Sonntag, 26. Januar 2020

Die Hörige



















Regie: Alf Sjöberg

Caligula...

Anfang der 40er Jahre bekam Ingmar Bergman eine Anstellung als Drehbuchautor bei der Svensk Filmindustri, die Gefallen an den Theaterstücken des jungen Autors fanden. Das erste Bergman Drehbuch, dass verfilmt wurde hatte den Titel "Die Hörige" und wurde inszeniert von Alf Sjöberg. Man sagt, dass Bergman selbst auch die letzten Szenen des Films drehte, da Sjöberg bereits mit anderen Projekten beschäftigt war. Sicher ist jedenfalls, dass "Die Hörige" autobiographische Züge des Autors enthält. Ingmar Bergman wurde als mittleres von drei Kinders eines lutherischen Pastors geboren, der ein strenges religiöses Regiment führte. Ungehorsam wurde mit dem Rohrstock gezüchtigt oder mit dem Einsperren in eine Garderobe bestraft. Diese konfliktreichen Ereignisse verabeitete er immer wieder in seinen Filmen, so auch in "Die Hörige", indem er einen mehr als authoritären Lehrer mit sadistischen Zügen beschreibt. 
Aufgrund der Enstehungszeit - der Film wurde 1944 gedreht - und des Aussehens dieses Lateinlehrers, der von seinen gepeinigten Schülern den Spitznamen "Caligula" bekommen hat, sahen einige Kritiker einen politischen Bezug zu den Mächtigen im Nazideutschland gegeben. "Caligula" erinnerte optisch etwas an den SS Chef Heinrich Himmler.
Dieser "Caligula" (Stig Järrel) regiert sein Klassenzimmer an einer Stockholmer Schule mit eiserner Härte und er ist bei seinen Schülern aus der Oberprima als despotischer Sadist verschrieen. Manche Schüler haben echte Angst, wenn Caligula in seinem Klassenzimmer machtvoll und brutal den Herrscher gibt. Mit dem fleißigen Jan-Erik Widgren (Alf Kjellin) geht er besonders hart um. Beim Abhören wird der Junge von Caligula fälschlicherweise beschuldigt einen Spickzettel benutzt zu haben. Das führt zu einem Verweis, von dem auch die Eltern (Olav Riego/Marta Arbin) erfahren. Wobei der Lateinlehrer selbst bei seinen Kollegen nicht besonders beliebt ist. Dies weiß auch der Prinzipal (Olof Winnerstrand). Der beliebte Klassenlehrer (Gösta Cederlund) versucht den Kollegen in seiner Strenge etwas zu bremsen. Doch der Menschenfeind weigert sich und redet sich damit heraus, dass er vor kurzem längere Zeit schwer krank war. Die Schüler (u.a. Stig Olin, Jan Molander) stehen in dieser Zeit sowieso unter schwersten Druck, denn die Klausuren für das Abitur beginnen. Eines Nachts kehrt Jan-Erik nach Hause zurück und trifft auf eine junge Frau (Mai Zetterling), die auf der Straße weint. Er erkennt das Mädchen - es ist Berta, die hübsche Verkäuferin im Tabakladen in der Nähe der Schule. Er begleitet sie nach Hause und obwohl der Junge ahnt, dass Berta schon Männerbekanntschaften hatte, kommt es zu Zärtlichkeiten und der Junge verliebt sich in das Mädchen. Sie lebt alleine in ihrer kleinen Wohnung mit einem Kätzchen namens Pele und trinkt immer wieder viel Alkohol. Ausserdem fürchtet sich das Mädchen vor einem älteren Mann, der ihr nachstellt und sie bedrängt. Sie möchte Jan-Erik aber keinesfalls sagen, wer dieser unbekannte Mann mit sadistischen Zügen ist...




