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Freitag, 29. März 2024

Das Glas Wasser


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Regie: Helmut Käutner

Intrigen am Hof...

Lange bevor Giorgos Lanthimos mit "The Favourite - Intrigen und Irrsinn" die schwache Königin Anne (1665 - 1714) portraitierte, wurde ihre Regentschaft bereits in den 1960 gedrehten deutschen Film "Das Glas Wasser" von Helmut Käutner thematisiiert. Während Lanthimos seinen Film sehr realistisch gestaltete und auch die Streitigkeiten der beiden Konkurrentinnen in der Gunst der Königin - Abigail Masham und Sarah Churchill - dramatisch beleuchtete, ist Käutners Film völlig anders gestaltet. Sein Film basiert auf dem gleichnamigen Bühnenstück des französischen Dramatikers Eugene Scribe.
Rein optisch und stilistisch ging Käutner neue Wege, was seinen Film originell und einzigartig im deutschen Filmgeschehen machte. Er war auf eine gewisse Harmonisierung von Theater-, Kabarett- und Filmform. Die Kritik war begeistert und es ist nicht verwunderlich, dass die beiden Art Direktoren Albrecht Becker und Herbert Kirchhoff mit einem Filmband in Gold ausgezeichnet wurden. Auch Hilde Krahl, die die Rolle der Lady Churchill spielt, wurde mit dem Filmband in Gold als beste Darstellerin ausgezeichnet.
Aus heutiger Sicht ist die Ausstattung und das Szenenbild sehr gewöhnungsbedürftig, doch die Schauspieler bringen Leben in diese gewollt künstliche Ambiente der Stadt London im Jahr 1710.
Die noch junge und unerfahrene Anne (Liselotte Pulver), Königin von Großbritannien, ist eine schwache Marionettenkönigin unter dem Einfluss von Sarah Churchill (Hilde Krahl), deren Intrigen ein Versuch sind, ihren kriegerischen Ehemann, den Herzog von Marlborough, in ein besseres Licht zu rücken. Allerdings versucht auch Henry St. John (Gustav Gründgens), ein edler Journalist und Oppositionsführer, Einfluss auf die Königin zu nehmen – er will den Krieg mit Frankreich so schnell wie möglich und mit allen notwendigen Mitteln beenden. Sarah ist romantischen Abenteuern nicht abgeneigt und wird so zur Gönnerin des jungen Landlords Arthur Masham (Horst Janson), die ihn kurzerhand zum Fähnrich in der Garde der Königin macht - sie ist die heimliche Herrscherin und manpuliert die Königin. Doch Henry St. John durchschaut den Plan, da er weiß, dass Masham mit Abigail (Sabind Sinjen), einer eifersüchtigen Verkäuferin in einem Juweliergeschäft, verlobt ist, die er für sich gewinnen möchte. Masham tötet einen sehr reichen Cousin von Henry in einem Duell. Henry erbt somit ein riesiges Vermögen und den Titel Lord Bolingbroke. Er gewinnt die nächste Runde der Intrigen, verschafft Abigail einen Posten am Hof der Königin und gewinnt dort so an Einfluss. Über Abigail erfährt er, dass auch die Königin ein Auge auf Masham geworfen hat, ohne dass dieser es merkt. Als Zeichen für ein geplantes Rendezvous will sie ihm während eines Balls ein Glas Wasser reichen. Henry erklärt Sarah daher, dass sie eine Rivalin hat, nennt aber keine Namen. Beim nächsten Ball der Königin wetteifert sie jedoch mit der Königin um Mashams Gunst und gerät dann in Panik, was bedeutet, dass sowohl sie als auch Masham ihre Rolle als Vertraute der Königin aufgeben müssen. Dennoch scheint sich das Blatt zu Gunsten von Sarah zu wenden, als sie und ein paar andere Damen die Königin bei einem nächtlichen Treffen mit Masham überraschen. Doch Henry ist bereit – er kommt sofort und rettet die Königin mit einer Notlüge. Er wird somit ihr alleiniger Berater und Sarahs Schicksal ist besiegelt – sie wird vom Gericht verbannt und Marlborough entlassen – und Henry bleibt Premierminister an der Spitze eines neuen Kabinetts, dessen erste Aufgabe darin bestehen wird, die Friedensverhandlungen mit Frankreich wieder aufzunehmen....





