Freitag, 13. Oktober 2017

Der Würgeengel

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Regie: Luis Bunuel
 
Gefangen im Zimmer...
 
Luis Bunuels "Der Würgeengel" enstand in Mexiko und der Regisseur hat es in einem späteren Interview bedauert, dass er seine kleine aber feine Politsatire nicht in Rom oder Paris gedreht hat. Aber es fanden sich keine internationalen Geldgeber und so musste er mit eher geringerem Budget auskommen, obwohl ihm nur Monate zuvor mit "Virianda" nicht nur ein handfester Skandal im katholischen Spanien sondern auch ein großer internationaler Filmerfolg gelang. Thematisch verwandt mit "Der Würgeengel" erscheint auch sein großer 70er Jahre Erfolg "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" zu sein, denn in beiden Fällen versucht eine Gruppe von Leuten ein Ziel zu erreichen, dass aber  - so einfach es erscheinen mag - nicht gelingen mag. In "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" ist es eine Gruppe von 6 Angehörigen des gehobenen Bürgertums, die gemeinsam ein stilvolles Essen im kleinen Preis planen, aber jedesmal kommt etwas dazwischen - das Treffen scheint nie stattzufinden. In "El angel exterminador" - so der Originaltitel vom Würgeengel - versucht der illustre Kreis nach einer Party die Villa des Gastgebers zu verlassen, doch eine unsichtbare Macht scheint die Gäste daran zu hindern das Haus zu verlassen.
Schauplatz ist die Villa des angesehenen Bürgers Nobile (Enrique Rambal) der nach einem Opernball noch zu einem Soiree einlädt. Seine Ehefrau (Lucy Gallardo) hat sich zu diesem Anlass noch einige Überraschungen ausgedacht, sie hat einen Bären und ein paar Schafe in einem der Zimmer versteckt, die Tiere sollen irgendwann im nächtlichen Programm noch zum Einsatz kommen. Doch an diesem Abend geschieht vor dem Eintreffen der illustren Gäste noch ein paar seltsame Dinge. Das Personal des Hauses verläßt ohne einleuchtenden Grund hastig die Arbeitsstätte, egal ob arbeitsrechnliche Konsequenzen anstehen. Dann treffen auch schon die Gäste ein und irgendwann wollen die ersten Gäste sich verabschieden. Doch ein seltsamer Zwang verhindert den Aufbruch. Keiner der Gäste verlässt das Wohnzimmer und irgendwann legen sich die ersten auch schlafen. Ein paar auf der Couch, andere auf dem Boden. Am anderen Morgen sind alle überrascht, die Gastgeber registrieren die Übernachtungen als unanständig, aber sie spielen weiter gute Gastgeber und versorgen ihre Gäste mit einem Frühstück. Aber der Bann den Raum zu verlassen hält an...tagelang. Auch die Polizei draußen kann das Haus nicht betreten. Eine seltsame Macht verhindert dies. Bald wird Essen und Trinken rar und die Gäste verändern sich. Sie lassen ihre guten Manieren fallen und werden teilweise kindisch, teilweise aggressiv. Der besonnene Arzt Dr. Carlos Conde (Augusto Benedico) versucht sein Bestes, dass die Situation nicht gänzlich eskaliert. Ein alter Mann stirbt an Herzversagen und irgendwann nimmt sich auch ein junges Ehepaar aufgrund der auswegslosen Situation das Leben. Gast Leticia (Silvia Pinal) kommt irgendwann durch einen Zufall auf die Idee, die gleiche Situation zu rekonstruieren, in der dre Zwang für alle zum ersten Mal spürbar war. Tatsächlich hat die Rekonstruktion Erfolg...


Doch das ist noch nicht das Ende der originellen Geschichte, denn der Bann ist noch nicht gebrochen. Sicher ist, dass Bunuel einmal mehr das Bürgertum attackieren wollte, auch die Kirche taucht in der Geschichte auf. Im Laufe der Not stellt sich bei der illustren Schar eine Art Verfaulungsprozess ein, irgendwann braucht die Gruppe einen Schuldigen, den sie zur Rechenschaft ziehen will.
Durch die sehr kompetente Kameraarbeit von Gabrile Figueroas, die nur mit wenigen Schnitten auskommt, entsteht manchmal der Eindruck, dass man mittendrin im Raum ist. Natürlich fehlen die surrealistischen Elemente, für die Bunuel berühmt wurde, auch nicht in diesem Film.



Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

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