Regie: Charles Crichton
Das Glück kam über Nacht...
Die Ealing Studios in London wird seit mehr als 100 Jahren
betrieben und wurde vor allem in den 30er bis 50er Jahren durch
zahlreiche Filme bekannt, von denen heute viele als echte Klassiker des
britischen Kinos zählen. Vor allem die Ealing Komödien "Adel
verpflichtet", "Ladykillers" oder "Der Mann im Weißen Anzug" wurden zu
einem Inbgriff des britischen Humors und zeigten ihren Hauptdarsteller
Alec Guinness in Höchstform.
Unvergessen bleibt auch das
turbulente Heist Movie "The Lavender Hill Mob". Ein Film, der in
Deutschland unter den Namen "Einmal Millionär sein" oder "Das Glück kam
über Nacht" bekannt wurde.
Unter der Regie von Charles
Crichton (Traum ohne Ende, Ein Fisch namens Wanda) entstand die
Gaunerkomödie im Jahr 1951. Der Titel des Films verweist auch auf
Lavender Hill, eine Straße in Battersea - einem Ortsteil in Süd-London.
Die
Geschichte wird in einer Rückblende von dem Briten Henry Holland (Alec
Guinness) erzählt, der mit einem Landsmann in einem noblen Restaurant in
Rio de Janeiro sitzt und auch bei den anderen Gästen äusserst beliebt
zu sein scheint. Sogar eine hübsche junge Frau (Audrey Hepburn in einer
Minirolle) zählt zu den Bewunderern des lebenslustigen Zeitgenossen.
Dann erzählt er seinem Gegenüber seine Geschichte: Als er noch in London
lebte, war er ein scheinbar anspruchsloser Bankkaufmann. Seine größte
Tugend war seine Ehrlichkeit - zumindest wurde er genau so von seinen
Vorgesetzen nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit eingeschätzt - und dies
machte ihn zum optimalen Mitarbeiter für die Lieferung und Sicherung
der Goldbarren seiner Bank. Doch heimlich hegt der scheue Mann schon
lange einen kriminellen Plan, er hat den perfekten Plan in der Tasche,
wie man das wertvolle Gold raubt. Nach außen hin penibel und urängstlich
- so kennen ihn die Fahrer des Transporters, diese Polizisten vertrauen
dem Bankangestellten blind.
Einzig und allein die Lösung für
den Verkauf des Goldes fehlt ihm noch. Doch die kommt in der Gestalt des
neuen Untermieters, einem Künstler namens Alfred Pendlebury (Stanley
Holloway) , der auch in die gleiche Pension in Lavender Hill einzieht.
Dass Pendlebury eine eigene Gießerei für billige Geschenke und
Souveniers besitzt, ist der reinste Glücksfall. Noch besser ist es,
weil Pendlebury seinen Ramsch auch ins Ausland verkauft. Dies bringt die
ehrlichen und bürgerlichen Gauner auf die Idee von den Goldbarren
kleine Eiffeltürme herzustellen, die man als Briefbeschwerer tarnt, sie
nach Paris verschickt - weil sie ja dort verkauft werden sollen.
Als
Holland von seinem Chef informiert wird, dass er in eine andere
Abteilung versetzt werden soll (besseres Gehalt und Aufstieg) muss alles
flott gehen. Sie heuern zwei Kleinganoven an (Sidney James und Alfie
Bass) und los geht es. Der Plan gelingt, aber dennoch gibts zuerst eine
Komplikation, dann noch weitere...
Höhepunkt dieses
hervorragend inszenierten Klassikers ist einmal die Jagd der beiden
Männer vom Eiffelturm, wo aus Versehen sechs dieser wertvollen
Souveniers an britische Schulmädchen verkauft wurden, bis hin zur Fähre
nach Dover. Dann weiter ins Internat, wo eines der Mädchen - bockig ohne
Ende - ihr Exemplar nicht gegen ein anderes, bereits geprüftes,
eintauschen möchte. Dies führt wiederum zu einer temperamentvolen
Verfolgungsjagd mit einem Polizeiauto. Schauplatz sind die Straßen von
London.
Der Film ist voll von trockenem
Humor und setzt vor allem auf seine zwei sympathischen Gauner, die
irgendwie wie biedere Kleinbürger wirken - aber dennoch einmal ihren
ganz großen Traum vom reichen Millionär ausleben wollen. Dabei
inszenierte Charles Crichton sehr charmant und liebevoll, spart aber
dennoch nicht mit hintergründigen Einlagen. Der große britische
Kameramann Douglas Slocombe lieferte wie immer eine hervorragende Arbeit
ab. Schön herausgearbeitet ist diese extreme Dynamik und Energie, die
die beiden Männer aufwenden, um einmal das große Abenteuer zu erleben.
Einmal weg vom Alltagstrott - dies hat aber auch seinen Preis, dann am
Ende werden dem Kleinbürger und seinem großen Traum einmal mehr die
Fesseln wieder angelegt. Beste Szene ist die Verfolgungsjagd des
Fahrstuhls auf dem Eiffelturm - die Verfolger müssen aber die
Wendeltreppe nehmen, die nie mehr aufzuhören scheint und Slocombes Kamera dreht sich wortwörtlich um die beiden Protagonisten, zieht den Zuschauer gleich mit in diesen Wirbel.Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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