Beinahe 4 Millionen deutsche Kinogänger wollten "Das Glas Wasser" sehen und so landete der flott inszenierte Film mit Musikeinlagen auf Platz 16 des Kinojahresrankings. Die Lieder sind etwas schlagerhaft und wurden beinahe schon zeitgeistig und modern für die damalige Zeit konzipiert.
Der Film bedeutete nicht zuletzt ein Comeback für die schillernde Figur des deutschen Films Gustav Gründgens, es war seine erste Rolle nach 19 Jahren Pause. Insgesamt ist der Film angenehm ironisch, die Theaterambiente ist ein wichtiges Element



Bewertung: 7 von 10 Punkten. 

Samstag, 7. März 2020

Himmel ohne Sterne

























Regie: Helmut Käutner

Durch die Grenze getrennt...

Zu den großen Filmerfolgen von Helmut Käutner gehört das 1955 inszenierte Drama "Himmel ohne Sterne" - ein Film, der sich nicht nur mit der deutschen Teilung beschäftigt, sondern an Einzelschicksalen zum zentralen Thema macht. Dabei wird im Off (Käutner selbst ist der Sprecher) darauf hingewiesen, dass die Geschichte zwar fiktiv sei, aber dass sie genauso wie geschildert auch passieren könnte. Berlin war nach dem Krieg in vier Sektoren unter der Kontrolle der allierten Staaten USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich unterteilt. Nach und nach wurde auch die Grenze zwischen der DDR und der BRD gezogen. Alleine nach dem Bau der Mauer gab es mindestens 140 Opfer, da die DDR-Grenztruppen einen Schießbefehl hatten. "Himmel ohne Sterne" spielt 1953, also noch lange vor dem Mauerbau, aber die Trennung durch die einzelnen Sektoren hatte zur Folge, dass Familien voneinander getrennt wurden.
So blieb die junge Witwe Anna Kaminski (Eva Kotthaus) in Ostdeutschland bei ihrem Großvater (Erich Ponto) und ihrer Großmutter (Lucie Höflich). Sie versorgt die beiden betagten Senioren, Annas Eltern sind im Krieg umgekommen. Besonders die Oma braucht Pflege, sie leidet inzwischen an einer Demenz. Annas Freund fiel im Krieg und der kleine Jochen (Rainer Stang) wächst im Westen bei ihren "Schwiegereltern" Elsbeth (Camilla Spira) und Otto Friese (Gustav Knuth) auf. Der Kleine hat es dort gut, Anna hat damals den Jungen den Frieses zur Adoption überlasssen, da sie ja noch nicht mit deren Sohn verheiratet war und selbst die Verpflichtung hatte für ihre Großeltern zu sorgen. Die Sehnsucht nach dem Kind ist aber nach wie vor sehr groß und so geht sie das Risiko ein die Grenze von Thüringen zum nahe gelegenen Bayern, trotz aller Gefahren, auf sich zu nehmen und ihren Kleinen zu sehen. Bei dieser Gelegenheit lernt sie den Grenzpolizisten Carl Altmann (Erik Schumann) kennen. Sie entführt aus Verzweiflung das Kind und wagt die Flucht zurück in den Osten mit Hilfe eines LKW Fahrers (Georg Thomalla). Doch der Plan misslingt, weil der Junge noch im Westen aus seinem Versteck im LKW herauslief, weil er von einem Karussell auf der anderen Straßenseite fasziniert war. Durch Zufall wird das Kind von einer Passantin (Edith Hancke) bei Polizist Altmann abgegeben, der das Kind in den Osten bringt - vor allem will er Anna wiedersehen, denn es hat bei ihm mächtig gefunkt. Nun entsteht eine Liason zwischen einer Frau vom Osten und einem Mann im Westen, die leider sehr tragisch ausgehen muss..



In einer tragenden Nebenrolle ist auch der junge Horst Buchholz als russischer Soldat Mischa Bjelkin zu sehen, der oft mit Annas Opa Schach spielt und wohl auch in Anna verschossen ist. Er bekam dafür den deutschen Filmpreis als bester Nachwuchsschauspieler. Auch Eva Kotthaus bekam diesen Preis zugesprochen. Erich Ponto wurde als bester Nebendarsteller ausgezeichnet und "Himmel ohne Sterne" wurde gemeinsam mit "Teufel in Seide" mit dem Filmband in Gold geehrt. Käutners Film ist natürlich besonders am Ende Dramatik pur und sieht am Ende den Tod vor. Dies wirkt vielleicht etwas zu konstruiert, aber gesamthaft zählt "Himmel ohne Sterne" zu den wichtigen und anspruchsvollen deutschen Kinofilmen der 50er Jahre




Bewertung: 7 von 10 Punkten. 

