauer - ich sah den Film jetzt zum ersten Mal - ist der erste Eindruck extrem nostalgisch und man fragt sich sehr schnell als Mensch in der heutigen Zeit wo denn da jetzt der Skandal liegt. Denn die Lovestory, die hier gezeigt wird, ist in allen Punkten brav und züchtig und niemals anstößig. Ein in den Extras der DVD befindliches Interview (ca. 28 Minuten) mit der Schauspielerin Gunvor Ponten (sie spielt im Film das Mädchen Sylvia) gibt ein bisschen Aufschluß über die damaligen Zeiten in Schweden, da sie die große Kluft zwischen Stadt und Land beschreibt. Sehr stark ausgeprägt war der Unterschied in der Religion, auf dem Land herrschte der Pfarrer für die mächtige Kirche mit sehr strengen Gesetzen. Gunvor Ponten gibt sogar an, dass man auch heute noch in ländlichen Gegenden solche Strömungen finden kann, dank eines erstarkten Fundamentalismus, der sich immer wieder etablieren kann. Dies erinnerte mich dann sehr schnell an das Verhalten des Pfarrers in einem neueren schwedischen Welterfolg. In "Wie im Himmel" wird die Bigotterie des dörflichen Kirchenlebens durch eine etwas gemässigtere Ausgabe des Dorfpfarrers wie in "Sie tanzte nur einen Sommer" thematisiert. Also doch nicht so abwegig wie im Film geschildert ? Auf jeden Fall wirkt Arne Mattsons Film im Vergleich zu dem fast zeitgleich entstandenen Bergman Film "Die Zeit mit Monika" viel oberflächlicher, da es zwischen der gezeigten Landschaft und der Jahreszeit nur wenige Wechselwirkungen auf die Entwicklung der Beziehung der beiden Liebenden gibt. Der Riesenerfolg verdankt der Film natürlich auch einem voyeuristischen und neugierigen Publikum der 50er Jahre, die in einer erotisch noch verklemmten Zeit die Geschichte zweier Liebender fast als Befreiungsschlag ansehen mussten. Mein Vater jedenfalls hat von dem Film früher sehr geschwärmt - ich denke er war als Jugendlicher auch ein Zuschauer der größten Zielgruppe. Aus dem Abstand von sechs Jahrzehnten muss man aber sagen, dass der Film die Zeit nicht ganz so gut überdauert hat wie die vergleichbaren Bergman Filme.
Zur Geschichte: Nach seiner bestandenen Abiturprüfung hat der 19jährige angehende Student Göran Stendahl (Folke Sundquist) einige Zeit Urlaub vom hektischen Treiben und modernen Leben Stockholms verdient. Daher verbringt er seine Ferien bei seinem sehr liberalen Onkel Persson (Edvin Adolphon) auf dem Bauernhof. Dort lernt er beim Erntehelfen die 17jährige Bauerntochter Kerstin (Ulla Jacobsson) kennen und die beiden jungen Menschen verlieben sich ineinander. Anders Tochter Sigrid (Irma Christenson) sieht die aufkeimende Romanze nicht gerne - sie ist auch bei weitem nicht die Einzige. Kerstins Eltern sind streng religiös und für gute Christen und vor allem anständige Mädchen gehört es sich nicht sich mit hübschen Jungen aus der Großstadt einzulassen. Der Pfarrer (John Elfström) bestimmt den Verhaltenskodex im Dorf. Er bemängelt auch, dass die Dorfjugend lieber den Sonntag Nachmittag mit Theaterspiel und Fußball spielen verbringt als in die kirchliche Bibelstunde zu gehen. Nach anfänglichen Ängsten sich richtig zu verhalten, siegt jedoch das Gefühl bei den beiden Liebenden. Kerstin und Göran sind daher fest entschlossen, allen Widerständen zum Trotz zusammenzubleiben...