Handelt es sich dabei vielleicht sogar um den unbeliebten Caligula ? Diese Frage beschäftigt den Zuschauer eine ganze Weile, doch das Drehbuch gibt den Mann mit den Machtgelüsten nicht gleich preis. So bleibt eine große Spannung in der Geschichte gewahrt. "Die Hörige" gibt natürlich Auskunft in das sehr strenge Schulsystem - eines dass man sich heute kaum mehr vorstellen kann. Und es gibt aber Figuren in dieser Geschichte, die die Unterdrückung der Schwachen (in der Geschichte sind das die Schüler) durch einen Despoten durchaus bekämpfen wollen. So schaltet sich der Klassenlehrer ein um eine Umkehr bei seinem Kollegen zu bewirken. Er weist ihn darauf hin, dass keine Feindschaft zwischen Lehrer und Schüler herrschen darf. "Die Hörige" ist ein mutiger Film über Machtmissbrauch und ist optisch im Einfluss des deutschen Expressionismus gestaltet, was zu großartigen Bildern führt. Er stellt auch die Pathologie eines Menschen dar, der Angst erzeugt, weil er selbst von seiner eigenen Angst beherrscht wird. Die Schauspieler Alf Kjellin, Mai Zetterling und Stig Jarrel sind sehr überzeugend. 




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Samstag, 25. Januar 2020

Die Hölle ist in mir

























Regie: Robert Wise

Eine Handvoll Dreck...

In den 50er Jahren hatten Geschichten über jugendliche Rebellen in Hollywood Hochkonjunktur. Marlon Brando brillierte in "Die Faust im Nacken" und James Dean wurde mit "Jenseits von Eden" und "...denn sie wissen nicht, was sie tun" zum großen Teenageridol. In diese Sparte gehört für mich auch Robert Wises "Die Hölle ist in mir", der im Original "Somebody up there likes me" heißt und in Deutschland auch unter dem Namen "Eine Handvoll Dreck" bekannt ist.
Darin spielt der junge Paul Newman sehr überzeugend die US-Boxlegende im Mittelschwergewicht: Rocky Graziano und mit dieser Rolle gelang dem sportlichen Schauspieler mit dem markanten blauen Augen der Durchbruch als Kinostar. "Somebody up there likes me" wurde mit insgesamt 2 Oscars ausgezeichnet. Davon ging einer an den versierten Kameramann Joseph Ruttenberg und der andere an Cedric Gibbons und seine Crew, die für das Beste Szenenbild ausgezeichnet wurden.
Wer genau aufpasst wird auch einige andere spätere Hollywoodstars in ihren ersten Rollen bemerken. Steve McQueen spielt den jugendlichen Kriminellen Fidel und Robert Loggia verkörpert den Gangster Franke Peppo, der den Boxer Rocky in einen großen Konflikt stürzt.
Rocky Graziano (als Kind: Terry Rangno/ später Paul Newman) hat eine schwere Kindheit, denn er wird von seinem verbitterten Vater Nick (Harold J. Stone) geschlagen. Nick wollte Boxer werden, hat aber für seine Frau (Eileen Heckard) seine Leidenschaft aufgegeben. Er ist aber mit diesem Verzicht nie klar gekommen und lässt dies bei jeder Gelegenheit an seinem Jungen aus. Immerhin lernt er dem Jungen Boxen, doch das hält den jungen Rocky nicht davon ab, einer Straßenbande beizutreten (u.a. Steve McQueen, Sal Mineo) und diverse Delikte zu begehen. Er kommt in die Besserungsanstalt, ins Gefängis, danach in die Armee - doch nichts hilft ihm auf den rechten Weg zu gelangen. Er flüchtet aus der Armee, nachdem er einen Vorgesetzten k.o. geschlagen hat und taucht in New York unter. Ohne Geld nimmt er den Job als Sparringspartner in einem Boxclub an. Dort erkennt der Trainer Erwin Cohen (Everett Sloane) das Talent von Rocky als Boxer und auch seinen unbändigen Hass, der ihm im Ring hilfreich sein könnte. In dieser Zeit verliebt sich der junge Fighter in die hübsche Norma (Pier Angeli). Doch die Vergangenheit holt Rocky ein. Er wird verhaftet und vor ein Militärgericht gestellt. 1 Jahr Gefängnis und unehrenhafte Entlassung aus der Armee. Nach der Beendigung der Haft soll alles besser werden. Doch immer wieder wird Rocky von seiner Vergangenheit eingeholt...