Mittwoch, 27. März 2019

Der Hauptmann von Köpenick

























Regie: Helmut Käutner

Haben Sie gedient ?

Der deutsche Schriftsteller Carl Zuckmayr lebte von 1896 bis 1977. Er wuchs in mainz auf und studierte Literaturgeschichte. Im ersten Weltkrieg wurde Zuckmayr mehrfach ausgezeichnet. In der Weimarer Republik entwickelte er sich zum erfolgreichen Autor von Theaterstücken. Nach der Machtergreifung durch die Nazis wurden seine Texte verboten, da er sich kritisch über die NSDAP geäussert hatte. Er wanderte nach Amerika aus und kehrte erst 1946 ald Kulturbeauftragter des amerikanischen Kriegsministeriums nach Europa zurück. "Der Hauptmann von Köpenick - Ein deutsches Märchen" ist eine Tragikomödie und sie wurde von Zuckmayr von Anfang September bis November 1930 geschrieben. Sie beruht teilweise auf wahren Begebenheiten, der Autor hat die Geschichte aber etwas ausgeschmückt.
Im Oktober 1906 gelang dem aus Ostpreußen stammenden Schuhmacher (Heinz Rühmann) ein echter Coup, als er aus Hauptmann verkleidet mit einem Trupp gutgläubiger Soldaten ins Rathaus der Stadt Cöpenick bei Berlin eindrang, das Amt besetzte und den Bürgermeister Dr. Obermüller (Martin Held) sowie den Buchhalter Rosenkranz (Siegfried Lowitz) verhaften ließ und schließlich die Stadtkasse raubte. Zuckmayr nahm dieses freche Husarenstück zum Anlass für eine kritische Darstellung des Militarismus im deutschen Kaiserreich. Dabei gelang es ihm den völlig unkritischen Gehorsam des deutschen Soldaten und auch des deutschen Bürgers punktgenau zu entlarven.
Die Geschichte wurde mehrfach verfilmt. 1931 mit Max Adalbert unter der Regie von Richard Oswald. Die bekannteste Version entstand 1956 unter Helmut Käutner als farbenprächtiges Spektakel mit perfektem Zeit- und Lokalkolorit. In der Rolle des Hauptmanns brillierte der große Volksschauspieler Heinz Rühmann - für diese Leistung wurde er 1957 mit dem Preis der deutschen Filmkritik ausgezeichnet. Ausserdem gelang es dem Film eine Oscarnominierung als bester Auslandsfilm zu erhalten.
Im deutschen Kaiserreich ist Untertansgeist angesagt. Die Deutschen sind kriegs- und militärverrückt. Doch der Schuster Wilhelm Voigt ist ein Aussenseiter. Er hat durch Betrügereien 15 Jahre im Knast gesessen. Nun ist er wieder frei. Doch das Leben in der Freiheit hat riesige Tücken. Er hat als ehemaliger Strafgefangener des Gefängnisses Berlin Plötzensee kein Recht auf einen Pass und bekommt in keiner Stadt eine Aufenthaltserlaubnis. Man will diese Kriminellen auf keinen Fall in die Gesellschaft integrieren. Ohne Aufenthaltserlaubnis gibts auch keine Arbeit. Erschwerend kommt hinzu, dass Voigt auch nie gedient hat. So wird er gemeinsam mit einem anderen Zuchthäusler namens Kallenberg (Wolfgang Neuss) erneut straffällig - er bricht in eine Amtsstube ein um Pass und Stempel zum Fälschen eines Ausweises zu klauen. Das bringt ihm wieder einige Jahre Knast ein - doch bei diesem Aufenthalt beginnt er sich zu bilden, indem er liest und vom Zuchthausdirektor (Friedrich Domin) bekommen die Gefangenen Unterricht in militärischen Strategien. Nach Verbüßung der Haft kommt er kurzzeitig bei seiner Schwester Marie (Ilse Fürstenberg) und ihrem Mann Friedrich (Williy A. Kleinau) unter. Dort lebt das kranke Lieschen (Edith Hancke) zur Untermiete. Zur gleichen Zeit fertigt der Schneidermeister Wormser (Leonard Steckel) und sein Mitarbeiter Wabschke (Joseph Offenbach) für einen Hauptmann eine Uniform. Diese wird irgendwann in den Besitz des Bürgermeisters von Köpenick gelangen und auf Umwegen auf den Flohmarkt. Für 18 Mark wird der Schuster Besitzer dieser Uniform, mit der ihm dann dieser große Coup im Rathaus gelingt...