Der Regisseur macht kein großes Geheimnis um den Ausgang seines Films, da er direkt mit einer Beerdigung und der verurteilungsvollen Grabrede des Herrn Pfarrers beginnt, der das teuflische Treiben der beiden Jugendlichen als von Gott bestraft ansieht. Der junge Göran, der es nicht mehr aushält von dieser großen Schuld zu hören, die der Geistliche ihm an dem Tod der jungen Kerstin gibt, übernimmt nach kurzer Zeit die Erzählung, die in einer Rückblende den vergangenen Sommer wieder auferstehen lässt und somit auch den Augenblick der größten Verliebtheit, die sich dann wie bereits erwähnt in einer nächtlichen Nacktbadeszene gipfelt und wo sich die beiden ewige Treue schwören. Neben der Lovestory wird auch gezeigt wie harmlose Vergnügungen wie Jugendmusik oder Tanz vom Pfarrer verboten wird, doch die Landjugend ist erfinderisch und lässt sich mit viel Engagement nicht unterkriegen. Sie bauen eine Scheune in eine Art Jugendzentrum um, dort wird in der schönen schwedischen Landschaft bis in die Abenddämmerung getanzt. Der Film endet mit einem tragischen Unglück und ganz zum Schluß sind wir wieder bei der Grabrede des Pfarrers, der aber nicht die letzten Worte bei der Beisetzung spricht. Die kommen von Persson, der das Gespür für eine neue - viel freiere Zeit hat und den spießigen Worten des Pfarrers eine Absage erteilt.
Was sehr gut trotz des altmodischen Flairs eingefangen wird, ist die jugendliche Euphorie einer Sommerliebe und die daraus resultierende Aufbruchsstimmung. Ich glaube da liegt auch ein weiterer Schlüssel des Erfolgs. Denn auch wenn im Kinojahr 1951 ganz viele Zuschauer den Film wegen nackter Haut sehen wollten - sie hätten aufgrund der tatsächlich gezeigten Bilder alle maßlos enttäuscht sein müssen. Waren sie aber nicht. Im Gegenteil: Der Film war in zeitgenössischer Sicht ein Erfolg, weil er die eher jungen Zuschauer gestärkt aus dem Kinosaal entließ. Aus heutiger Sicht gibt der Film einen interessanten Einblick in längst vergangene Vorstellungen von Sitte und Moral - in den 60 Jahren fand da sicherlich ein Quantensprung von Normen statt. Darüberhinaus gelingt es mit der stimmungsvollen Schwarz-Weiß Fotografie von Göran Strindberg den Hochsommer Schwedens spürbar zu machen. Trotz der Nähe zur Herz-Schmerz Schmonzette ein interessanter Film.

Bewertung: 7 von 10 Punkten. 