Am Ende steht aber der Weltmeistertitel im Mittelgewicht gegen den haushohen Favoriten Johnny Zale (Court Shepard) und ein triumphaler Einzug in den Straßen von New York. Die Botschaft von Robert Wises Film heißt auch "Egal woher du kommst und was du getan hast, du bist immer deines Glückes Schmied".




Bewertung: 8 von 10 Punkten. 


Der Weg nach oben



















Regie: Jack Clayton

Der Aufsteiger...

"Der Weg nach oben" (Originaltitel: Room at the Top) entstand 1959 unter der Regie von Jack Clayton. Es war einer der ersten britischen Filme, der Themen wie Sex und Erotik sehr direkt und realistisch ansprach und war dementsprechend seiner Zeit weit voraus. Dass diese progressive Ausrichtung nicht aus Hollywood kam war klar, da der Hays Code erst im Jahre 1967 abgeschafft wurde. So konnte vor allem das europäische Kino in dieser Zeit viel moderner auftreten - Nouvelle Vague, Free Cinema oder der neue deutsche Film kündigten eine neue Zeit im Kino an. Der Film entstand nach dem gleichnamigen Roman von John Braine und schildert das Leben in einer englischen Provinzstadt, Ende der 40er Jahre. Es gibt immer noch Klassendenken und viele Bürger sind prüde und haben sehr hohe Moralvorstellungen. Die Geschichte spielt im West Riding of Yorkshire. Joe Lampton (Laurence Harvey) ist ein junger, aufstrebener und attraktiver Mann mit großem Ehrgeiz. Er stammt aus der Fabrikstadt Dufton und ist nach Warnley umgezogen. Dort hat er einen sicheren, aber eher mager bezahlten Posten auf dem Finanzamt des Bezirks bekommen. Kollege Soames (Donald Houston) hat vom Chef die Order bekommen ihn einzuarbeiten. Die beiden freunden sich rasch an und wird auch in dessen Freundeskreis eingeführt. Joe hat vor ganz nach oben zu kommen, daher baggert er die hübsche Susan (Heather Sears) noch heftiger an. Denn das Mädchen ist die Tochter des ortsansässigen Großindustriellen Brown (Donald Wolfit)  und bereits standesgemäß mit dem arroganten Teddy (Richard Pasco) liiert. Eine Verbindung, die auch Susans Mutter (Ambrosine Phillpotts) gut gefällt. Weniger glücklich sind die Eltern mit den Annäherungsversuchen des jungen Finanzbeamten. Joe ist aber kein Kind von Traurigkeit und während er immer wieder heftig mit Susan flirtet, beginnt er eine sexuelle Affäre mit der 10 Jahre älteren Französin Alice Aisgill (Simone Signoret), die er in der örtlichen Theatergruppe kennengelernt hat. Alice ist unglücklich mit dem Schürzenjäger George (Allan Cuthbertson) verheiratet. Bald verbindet Joe und Alice mehr als nur die Lust, sie empfinden Liebe füreinander. Dies alles geschieht zu einer Zeit als die reichen Browns ihre Tochter ins Ausland schickten, da sie in dem Emporkömmling Joe eine echte Gefahr sehen. Als Susan zurück kommt, trifft sie sich mit Joe und verliert ihre Unschuld in einem Heuschober. Für Joe nur noch ein Abenteuer, denn er hat vor Alice zu heiraten. Doch die Liebe im Heu hat Folgen...