Und dies alles nur um endlich einen Pass zu bekommen - um vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft sein zu können. Diese Geschichte hat Käutner perfekt in Szene gesetzt. Es gelingt ihm ein großer Wurf, der von Anfang bis Ende die Balance zwischen Komik und Tragik behält. Teilweise bleibt dem Zuschauer jedoch das Lachen im Hals stecken. Ebenso hervorragend die Kameraarbeit von Albert Benitz, dessen Lehrmeister der Bergfilmer Arnold Fanck war. Im Kino hatte der Film einen Riesenerfolg - 10 Millionen Zuschauer sahen den Film in den ersten 5 Monaten. In den USA war es der erste deutsche Nachkriegserfolg. Wahrscheinlich war es auch die beste Rolle die Heinz Rühmann jemals spielte - sein Schuhmacher, der so unsicher durch diese schräge Weltordnung taumelt, erinnert sogar phasenweise an die Genialität von Chaplins Tramp.
 


Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

Schinderhannes


















Regie: Helmut Käutner

Johannes Bückler, der Räuberhauptmann vom Hunsrück...

Johannes Bückler war ein deutscher Räuber, der um 1779 geboren wurde und am 21. November 1803 auf dem Schafott sein Leben ließ - mit ihm starben auch 19 seiner Gefolgsleute. Der Bande wurden mindestens 211 Straftaten nachgewiesen - im Volksmund nannte man Bückler nur den Schinderhannes. Kurz nach seiner Hinrichtung begann eine Legendenbildung, die Bande war gefürchtet und überall bekannt. Nach seiner Verhaftung erschienen bereits zwei angeblich authentische Biographien, die allerdings frei erfunden waren. Diese wie auch zahlreiche in den Folgejahren veröffentliche Berichte über den Räuberhauptmann zeichneten bald schon ein überhöhtes Bild des Räubers und irgendwann hatte sich sein Ruf ein deutscher Robin Hood zu sein verfestigt. Heute geht man davon aus, dass er aber nicht nur einen Krieg gegen die Reichen und die französischen Besatzer führte - das Bild vom Wohltäter der Armen wird heute stark bezweifelt, auch wenn viele Hunsrücker ihn immer wieder vor der Verfolgung der Obrigkeiten schützten.
Carl Zuckmayr schrieb seine Version vom "Schinderhannes" im Jahr 1927 - Helmut Käutner wagte sich 31 Jahre später an die Verfilmung des Schauspiels. Als Räuberhauptmann wurde Curd Jürgens verpflichtet, in der Rolle seiner Frau Julchen ist Maria Schell zu sehen. Beide Darsteller waren in dieser Zeit bereits international sehr erfolgreich und drehten auch in Hollywood.
Das Stück von Zuckmayr war historisch nicht korrekt und das gleiche gilt natürlich auch für Käutners spannende Verfilmung des Stoffes.
Der Film war beim Kinopublikum sehr erfolgreich, doch die Kritiker waren damals nicht sehr angetan. Viele sahen sowohl Jürgens als auch Schell als gewisse Fehlbesetzung. Ich persönlich empfinde die beiden Darstellung für richtig gut, ausserdem stimmt bei den beiden Akteuren die Chemie. Curd Jürgens wie immer charismatisch und stattlich und hinter der frechen Ausstrahlung von Maria Schell (sie singt in ihrer ersten Szene das bekannte Schinderhannes Lied) entpuppt sich eine sehr zärtliche Frau, die irgendwann sehr starke Angst um ihren Mann und beider Zukunft hat - so weicht der Stolz die Braut des berüchtigten Räubers zu sein. Am Ende - am Tag der Hinrichtung - muss sie sich allerdings wieder mit dem Stolz begnügen "mehr als 15.000 Leut´sind heut gekommen, mehr als beim Napoleon".
Einer der Erzfeinde vom Schinderhannes ist der Reichsgraf Kleve Boost (Willi Trenck Trebitsch), der den Bauern alles wegnimmt, was sie vor den vorigen Besatzern aus Frankreich verstecken konnten. Doch Carl (Christian Wolff), der Sohn des Reichsgrafen steht für eine neue Zeit, für die zeit der Revolution und er hat Schillers "Räuber" gelesen. Er schließt sich der Bande an, nachdem die mutig ein Fest von Kleve Boost gestürmt haben und den Adligen ihren Schmuck raubten. Die verkauft der Schinderhannes seinem Hehler Leyendecker (Joseph Offenbach). Seine Männer sind ihm treu ergeben - dennoch wird im Laufe der Geschichte, als sich die Schlinge immer mehr um die Räuberbande zieht, ein Verrat das Schicksal besiegeln. Benzel (Siegfried Lowitz) wird ihn begehen, er wird mit dieser Tat aber nicht glücklich. Nach einem längeren Prozess werden Schinderhannes und 19 weitere Deliquenten vor dem Mainer Holzturm geköpft...