Sonntag, 18. Januar 2015

Die dritte Dimension



Regie: Anatole Litvak

Roberts und Lisas Absturz...
Die bekanntesten Filme von Anatole Litvak (1902 bis 1974) dürften "Die Schlangengrube", "Entscheidung vor dem Morgengrauen", "Anastasia" und "Du lebst noch 105 Minuten" sein. Der aus der Ukraine stammende Regisseur drehte aber nicht nur in Hollywood, 1962 inszenierte er die französisch-italienische Coproduktion "Die dritte Dimension" (Original: La troisieme dimension) . Die Hauptdarstellerin Sophia Loren war zu dieser Zeit nicht nur ein großer Weltstar, sondern frischgebackene Oscar-Preisträgerin. Am 9. April 1962 wurde sie im Santa Monica Civic Auditorium in Santa Monica als beste Darstellerin für "Und dennoch leben sie" ausgezeichnet. Dem Co-Star Anthony Perkins gelang durch seine Rolle als psychopathischer Serienkiller Norman Bates zwei Jahre vorher der große Durchbruch. Premiere feierte Litvaks Psychothriller im Dezember 1962. Die Handlung des Films spielt in Paris, die Kameraarbeit von Henri Alekan zählt zu den positiven Punkten des Krimis, bei dem vor allem die problematische Beziehung des jungen Ehepaars zum Tragen kommt.
Die Italienierin Lisa (Sophia Loren) hat eigentlich schon sehr schnell nach der Hochzeit mit Robert (Anthony Perkins) gemerkt, dass sie den falschen Mann genommen hat. Der amerikanische Ehemann mit dem bubenhaften Charme ist immer noch ein kleiner Junge, der wenig Verantwortung übernehmen kann und stattdessen mit aggressiver Eifersucht die junge Liebe zu zerstören weiß. Immerhin kann er durch seine einnehmende Art die frustierte Gattin etwas besänftigen. Aber eigentlich geht die lebenslustige Lisa lieber mit Freundin Barbara (Yolande Turner) auf Partys und macht die Nachtclubs von Paris unsicher. Sie fasst den Enschluss sich von Robert zu trennen, da stürzt seine Maschine nach Marocco ab. Die Zeitungen berichten, dass keiner der Passagiere den Crash überlebt haben. Er wird für tot erklärt, taucht aber nach einigen Tagen heimlich in der gemeinsamen Wohnung wieder auf. Er hat nur kleinere Verletzungen und hat den Plan gefasst eine riesige Lebensversicherungsprämie zu kassieren, die er kurz vor dem Flug abgeschlossen hat, zu kassieren und zu verschwinden. Lisa soll ihm dabei helfen, als Lohn würde er sie freigeben. Sie soll also weiterhin so tun, als sei er tot und die Formalitäten für die Auszahlung erledigen. Im Gegenzug dafür, dass sie ihm die ganze Summe aushändigt, verspricht er ihr, die Freiheit. Doch so schnell kommt das Paar nicht an das Geld. Und Robert muss sich in der Wohnung verstecken, wo ständig das Telefon klingelt, öfters die Concierge auftaucht, wilde Partys durch Lisas freunde stattfinden und zudem ein kleiner Junge (Tommy Norden) aus der Nachbarschaft am Fenster Beobachtungen anstellt. Dann lernt Lisa auch noch einen aufdringlichen Verehrer (Gig Young) kennen, der ihr nachstellt. Daher wird der Betrug von Tag zu Tag schwieriger....

 Dramaturgisch wird der Thriller durch eine nervenaufpeitschende Musik von Mikis Theodorakis begleitet, die gut zum Szenario passt und den dramatischen Part der Geschichte unterstreicht. Die Logik bleibt zwar etwas auf der Strecke, aber durch das gute Darstellerduo Loren und Perkins bleibt der Film bis zum Schluß interessant und hält sich auch bis zum Finale immer ein paar Geheimnisse offen. Natürlich geht es nicht gut, wenn der Ehemann einen diabolischen Plan fasst, bei dem am Ende die malträtierte Ehefrau keinen einzigen Vorteil mehr zu haben scheint.


Bewertung: 7 von 10 Punkten.

Alphaville


















Regie: Jean Luc Godard

Liebe und Gewissen verboten...

 In einer nahen Zukunft, nach 1965, trifft Geheimagent Lemmy Caution (Eddie Constantine) mit seinem Ford Galaxie in Alphaville ein. Er hat den Auftrag erhalten den verschollenen Professor von Braun (Howard Vernon) zu finden und ihn vielleicht sogar zu töten. Der Agent tarnt sich als Journalist und taucht ein in diese geheimnisvolle Stadt auf einem anderen Planeten, wo Gefühle und der Ausdruck von Kreativität unter Strafe gestellt sind. Er mietet sich ein Zimmer im Hotel, wo er von den kalten, gefühllosen Vermittlerinnen empfangen wird, die ihm Sex schnellen Sex im Hotelzimmer anbieten. In Alphaville selbst finden derzeit die berühmten Festspiele statt, aber dafür hat Lemmy keine Zeit. er sucht zuerst nach seinem verschwundenen Kollegen, dem Agenten Henri Dickson (Akim Tamiroff) um so besser an von Braun zu kommen, dem Erfinden und Schöpfer des mächtighen Computers Alpha 60. Mit einer krächzenden Stimme gibt dieser Supercomputer den Ton an und erklärt aufrichtige Gefühle zum Kapitalverbrechen. In einem Schwimmbadl findet ein erschreckendes Ereignis statt. Dort wird Lemmy Caution Zeuge einer Hinrichtung von Systemfeinden, die oberen Bosse von Alphaville applaudieren nach jeder Erschießung. Die Frage wessen sich diese vielen Menschen schuldig gemacht haben, wird damit erklärt, dass dieVerurteilten Gefühle zeigten. So weinte einer der Männer bei der Beerdigung seiner Frau, was schließlich zur Todesstrafe führte. Die Angeklagten werden mit gefesselten Armen und Beinen in eine Reihe gestellt und mit Maschinenpistolen erschossen. Nach jeder Erschießung werden die Leichen von jungen,hübschen Schwimmerinnen aus dem Wasser gezogen, die daraufhin ein kleines Wasserballet mit Akrobatik aufführen. Im Zuge der Nachforschungen, die immer gefährlicher für den Agenten werden, trifft er auch auf Natascha von Braun (Anna Karina), die schöne Tochter des wahnsinnigen Professors, in dier er sich schließlich auch verliebt. Un die Liebe, die irgendwann auf Gegenseitigkeit beruht, könnte schließlich auch der Schlüssel sein, dass die Flucht aus Alphaville und seiner faschistischen Unterdrückung von Gefühl, Hoffnung und Poesie gelingen könnte...