Simone Signoret ist tatsächlich der Star dieses dramatischen Films, der auch durch sehr guten Lokalkolorit begeistert. Die Französin erhielt für ihre Rolle als Alice den Oscar bei der 32. Verleihung der Academy Awards, obwohl die Konkurrenz mit Audrey Hepburn (Geschichte einer Nonne), Katharine Hepburn und Liz Taylor (beide für Plötzlich im letzten Sommer) und Doris Day (Bettgeflüster) sehr stark war. Eine weitere Auszeichnung gab es für das beste adaptierte Drehbuch. Weitere Nominierungen für Hauptdarsteller Laurence Harvey, Nebendarstellerin Hermione Baddeley (obwohl nur 2 Minuten und 19 Sekunden im Film zu sehen), für Clayton als besten Regisseur und für den besten Film. Diese Oscarverleihung wurde jedoch vor allem von William Wylers Monumentalfilm "Ben Hur" dominiert, der 11 Trophäen einheimste. Ein Rekord, bei dem im Laufe der Jahre nur zwei weitere Filme(Titanic, Die Rückkehr des Königs) gleichziehen konnte. Auch wenn der Film sehr dramatisch endet, ist er nicht ohne gewisse Wirkung. Am Ende steht ein Mann da, der den Traum vom Reichtum träumte, ihn dann aus den Augen verlor, weil er plötzlich persönliches Glück empfand und am Ende ein reicher Mann wird, der allerdings das Wichtigste verloren hat. Eine bittere Analyse. Durch die authentische Schilderung der englischen Gesellschaft nach dem Krieg mit diesen immer ncoh stark vorhanden Klassenunterschieden war er einer der ersten Vertreter des British New Wave Kinos.





Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

Wenn Katelbach kommt

























Regie. Roman Polanski

Sackgasse...

Nach "Das Messer im Wasser" und "Ekel" reiht sich auch der 1966 entstandene makabre Home Invasion Film "Wenn Katelbach kommt" mühelos in die hervorragende Qualiät von Roman Polanskis frühen Werken. Kritiker und Filmhistorikder haben den Film mit dem Theater des Absurden in Verbindung gebracht, eine besondere Verwandtschaft mit dem Samuel Becketts Theaterstück "Warten auf Godot" war gegeben. Und man fühlt sich auch erinnert an "Wer Gewalt sät..." einem wesentlich düsteren Home Invasion Film von Sam Peckinpah. In beiden Filmen ist der mit Schwächen bzw. Komplexen versehene Hausherr plötzlich im eigenen Heim von Eindringlingen bedroht. Er hat Mühe ein gewünschten Männlichkeitsbild vor seiner frustierten Frau aufrechtzuerhalten. Gerard Brach und Roman Polanski schrieben das Drehbuch zum Film bereits 1963 in Paris. Dabei flossen auch autobiographische Erinnerungen von Polanski mit ins Drehbuch. Er wollte damit die unglückliche Ehe mit der polnischen Schauspielerin Barbara Kwiatkowska verarbeiten und der Arbeitstitel "When Katelbach comes" war eine Anspielung auf den Schauspieler Andre Katelbach, der in einem Kurzfilm von Polanski schon dabei war und dort keinen einzigen Dialog hatte. Diesmal war Katelbach zwar nicht zu sehen, aber nur seine Stimme während eines Telefonats ist zu hören und ansonsten warten die beiden Gangster Dickey (Lionel Stander) und Albie (Jack MacGowran), dass dieser Katelbach in ihrem Unterschlupf auf dem Lindisfarm Castle in Northumberland vorbeikommt und sie aus ihrer misslichen Lage befreit. Im Laufe der Einführung wird bald klar, dass die beiden Männer für den Chef Katelbach einen Coup erfolgreich ausführen sollten. Doch deren Auto steht verloren am Ufer und Albie scheint durch eine Kugel schwer verletzt zu sein. Dickey verlässt ihn und versucht sowohl ein Versteck zu finden als auch für den Freund Hilfe zu holen. In diesem Schloß wohnt ein seltsamer Typ namens George (Donald Pleasance) mit seiner jüngeren französischen Frau Teresa (Francois Dorleac). Die hat Dickey noch vor wenigen Minuten am Strand beim heimlichen Sex mit dem jungen Christopher (Iaian Quarrier) beobachtet, während der Ehegatte mit den Eltern des jungen Lümmels (Geoffrey Sumner/Renee Houston) und seinem fliegenden Drachen beschäftigt war. Dieses abgelegene Dominil scheint der richtige Ort zu sein, um sich für eine gewisse Zeit verbergen zu können. Bald bemerkt das Ehepaar, dass ein Einbrecher im Haus ist und ab diesem Zeitpunkt übernimmt der grobe Gangster Dickie das Zepter. Der linkische und etwas komische George hat Muffe und wird daher auch zur Zielscheibe der Provokationen seiner eigenen frustierten Gattin. Das Verhältnis der drei Menschen ändert sich aber im Laufe von wenigen Stunden. Man kommt sich irgendwie doch etwas näher und weiter wird auf Katelbach gewartet. Doch stattdessen bekommt George Besuch von einem Bekannten (Robert Dorning), dessen Frau (Marie Kean) mitsamt dem äusserst ungezogenen Jungen. (Trevor Delaney). Die bringen gleich noch ein befreundetes Paar (Jacqueline Bisset/William Franklin). Die Situation droht zu eskalieren...




