Regie: Sergej Eisenstein
Kampf gegen den deutschen Ritterorden...
Zweifelsfrei ist Sergej Eisensteins 1938 gedrehter "Alexander Newski" nicht nur ein Historiendrama, sondern vor allem ein Agitationsfilm. Der Film schildert den versuchten Einmarsch des deutschen Ritterordens im 13. Jahrhundert in der Stadt Nowgorod und dessen Niederlage gegen den Fürsten Alexander, allgemein bekannt als Alexander Nweski, der von 1220 bis 1263 lebte. Die deutschen Ritter machen den Russen Angst, denn sie haben bereits einiges an russischem Land erobert. Dabei gehen sie mit Unterdrückung und graumsamen Terror vor. Die verzweifelte Bevölkerung möchte sich dem Feind entgegenstellen. Doch sie brauchen einen charismatischen und fähigen Führer. So kommt Alexander Newski (Nikolai Tscherkassow) ins Gespräch, der bereits einen Sieg gegen die Schweden zu verzeichnen hat. Eine Armee des Deutschen Ordens dringt mit Hilfe des Verräters Twerdilos (Sergej Blinnikov) in die Stadt Pskow ein, erobert sie und massakriert ihre Bevölkerung. Nowgorod ist ihr nächstes Ziel. Trotz des Widerstands der Bojaren und Kaufleute von Nowgorod (angefeuert vom Mönch Ananias (Ivan Lagutin), Twerdilos Gefolgsmann), wird Alexander Jaroslawitsch Newski gebeten, erneut ihr Fürst zu werden und Nowgorod zu verteidigen. Zu diesem Zweck mobilisiert er die Bevölkerung der Region Nowgorod. In der entscheidenden Eisschlacht auf dem zugefrorenen Tschudskoje-See werden die Truppen des Deutschen Ordens besiegt. Pskow wird zurückerobert, und dort fällt Newski das Urteil: Die überlebenden Fußsoldaten des Deutschen Ordens werden freigelassen, während die überlebenden Ritter des Deutschen Ordens gegen Lösegeld festgehalten werden. Der Verräter Twerdilo und ein katholischer Priester, der die Verbrennung der Pskower Kinder bei lebendigem Leib segnete, werden unter dem Druck der Zuschauer hingerichtet. Eine Nebenhandlung dreht sich um die Rivalität und Freundschaft zwischen Wassili Buslai (Nikolay Okhlopkov) und Gawrilo Oleksitsch (Andrej Abrikosov), zwei berühmten (und historischen) Kriegern Nowgorods. Beide werden Kommandeure der Nowgoroder Streitkräfte und liefern sich einen Wettstreit in Mut und Kampfgeschick, um die Hand von Olga Danilowna (Valentina Ivashova) zu gewinnen, einer Nowgoroder Jungfrau, um die beide buhlen. Zur gleichen Zeit schließt sich Wassilissa (Alexandra Danilova), die Tochter eines von den Deutschen getöteten Pskower Bojaren, den Nowgoroder Streitkräften als Soldatin an. Sie und Wassili kämpfen Seite an Seite; sie wirft ihm eine Waffe zu, als er umzingelt und waffenlos ist, und sie ist es, die Ananias findet und tötet. Gawrilo und Wassili werden schwer verwundet und von Olga gefunden, die sie vom Schlachtfeld rettet. Obwohl sie einander den Vortritt lassen, erklärt Wassili schließlich öffentlich, dass keiner von beiden im Kampf der Tapferste war: Diese Ehre gebührt Wassilissa, gefolgt von Gawrilo. So sind Gawrilo und Olga vereint, während Wassili Wassilissa (mit ihrer stillschweigenden Zustimmung) zu seiner zukünftigen Braut erwählt...
Die Fertigstellung des Films dauerte mehrere jahre, auch in der Zeit angespannter Beziehungen zwischen der Sowjetunion und dem deutschen Reich unter Adolf Hilter. Der Film enthält daher allegorische Elemente, die die politische Situation zwischen den beiden Ländern zum Zeitpunkt der Produktion widerspiegeln. Einige Helmtypen der teutonischen Infanterie ähneln Nachbildungen von Stahlhelmen aus dem Ersten Weltkrieg. Im ersten Entwurf des Alexander-Newski-Drehbuchs waren sogar Hakenkreuze auf den Helmen der Invasoren zu sehen. Der Film porträtiert Alexander als Volkshelden und zeigt, wie er einen Kampf gegen die Mongolen, seine alten Feinde, auslässt, um sich dem gefährlicheren Feind zu stellen. Der Film vermittelt zudem stark antiklerikale und antikatholische Botschaften. Die Bischofsmitra der Ritter ist mit Hakenkreuzen geschmückt, während Religion auf russischer Seite eine untergeordnete Rolle spielt. Sie ist hauptsächlich als Kulisse in Form der Nowgoroder St.-Nikolaus-Kathedrale und der Geistlichen mit ihren Ikonen beim siegreichen Einzug Newskis in die Stadt nach der Schlacht präsent.Der Film kam im Dezember 1938 in die Kinos und wurde ein großer Publikumserfolg: Am 15. April 1939 berichtete Semen Dukelsky, der Vorsitzende des Staatlichen Komitees für Kinematographie, dass er bereits von 23 Millionen Menschen gesehen worden sei und der beliebteste Film der jüngeren Zeit sei. Nach der Unterzeichnung des Molotow-Ribbentrop-Pakts durch die UdSSR am 23. August 1939, der Nichtangriff und Kollusion zwischen Deutschland und der Sowjetunion vorsah, wurde Alexander Newski aus dem Verkehr gezogen. Am 22. Juni 1941, nach dem Einmarsch der Achsenmächte in die Sowjetunion, kehrte die Situation jedoch dramatisch um, und der Film kehrte rasch auf die sowjetischen und westlichen Leinwände zurück. Alexander Newski ist in seiner Erzählstruktur weniger experimentell als Eisensteins frühere Filme; er erzählt eine Geschichte mit einem einzigen Erzählbogen und konzentriert sich auf eine Hauptfigur. Die Spezialeffekte und die Kameraführung gehörten zu den fortschrittlichsten ihrer Zeit.Der Höhepunkt des Films ist die halbstündige Schlacht auf dem Eis, die von Prokofjews ominöser, mitreißender und triumphaler musikalischer Erzählung vorangetrieben wird – eine Sequenz, die seitdem als Vorbild für epische Filmschlachten diente. Denoch ist "Alexander Newski" weit mehr als nur ein Propagandafilm. Das nationale Pathos wirkt sehr lebendig. Ein faszinierendes Werk, dass den Zuschauer in eine längst vergangene Epoche eintauchen lässt.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.