"Alphaville" ist auch bekannt unter dem deutschen Verleihtitel "Lemmy Caution gegen Alpha 60". Die Figur des Lemmy Caution ist ähnlich wie Jerry Cotton ein erdachter FBI Agent, der zunächst in einer Romanreihe und auch anschliessend in einer Reihe von Kinofilmen erfolgreich war. Sein Autor heißt Peter Cheyney und seine Romane wurden nach dem 2. Weltkrieg in ganz Frankreich gerne gelesen und schließlich entdeckte der französische Filme die Figur für eine ganze Reihe von Filmen, die allesamt sehr populär wurden. Es entstanden Filme wie "Zum Nachtisch blaue Bohnen", die auch in Deutschland erfolgreich im Kino liefen und Eddie Constantine zum Big Star machten. Jean Luc Godards Film ist natürlich von der Machart her ein krasser Gegensatz zu den anderen Lemmy Filmen, daher besiegelte der verstörenden Science Fiction Film auch das Karriereende von Constantine - man nahm es dem Schauspieler übel die Film-Manege als strahlender Held und Sieger verlassen zu haben und stattdessen als ein müder, gealterter und depressiv wirkender Mann aufzrtreten, der in einem Trenchoat gehüllt, ausgesetzt und verloren in einer Zukunftswelt nach einem Ausweg suchen muss. Der Film ist sehr eigenwillig und auch etwas sonderbar. Lange Monologe des Supercomputers verstärken die feindliche Umgebung, die in Alphaville herrscht - wobei die Kulisse des in schwarz weiß gedrehten Kultfilms mit voller Absicht unzweifelhaft das Paris des Jahres 1965 darstellt. So geht es Godard vermehrt auch um die Gegenwart, er bringt in seinem Film Bezüge zu zeitgenössischen Ereignissen unter und streut auch politische Themen seiner Zeit mit in den Film. Godard gelingt es sehr gut eine gewisse Entmenschlichung durch eine modernistische Architektur zu zeigen - vor allem warnt der Film aber eindringlich vor den Gefahren der Zensur. Ein Thema gestern so aktuell wie heute und morgen. Optisch ist der Science Fiction Film ganz Nouvelle Vague, in seinen Bildern und Settings entdeckt er die Keime einer totalitären Zukunft. Jean-Luc Godard verbindet hier auf faszinierende Weise Science Fiction, Film Noir, schwarze Komödie, Gesellschaftskritik und Detektivkrimi zu einem teils amüsanten, teils sehr ernsten bis sehr sonderbaren und gelegentlich auch sperrigen Mix, der beim ersten Anschauen kaum zu greifen ist.


Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Dienstag, 13. Januar 2015

Fahrstuhl zum Schafott


Regie: Louis Malle

Der verhängnisvolle Fehler im Plan...