Extrem überzeugende Darstellerleistungen bieten vor allem Lionel Stander als abgeklärter Ganove und Donald Pleasance als Art Clown, der ein bisschen ein Buster Keaton oder Charlie Chaplin in seiner Hilflosigkeit erinnert. Die Situation nimmt im Film immer groteskere Formen an. Zwischen dem Unterdrücker und dem Unterdrückten entsteht bald auch eine gewisse Abhängigkeit und die Liebe und Leidenschaft, die George für seine Frau empfindet, ist leider auch nur einseitig und steht ohnehin auf sehr wackligen Füßen. Im Grunde schildert der Film auch die Unfähigkeit von Menschen mit sich und der Welt, wie sie sich zeigt, überhaupt fertig zu werden. Dies der düstere Subtext in einer Geschichte, die oftmals schreiend komisch und beklemmend zugleich ist.




Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

Marokko

























Regie: Josef von Sternberg

Das Showgirl und der Legionär...

Nach dem legendären "Der blaue Engel" kam es gleich darauf zu einer erneuten Zusammenarbeit zwischen Regisseur Josef von Sternberg und der Schauspielerin Marlene Dietrich. Der große Unterschied lag darin, dass die Paramount gerufen hatte und so wurde "Marocco", der Nachfolger eines der bedeutendsten deutschen Filmwerke das grandiose Hollywood-Debüt von Marlene, die zu einem der ganz großen unsterblichen Kinostars wurde. Für ihre Rolle als Mademoiselle Amy Jolly bekam sie sogar eine Oscar-Nominierung, genau wie ihr Regisseur sowie Kameramann Lee Garmes und Ausstatter Hans Dreier. Es kam zwar bei der 4. Oscarverleihung am 10. November 1931 kein Sieg heraus, aber der Status als hervorragender Klassiker des 30er Jahre Kinos war damit gesichert. Man kann "Marocco" sogar als einen Vorläufer zu "Casablanca" ansehen, nicht nur wegen den Locations. In beiden Filmen entsteht so etwas wie eine Dreierbeziehung der Figuren, da zwei Männer in die gleiche Frau verliebt sind und in beiden Filmen treffen sich die Liebenden in einem angesagten Nachtclub.
Der Film und die neue Diva aus Deutschland wurde damals auch enorm vermarktet - eine Kabarettsängerin mit lasziven Blick, gekleidet mit wie ein Gentleman mit Frack und Zylinder gibt einer Frau im Publikum ganz überraschend einen Kuß und erhält dafür eine Rose von der Anderen. Zum Glück gab Marlene die Rose an den Fremdenlegionär ihres Herzens weiter, so wurde die damals so skandalöse Szene durchgewunken. Dass so eine Szene auch heute noch von sich reden machen kann, bewiesen die sich küssenden Popdiven Madonna und Britney Spears im Jahr 2003, als sie bei dem MTV Awards Speichelflüssigkeit austauschten. Zum Glück gab es erst ab 1934 den verschärften Hays Code, der Hollywood zur Zurückhaltung in Sachen Sexualität zwang. So war der Kuß möglich und auch die Leidenschaft ohne Grenzen, von der Marlenes Figur Amy getrieben wird. Willenlos und fast hörig - "Marocco" ist in Worten erzählt reiner Kitsch, aber die suggestiven Bilder von Josef von Sternberg präsentieren eine mitreissend große, archetypische Enthüllung von Gefühlen.