Als Käutners Meisterwerke gelten "Große Freiheit Nr. 7", "Unter den Brücken", "Des Teufels General" und "Der Hauptmann von Köpenick". Sicherlich richtig, doch andere Filme von ihm sind weitestgehend unterschätz. So auch sein 1940 entstandener Kostümfilm "Kleider machen Leute", der heute fast in Vergessenheit geratene "Himmel ohne Sterne" und auch "Der Schinderhannes".
Trotz einer gewissen Romantisierung trifft die teilweise derbe Räuberballade ins Schwarze, denn Käutner ist es geglückt die Figuren und die Zeit von damals dem Zuschauer wieder lebendig zu machen. Neben der Hauptgeschichte legt er großen Wert auf kleinere Details. Diese genauen Episodenhaftigkeiten machen aus der Verfilmung ein echtes Vergnügen. Auch Curd Jürgens wirkt in jeder Zeit echt, aber die ganze Ensembleleistung ist fabelhaft. Dabei hat Käutner die lyrische Substanz des noch dramatischeren Originals mit einer sehr originellen volkstümlichen Derbheit und Deftigkeit ausgestattet - dies macht den ganzen Film dynamisch und vital. Man kann Käutners Schinderhannes als eine Art Heimatfilm mit Volksstückcharakter bezeichnen - es ist in diesem Falle aber als echtes Kompliment gemeint.



Bewertung: 8,5 von 10 Punkten. 

Sonntag, 24. März 2019

Das Mädchen aus Flandern

























Regie: Helmut Käutner

Engele von Loewen...