"Fahrstuhl zum Schafott" ist der legendäre Erstling von Louis Malle und für mich ein lupenreiner Film Noir. Das Motiv der Femme Fatale, die mit ihrem verbrecherischen Liebhaber den Ehemann um die Ecke bringen will, verweist auf den Klassiker "Frau ohne Gewissen" von Billy Wilder oder auf "Ossessione" von Luchino Visconti. Dabei wird der Zuschauer von Anfang an zum Voyeur, denn er wird Zeuge bei der Planung und Durchführung eines ruchlosen Verbrechens. Am Ende ist es wieder einmal ein kleines, fast übersehbares Detail oder ein kleiner Fehler, der den perfekten Masterplan zum Scheitern bringt.
Der einstige Fremdenlegionär Julien Tavernier (Maurice Ronet) und die mit dem schwerreichen Unternehmer Simon Carala (Jean Wall) verheiratete Florence (Jeanne Moreau) sind heimlich ein Paar. Um ganz frei zu sein, haben sie den Plan entwickelt den lästigen Gatten zu beseitigen. Alles soll wie ein Unfall aussehen.
Tavernier tötet den unliebsamen Ehemann in seinem Büro mit dessen eigener Pistole und tarnt den Mord als Suizid. Als er auf der Straße bereits sein Cabriolet gestartet hat,  bemerkt er, dass er etwas wichtiges vergessen hat. Das Seil, mit dem er zum Stockwerk seines Chefs gelangte, hängt noch verräterisch am Geländer der Hausfassade. Er eilt nochmals zurück. Auf dem Weg nach oben bleibt er jedoch im Fahrstuhl stecken, weil für die Nacht der Strom abgestellt wird. So ein Pech...während er mühevoll versucht, sich zu befreien, sucht ihn die wartende Florence in den Straßen von Paris, nachdem sie sein Auto hat vorbei fahren sehen. Dies wurde nämlich von Louis (Georges Poulouly), dem jungen Gangsterfreund des Blumenmädchens Verönique (Yori Bertin) einfach "ausgeliehen". Die beiden Liebenden machen eine Spritztour mit dem geklauten Wagen. Auf der Autofahrt machen sie ein Wettrennen mit dem Deutschen Horst Bencker (Ivan Petrovich) und Frau (Elsa Andersen),  der einen Mercedes 300 SL fährt. In einem Motel steigen beiden Paare ab, auch dort kommt es zu einem folgenreichen Zwischenfall...


 "Fahrstuhl zum Schafott" ist ein Vorläufer der Nouvelle Vague. Er machte Jeanne Moreau zum Star und brachte dem jungen Louis Malle den Durchbruch als Regisseur. Die Verbindung zu den USA und zur schwarzen Serie bleibt stets gewahrt. Vor allem Miles Davis mit seinem prägenden Soundtrack setzte atmosphärische Akzente und so erlebt der Zuschauer die Metropole als kalten, aber pulsierenden Ort. Erwähenswert auch die Kameraarbeit von Henri Decae, der dem Film einen unvergleichlichen, sehr individuellen Stil verpasst. In einer Nebenrolle als Kommissar ist sogar Lino Ventura zu sehen. Die Story, die in genau kalkulierten Bildern abläuft, ist extrem doppelbödig und sehr oft wird der Zuschauer zum Komplizen der agierenden Paare. Da wäre einmal das Mörderpaar, bei denen der Mann plötzlich am Ende in die Zwickmühle gerät zwei Morde gleichzeitig verübt zu haben. Eine Entlastung in dem einen Fall wäre dann aber gleichzeitig die ultimative Belastung im zweiten Fall. Darüberhinaus sind auch die beiden Jugendlichen gut für die Geschichte. Sie erleben durch den Diebstahl ihren eigenen Handlungstrang, der sich am Ende mit dem anderen verbindet und beide Paare werden von Louis Malle perfekt schicksalshaft miteinander verbunden. Ein toller Film, der gerade durch die unaufdringliche Machart eine besondere Stimmung entfaltet.



Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Kleines Herz in Not






Regie: Carol Reed

Der Butler und der Junge...