Natürlich wurde "Marocco" ein großer Kassenknüller. Das von Sternberg gezeigte malerische Marokko entstand natürlich in Südkalifornien, wirkt aber genauso wie in Michael Curtiz "Casablanca" sehr echt und authentisch.
Kameramann Lee Garmes entwickelte auf Geheiß des Regisseurs die charakteristischen Beleuchtungsmethoden, die dazu dienen sollten, Marlenes beste Gesichtszüge perfekt festzuhalten. In Marokko kehrt die französische Fremdenlegion Ende der 20er Jahre von einem Feldzug zurück. Unter ihnen ist der Legionär Tom Brown (Gary Cooper), ein Frauentyp, der von mehreren einheimischen Schönheiten angehimmelt wird. Zur gleichen Zeit ist die desillusionierte Nachtclubsängerin Amy Jolly (Marlene Dietrich) auf einem Schiff unterwegs, um in Marocco ihr Glück zu suchen. Sie ist eine dieser Passagiere, die mit einem One Way Ticket anreisen. Der wohlhabende Gentleman La Bessiere (Adolphe Menjou) versucht sie an Bord kennenzulernen, er würde sie in Marocco gerne etwas unterstützen und gibt ihr seine Visitenkarte, die sie kurze Zeit später zerreißt und ins Wasser wirft. Angekommen in Marocco wird sie zur neuen Headlinerin im Nachtclub, wo sie den Fremdenlegionär sieht. Zwischen den beiden funkt es irgendwie. Auch der reiche und einflussreiche La Bessiere ist vor Ort, er sitzt am Tisch von Tom Browns Vorgesetzten Adjudant Ceasar (Ulrich Haupt) und dessen Frau (Eve Sothern), die den Legionär ebenfalls kennt - sicherlich besser als es ihrem Mann recht wäre. Amy steckt Tom einen Schlüssel zu. So hat er die Möglichkeit sie nach der Vorstellung in ihrem Zimmer zu besuchen. Was er auch tut. Es wird geflirtet und beide verlieben sich. Sie zögern aber beide an diesem ersten Abend und auch bei den nächsten Begegnungen und so kommen sie nicht zusammen. Im Gegenteil: Er marschiert wieder mit seinen Kameraden und sie verlobt sich mit La Bessiere...



Neben der Kußszene ist auch der Schluß von "Marocco" überaus legendär. Was für ein Ende, ein Inbegriff aus großen Kinogefühlen, aus Melodramtik und Sentimentalität. Eine Gestrandete findet ihren Weg, dem sie alles andere unterordnet. Gary Cooper und Marlene Dietrich kamen nicht besonders gut beim Dreh miteinander aus, aber als Zuschauer merkt man überhaupt nichts von den Konflikten, die sie hinter der Kamera austrugen.




Bewertung: 9 von 10 Punkten.