Sehr oft verfilmte der deutsche Regisseur Helmut Käutner Stücke von Carl Zuckmayer.  Im Jahr 1955 realisierte er dem Publikumserfolg "Des Teufels General" mit Curd Jürgens, ein Jahr später entstand "Das Mädchen von Flandern" mit dem damals 24jährigen Maximilian Schell, der noch ganz am Anfang seiner Karriere stand. Im gleichen Jahr entstand mit Heinz Rühmann "Der Hauptmann von Köpenick", der es sogar auf eine Oscarnominierung in der Kategorie "Bester ausländischer Film" brachte - den Abschluß dieses Zuckmayer-Quartetts bildete die Historienverfilmung "Der Schinderhannes" mit Curd Jürgens und Maria Schell.
"Das Mädchen aus Flandern" ist vielleicht der am wenigsten beachtete Film unter diesen Vier und wurde im Jahr seiner Erscheinung erst ab 18 Jahren freigegeben. Vier Monate nach seiner Premiere wird der Film um sieben Minuten gekürzt - dennoch ändert sich nichts an der strengen FSK Freigabe ab 18.
Schuld waren die Szenen im Bordell, die damals für Jugendliche nicht geeignet erschienen - die Geschichte selbst spielt im 1. Weltkrieg, dennoch hat man als Zuschauer irgendwie das Gefühl, dass diese tragische Liebesgeschichte auch im 2. Weltkrieg hätte spielen können. Geschichte wiederholt sich eben - denn die Liebe kennt keinen Unterschied in "Freund" und "Feind" und so kommen sich im November 1914 zwei junge Menschen in dem Dorf Molenkerk in Flandern näher.  Kurz vor einer größeren Schlacht begegnet der deutsche Offizier Alexander Haller (Maximilian Schell) in einer Wirtschaft der junge Magd Angeline Meunier (Nicole Berger), die beide Eltern durch den deutschen Feind verloren hat und nun auch um ihren Bruder bangt, der Soldat ist und gegen die Deutschen kämpft. Doch die beiden jungen Menschen kommen sich näher in diesem Gasthof "Zu den Paradiesäpfeln". Er nennt das Mädchen "Engele" - dann muss er mit seinen Kameraden in die Schlacht. Alexanders Vater ist der angesehene General Haller (Friedrich Domin), der mächtig stolz ist auf seinen Sohn, weil der als einer der ersten Freiwilligen in die Krieg zog. Doch der Krieg an der Front ist dreckig und die feinen, bornierten Uniformträger, die Befehle geben verklären dieses Abschlachten in der Heimat. Im Mai 1917 kommt es zu einer zweiten Begegnung zwischen Alexander und Angeline. Sie arbeitet inzwischen als Zigarettenverkäuferin in einem Etablissement, wo sich die Frauen von den Soldaten für ihre Liebesdienste bezahlen lassen. Angeline blieb bisher dieser Job erspart, doch ein Hauptmann (Fritz Tillmann) wird zudringlich und Alexander steht seiner Liebe bei. Weil Angeline verhaftet wird, begibt er sich nicht an die Front, sondern versucht ihr zu helfen. Dabei spielt der seltsame "Sittenkommissar" Monsieur Le Cure (Viktor de Kowa) eine entscheidende Rolle....



Sehr tragisch sind die Szenen mit den bestraften Frauen, die kahlgeschoren als Feindhuren bloßgestellt werden. Auch die unschuldige Engele wird so gebrandmarkt. Vielleicht ist das HappyEnd eine gewisse Schwachstelle in der Geschichte, denn möglicherweise minimiert es so das ganze Ausmaß der Tragödie, die der Zuschauer dann nicht unbedingt mehr als solche wahrnimmt, weil ja alles noch ein gutes Ende nahm. In einer Nebenrolle ist auch der große Gerd Fröbe zu sehen.


Bewertung: 7 von 10 Punkten. 

Montag, 1. Oktober 2018

Schwarzer Kies

























Regie: Helmut Käutner

Am Rande der Kiesgrube...