"Kleines Herz in Not" ist ein 1948 gedrehter Krimi mit Film Noir Anteilen von Carol Reed. Der englische Meisterregisseur drehte diesen Film zwischen seinen beiden großen Meisterwerken "Ausgestoßen" und "Der dritte Mann". Man sollte sich auch nicht von dem etwas komischen deutschen Titel irritieren lassen, denn auch in "The Fallen Idol" (so der Originaltitel) zeigt sich Carol Reed als extremer Meister der Bildsprache, der vom Expressionismus der zwanziger Jahre so deutlich beeinflusst wurde wie sein amerikanischer Kollege Orson Welles.
Schauplatz ist die französische Botschaft in London. Der französische Botschafter (Gerard Heinz) ist ein vielbeschäftigter Mann. Vor allem muse er oft verreisen. So ist der kleine Philippe (Bobby Henrey) oft allein, denn auch die Mutter war lange Zeit schwer krank und musste sich in einem Krankenhaus im Ausland erholen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der Junge vor allem immer mehr einen freundschaftlichen Bezug zum Butler der Botschaft aufgebaut hat. Tatsächlich kümmert sich Mr. Baines (Ralph Richardson) auch rührend um den kleinen Jungen, der gerne mit seiner Schlange Maggie spielt, die der Kleine in einem Mauerspalt seines Balkons versteckt hat. Denn Mrs. Baines (Sonia Dresdel), die verbohrte böse Gattin des Butlers, duldet keine Tiere in ihrem Reich. Zwischen Erziehung und Schikane muss der Junge vieles erdulden. Er bemerkt auch, dass Mr. und Mrs. Baines oft streiten. Tatsächlich ist es mit der Ehe schlecht bestellt.
Als er durchs Fenster sieht, wie Baines zu einem Spaziergang in Richtung Park aufbricht, entwischt er über die Feuerleiter und folgt ihm. Doch in dem Pub, den Baines gewöhnlich ansteuert, ist er nicht anzutreffen und auch sonst findet er seinen erwachsenen Freund nirgends. Erst nach langem Suchen wird er auf dem Rückweg fündig, denn am Tisch eines kleinen Cafés sitzt Baines mit der jungen Julie (Michèle Morgan), einer aus Frankreich stammenden Angestellten der Botschaft. Die beiden sind nicht gerade erfreut, als der Junge auftaucht und Baines gibt die Frau als seine Nichte aus. Als die Frau von Baines überraschend verreisen muss, taucht Julie auch in der Botschaft auf. Baines nutzte die Gelegenheit und möchte dass seine Geliebte bei ihm übernachtet. So sind an diesem Wochenende nur das Liebespaar und der kleine Junge in der Botschaft. Doch leider sind sie nicht lange zu Dritt...


 und diese Konstellation führt zu einem Unglück, dass im Laufe der Handlung und vor allem durch die Ermittlungen von Scotland Yard in einem Mordfall ausarten könnte. Schuld daran hat dabei der Kleine Junge, der mit seinem Aussagen zwar seinen Freund schützen will, ihn aber ohne zu wollen zu einem verdächtigten Mörder werden lässt. Dabei spielt Ralph Richardson den Butler hervorragend, weil es ihm gelingt die Figur großartig mit Leben zu füllen. Seine Figur ist einerseits herzensgut nd andererseits aber auch sehr willensschwach, labil bis feige. Der Film bleibt bis zum Schluß interessant und spannend - am Ende gibts dann noch einen Schluß mit einer guten Portion schwarzem Humor und man ist froh, dass Scotland Yard zu diesem zeitpunkt schon die Nase voll hat von dem kleinen Jungen und seinen Aussagen. Ein tolles Ende zum Schmunzeln und ein super Klassiker von Carol Reed.



 Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Der unbekannte Geliebte

























Regie: Vincente Minelly

Zwei Brüder...

