Regie: Stanley Kramer
Give me that old time Religion...
Angelehnt an den tatsächlich stattgefundenen "Affenprozess" und
basierend auf das Theaterstück von Jerome Lawrence und Robert E. Lee
drehte Regisseur Stanley Kramer im Jahr 1960 mit "Wer den Wind sät"
einen seiner besten Filme. Der Fall ging in die Gerichts-History der
Vereinigten Staaten als "Scopes Prozess" ein, der 1925 vor einem Gericht
in Dayton, Tennessee statt. Angeklagt war der Lehrer Scopes, der im
gleichen Jahr an der Schule Theorien lehrte, die der Bibel in Bezug auf
die Entstehungsgeschichte der Menschheit widersprach. Man könnte das
Szenario des Films in der heutigen Zeit etwas veraltet empfinden, doch
interessanterweise wird das Thema nach wie vor in den USA dank eines
erstarkten Fundamentalismus immer wieder diskutiert. Diese extrem
konservative christliche Bewegung hat in den USA immer noch großen
Einfluß und ist heute noch der Meinung, dass die Bibel bezüglich der
Schöpfung immer noch wörtlich zu verstehen sei. Im Jahr 1925 reichte
dieser Einfluss sogar aus, dass in den Bundesstaaten Florida, Oklahoma
und Tennessee Gesetze erlassen wurden, die das Unterrichten von
abweichenden Auffassungen an öffentlichen Schulen untersagten und
Tennessee hatte das schärfste Gesetz, weil es diese Art von Unterricht
unter Strafe stellten. In "Wer den Wind sät" wurde die Handlung zwar in
das fiktive Städtchen Hilsboro verlegt und die Namen der Beteiligten
wurden verändert. Der Zuschauer wird aber dennoch ins Jahr 1925 in den
Bundesstaat Tennesse entführt, wo bereits die erste Szene die
Gottesfürchtigkeit der Bevölkerung, ja sogar eine gewisse Bigotterie,
zeigen soll. Es erklingt der eindringliche Gospel "Give me that old time
Religion, its good enough for me", der vermittelt, dass mit den Lehren,
die der junge Lehrer Bertram T. Cates (Dick York) dort seinen Schülern
nahe bringt, die Brisanz bildet, um den einfachen Gottesglauben dieser
Menschen aufs Mark zu erschüttern und deshalb wird er vor den Augen
seiner Schüler vom Sheriff - im Beisein des bigotten Reverend Jeremiah
Brown (Claude Atkins) - verhaftet. Cates hat dort die Evolutionstheorie
von Darwin durchgesprochen. Der Fall schlägt sofort hohe Wellen im Land
und polarisiert natürlich. Unterstützt wird der Angeklagte, dem der
Prozess gemacht werden soll, von der Presse. Der zynische Zeitungsmensch
E.K. Hornbeck (Gene Kelly) berichtet für den Baltimore Herald. Die
Anklage hat mit dem bibelgläubigen Fundamentalisten und früheren
US-Außemminister Matthew Harrison Brady (Frederic March) ein bekanntes
Zugpferd und einen Streiter für die göttliche Gerechtigkeit bekommen. Er
reist mit seiner Frau (Florence Eldridge) in den Ort, wo schon reger
Trubel herrscht. Ganz im Sinne des Bürgermeisters und der
Geschäftsleute, die durch den Schauprozess riesige Geschäfte wegen der
vielen Besucher erwarten. Doch Brady bekommt einen harten Gegner. Die
Zeitung hat den agnostischen Verteidiger Henry Drummond (Spencer Tracy)
gewinnen können - er gilt als äusserst erfolgreicher Anwalt und war
sogar früher mal Weggefährte und sogar Freund von Brady und unterstützte
dessen Ambitionen auf die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten.
Anklage und Verteidigung liefern sich bald erbitterte Duelle. Zur
Schlüsselfigur wird die Pastorentochter Rachel (Donna Anderson), die
zwischen Vater und Verlobtem (dem angeklagten Lehrer) entscheiden
muss...
Dabei erweist sich "Wer den Wind sät" vor allem
als großer Schauspielerfilm und sowohl Spencer Tracy als Henry Drummond
und Fredric March als Matthew Harrison Brady liefern brilliante
Vorstellungen ab. Dabei gelingt es March sogar trotz eines gewissen
Overactings in einigen Szenen eine großartige Filmfigur zu schaffen, mit
allen Stärken und Schwächen. Kramer gelingt ein Plädoyer für die freie
Meinungsäusserung und es wird Spencer Tracys Part am Ende des Films
sein, dass es gelingt die neuen Erkenntnisse der Wissenschaft mit in die
biblische Lehren zu integrieren. Intoleranz und Fanatismus erteilt der
Filmemacher jedoch eine klare Absage.
Der Film war sehr
erfolgreich, dass sich Kramer beim nächsten Filmprojekt erneut für einen
Gerichtsfilm entschied. Sein 1961 entstandener "Urteil von Nürnberg"
gehört sicherlich neben Billy Wilders "Zeugin der Anklage" und Sidney
Lumets "Die 12 Geschworenen" zum Olymp des Genres. Aber "Wer den Wind
sät" ist beinahe ebenbürtig. Der Film erhielt auch vier
Oscarnominierungen: Bestes adaptiertes Drehbuch, beste Kamera (Ernest
Laszlo), bester Schnitt und bester Darsteller Spencer Tracy. Gewonnen
hat er keine der begehrten Trophäen. Dafür wurde aber Frederic March für
seine Rolle mit dem Silbernen Bären von Berlin ausgezeichnet und auch
Regisseur Stanley Kramer wurde bei der Berlinale 1960 mit dem
Jugendfilmpreis ausgezeichnet. "Wer den Wind sät" hat es zwar nicht zu
diesem überlebensgroßen Filmmeisterwerk geschafft, aber er gehört zu
diesen großartigen alten Hollywoodklassikern aus längst vergangenen
Tagen, die auch heute noch emotional begeistern können, weil sie mit
viel Liebe gemacht wurden.
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