Ein lange Zeit veschollenes Meisterwerk des deutschen Films: Helmut Käutners Film Noir lastiges Wirtschaftswunder-Drama heißt "Schwarzer Kies" und wurde 1961 gedreht.
Gleich nach seiner Uraufführung, die am 13. April 1961 im EM-Theater in Stuttgart stattfand, erstattete der Zentralrat der Juden in Deutschland Strafanzeige gegen den Regisseur Käutner, Herstellungsleiter Ulbrich und UFA-Chef Theo Osterwind. Es ging um eine kurze Szene in der Kneipe des kleines Dorfes, in der sich herausstellt, dass der Bordellwirt ein ehemaliger KZ-Häftling war und auch noch von einem rassistischen Gast aufs Übelste beschimpft wird. Dies war Stein des Anstoßes und man warf den Machern eine antisemtische Gesinnung vor. Obwohl die Staatsanwalt nie ermittelte, wurde die beanstandete Passage aus dem Film entfernt. Die DVD Edition der Friedrich Murnau Stiftung beinhaltet 2 DVDs, eine davon ist Käutners Directors Cut (Premierenfassung von Stuttgart) mit einem anderen Ende als die Kinofassung. Interessanterweise finde ich das weniger dramatische Ende der Kinofassung noch besser gelungen - aber in beiden Fällen handelt es sich um einen großartigen deutschen Nachkriegsfilm, der unbedingt entdeckt werden muss.
Schon die erste Szene gibt den Takt des Films an, dem seine Figuren unterworfen sind. Ein Hund hält sich dort bei den Kiesgruben auf. Er ist zutraulich und will mit dem dort arbeitenden Männern spielen. Einer dieser Männer ist Robert Neidhardt (Helmut Wildt), vom Krieg gezeichnet. Er ist unstet, nervös und Nutznießer der Stationierung des US-Militärs. Dort im kleinen Dorf Sohnen im Hunsrück ist eine Militärflugbasis für einige Tausend US-Soldaten errichtet worden. Obwohl sie von den Einheimischen immer noch misstrauisch beäugt werden, erkennen diese doch das lukrative Geschäft mit dem US-Boys. In dem kleinen Ort gibts jede Menge Bars, viele deutsche Frauen und Mädchen, die auch als Prostituierte anschaffen und die Bauunternehmer haben Hochkonjunktur. Robert macht Geld im Schwarzhandel, sehr oft hat er den Kies, den er liefern soll, anderweitig verkauft - der Aufseher Otto Krahne (Wolfgang Büttner) hat ihm die Fuhre natürlich bestätigt. So verdienen alle an den Besatzern. Zurück zum Hund, der mit Robert spielen will. Ein anderer Mann wirft einen riesigen Stein auf den Hund, der sofort tot ist. Die Tierleiche wird ohne Emotion in die Kiesgrube geworfen, eine neue Ladung darauf gekippt - der tote Hund verschwindet. Wie wenn es ihn nie gegeben hätte. Der schwarze Kies wird im Laufe der Geschichte noch weitere Lebenwesen unter sich begraben. Aber vorher trifft Robert wieder auf seine Ex-Geliebte Inge (Ingmar Zeisberg). Die ist inzwischen mit dem amerikanischen Offizier John Gaines (Hans Cossy) verheiratet und weil Gaines Wagen eine Autopanne und Robert ihm zur Hilfe kommt, sehen sich die beiden rein zufällig nach vielen Jahren wieder. "Es war nicht gut, dass wir uns wieder getroffen haben, auch für Dich nicht" wird Inge zu Robert sagen, denn bei beiden sind noch starke Gefühle füreinander im Spiel. Möglicherweise auch zerstörerische...denn Inge hat die Sicherheit gewählt, die der Egoist Robert ihr nie bieten konnte. Der sieht sich zuerst und alles andere geht ihn nichts an. Aus allem versucht er Geld zu schlagen. So auch bei der Suche nach Inges entlaufenen Hund, dabei hat er das Tier ja erst Stunden zuvor in der Kiesgrube entsorgt. Die Bardame Ellie (Anita Höfer) ist zudem in Robert verliebt, doch der zeigt ihr nur die kalte Schulter. So versucht sie mit dem Schieber Krahne anzubandeln, der nach Kanada auswandern will. Das Leben in Sohnen findet vor allem in den Bars und Bordelle statt. Dort halten sich die jungen Soldaten und alten Nazis auf. Roberts Freund Bill Rodgers (Peter Nestler) hat sich in die deutsche Anni Peel (Edeltraut Elsner) verliebt, die beiden treffen sich zu einem Rendezvous im Wald. Sie werden dieses Liebesspiel im Wald nicht lange überleben, denn schicksalshaft wird Roberts Lastwagen, gefüllt mit schwarzem Kies, dort die Straße in viel zu hoher Geschwindigkeit langfahren und die beiden jungen Menschen unter sich begraben. Nun heißt es für den Unglücksfahrer Robert entweder Verantwortung für das Unglück zu übernehmen oder es vertuschen, denn durch die illegale entwendete Fracht müsste er auf jeden Fall mit einer weiteren Strafe rechnen...





Der Film "Schwarzer Kies" ist ein ungeschinkter Blick in die Wirtschaftwunder Zeiten. In der Spätphase Adenauers, ein Jahr vor dem Mauerbau, die Kuba Krise..alles ist schon am Gären und die verdrängten Widersprüche dieser Wohlstandrepublik werden schon bald unübersehbar sein. Unschwer zu erkennen ist die gespannte Stimmung in dem in ein Armee-Camp verwandelten Dorf. Gleich zu Anfang, als der Hund brutal mit dem Stein erschlagen wird, kommt es zum Kampf zwischen dem Deutschen und dem Ami. "Hey, gib mal nicht so an, Ami, die Zeiten sind vorbei" - während über dem Himmel fortwährend Düsenjäger zu sehen und zu hören sind, machen die Deutschen mit den Amis schmutzige Deals und das Leben ist keinen Pfifferling mehr wert. Die Toten werden verscharrt im schwarzen Kies in einem sehr schwarzen Film von Käutner, der eine verlogene Welt und eine verlogene Gesellschaft skizziert.




Bewertung: 10 von 10 Punkten.