Vincente Minellys erfolgreichste Filme waren "Ein Amerikaner in Paris", "Gigi", "Stadt der Illusionen" oder "Vater der Braut". Sein vielleicht bester Film dürfte das 1958 realisierte Verliererepos "Verdammt sind sie alle" sein. Im Krimigenre war er nur selten tätig. Obwohl sein 1946 gedrehter Film "Der unbekannte Geliebte" (Original: Undercurrent), ein Mischung aus Film Noir, Psychothriller und Melodram äusserst erfolgreich im Kino lief. Der Film ist aber weitestgehend in Vergessenheit geraten - trotz seiner attraktiven Stars Katherine Hepburn, Robert Taylor und Robert Mitchum am Anfang seiner Karriere. Kritiker warfen dem Kassenerfolg vor, dass er in jeder Rolle eigentlich fehlbesetzt wäre. Ich komme da zu einem anderen Urteil, denn über weite Teile ist der Film sehr spannend und bietet mit dieser fatalen Dreierkonstellation eine sehr interessante Geschichte.
Der Chemiprofessor Dink Hamilton (Edmund Gwenn) hat eine Erfindung gemacht, an der der schwerreiche Industrielle Alan Garroway (Robert Taylor) starkes Interesse hat. Der Fabrikant will die Erfindung kaufen und reist zu diesem Zweck zu Hamilton. Der lebt gemeinsam mit seiner erwachsenen Tochter Ann (Katherine Hepburn) auf dem Land. Die Haushälterin (Marjorie Main) hatte schon Befürchtungen, dass Ann einmal als alte Jungfer endet, denn sie liess bis jetzt jeden Verehrer eiskalt abblitzen. Doch bei dem weltgewandten und attraktiven Gentleman Garroway springt der Funke der Liebe über und da die Gefühle auf Gegenseitigkeit beruhen, wird schnell geheiratet. Damit verbunden ist ein Umzug nach Washington. Ann lernt die Bekannten ihres neuen Gatten kennen und hat Mühe sich mit ihrer einfachen Art den Gepflogenheiten der High Society anzupassen. Flitterwochen sind perfekt und auch die erste Zeit ist extrem harmonisch. Sie erfährt aber, dass Alan noch einen Bruder namens Michael (Robert Mitchum) hat, der seit einiger Zeit verschwunden ist. Die beiden Brüder haben sich vor einigen Jahren so extrem zerstritten, dass jeder Kontakt abbrach. Alan behauptet, dass Michael durch diverse Unterschlagungen die Firma beinahe in den Ruin gestürzt hätte. Da Ann bald bemerkt, dass sie mehr Licht ins Dunkel dieser Geschichte bringen muss, stellt sie einige Nachforschungen an. Von ihrem Mann erfährt sie nichts, er vermeidet dieses Thema in besten Falle. Manchmal scheint er eine riesige Aggression aufzubauen, wenn er nur den Namen seines Bruders hört. Anns Misstrauen wächst. Als Alan Garroway Anns Nachforschungen bemerkt, zeigt er sich gegenüber Ann von einer anderen Seite…


 Dabei bezieht der Film einen Großteil seiner Stärke aus der Bruderkonstellation, bei dem der Zuschauer auch erstmal im Dunkel tappt und nur langsam nimmt die Figur von Alan und auch von Michael Gestalt an. Minelly hat die Figuren der Brüder aber so angelegt, dass sie ambivalent bis zum Schluß bleiben und erst der dramatische Showdown bei einem Ausritt zeigt das ganze Ausmaß der bösen Anteile von der  Persönlichkeit Alans zum Tragen. Dabei bleibt er dennoch bis zum Schluß ein Liebender, was zunehmend tragisch gedeutet werden kann. Möglicherweise wäre eine etwas sensiblere Darstellerin besser gewesen in der Rolle der Ann - aber ich finde die burschikose Katherine Hepburn macht ihre Sache in ihrem einzigen Film Noir gut. Robert Taylor ist aber großartig als Ehemann mit zwei Gesichtern. Wer "Rebecca" oder "Das Haus der Lady Alquist" gut findet, der kann sich hier auf einen eher unbekannten verwandten Film freuen. 

Bewertung: 9 von 10 Punkten.