Regie: Josef von Sternberg
Marlene im Zug...
Marlene Dietrichs erster Hollywoodfilm hieß "Marocco", den
Regisseur Josef von Sternberg 1930 einige Monate nach dem gemeinsamen
Welterfolg "Der blaue Engel" drehte. Insgesamt realisierte das Duo 7
Spielfilme, der erfolgreichste an der US-Kinokasse war zweifelsohne
"Shanghai Express" der mit einem Einspielergebnis von 3,7 Millionen
Dollar zum erfolgreichsten Blockbuster des Jahres 1932 wurde. Und
tatsächlich ist "Shanghai Express" ein echter Kultfilm geworden und
einer der besten Movies, die im Zug spielen und durchaus dem besten des
Genres wie "Mord im Orient Express" von Sidney Lumet oder "Eine Dame
verschwindet" von Alfred Hitchcock durchaus ebenbürtig.
Zur damaligen Zeit waren China und Südasien sehr beliebte Regionen
für romantischen Hollywood Abenteuerfilme oder orientalische, etwas
morbide Liebesgeachichten. So spielte Greta Garbos 1928er Film "Wilde
Orchideen" auf Bali, Olga Baclanova war ein Jahr später "A Dangerous
Woman" in Burma und das Duo Harlow und Gable verliebten sich auf einer
Plantage - irgendwo in Südostasien in "Dschungel im Sturm". Auch die
Filmdiven Carole Lombard, Joan Crawford, Hedy Lamarr oder Barbara
Stanwyk konnten Filme in dieser Region nachweisen.
Schauplatz des Geschehens ist natürlich der Schnellzug "Shanghai
Express", der die Metropolen Peking und Shanghai miteinander verbindet
und in China ist Bürgerkrieg. Unter den Reisenden sind auch viele
Ausländer. Der britische Kapitän Donald "Doc" Harvey (Clive Brook)
trifft dort auf seine frühere Geliebte Madeline (Marlene Dietrich), die
sich inzwischen unter Shanghai Lilly einen Namen als Kurtisane und
Abenteurerin gemacht hat. In ihrer Begleitung reist auch die attraktive
Chinesin Hu Fei (Anna May Wong) mit. Die beiden Frauen werden von den
anderen Reisenden nicht nur misstrauisch beäugt, sondern auch man
begegnet den Damen feindselig - solche lastenhaften Frauen sind nichts
für die feine Gesellschaft. Vor allem Mrs. Haggerty (Louise Glosser
Hale), die mit ihrem Hund reist und der Reverend (Lawrence Grant) sind
empört. Unter den anderen Reisenden befindet sich der französische Major
Lenard (Emile Chautard), der lungenkranke Eric Baum aus Deutschland
(Gustav von Seyfertitz), der US-Geschäftsmann Sam Salt (Eugene Pallette)
und der undurchsichtige Mr. Chang (Warner Oland). Die Reise im Zug
dauert 5 Tage und wird irgendwann von Regierungstruppen angehalten.
Einer der Reisenden wird verhaftet, da er mit den Rebellen paktiert.
Wenig später halten die Rebellen den Zug an und einer der Fahrgäste
lässt seine Maske fallen...
"Shanghai Express" ist vor allem ein Film von Marlene Dietrich, die
wunderbar eingefangen wird und die Kameramänner Lee Garmes und James
Wong Howe (der ungenannt blieb) lassen die Diva im strahlenden Licht
glänzen. Sie zeigen auch ihr Können durch ungewöhnliche
Kameraeinstellungen, dafür kassierte Garmes zu Recht den Oscar. Auch die
Montagearbeiten sind äusserst effektvoll, sie erinnern an den Stil
deutscher Stummfilmklassiker. Nicht nur Marlene wird geheimnisumwittert
inszeniert....auch viele andere Mitreissende nehmen in von Sternbergs
grandioser Zugfahrt eine bedeutende Schlüsselrolle ein. Ein Meisterwerk
mit perfekter Auslotung von Licht und Schatten. Dazu eine wunderschöne
Marlene Dietrich im Pelz oder mit Federn beschmückt - mal verschleiert,
mal verschattet, dann wieder rauchumnebelt. Nie wurde eine Filmgöttin
obsessiver gezeigt.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen