Regie: Delbert Mann
Hollywood entdeckt den kleinen Mann....
Der 1955 entstandene Film "Marty" galt damals in Hollywood als extrem revolutionär, denn Delbert Manns Film beschäftigte sich mit einer realistischen Darstellung aus dem Alltag kleiner Leute. Bereits ein Jahr zuvor gelang dem Regisseur Elia Kazans mit "Die Faust im Nacken" ein Welterfolg und ein Meilenstein eines neuen Realismus im amerikanischen Film, der mit 8 Oscars belohnt wurde. Dies gelang natürlich auch noch durch die spannende Geschichte von Dockarbeitern und korrupten Gewerkschaften mit Gangstermethoden. Mit "Marty" verzichtete Hollywood aber mutigerweise auf die Krimi-Struktur und bot lediglich die Sorgen und Nöten eines korpulenten italoamerikanisches Metzgers an. Aus der Distanz wirkt die Geschichte zwar etwas zu romantisch geschildert und der Realismus wird durch eine professionell gemachte Hollywood-Sentimentalität aufgemotzt, aber dennoch ist die Geschichte sympathisch erzählt und gefällt als genaue Milieuschilderung. Produzent war Harold Hecht, gemeinsam mit dem Schauspieler Burt Lancaster. Beide glaubten an den Erfolg des Films glaubte, nachdem schon eine TV-Version mit Rod Steiger in der Hauptrolle guten Anklang beim Publikum fand. Den Zuschlag für die Leinwandadaption bekam allerdings Ernest Borgnine, der bereits in kleineren Filmrollen sein Können zeigte. In der Oscarnacht 1956 erwies sich "Marty" mit 4 gewonnenen Trophäen tatsächlich als der Gewinner. Er stach in der Wahl zum besten Film des Jahres Mitkonkurrenten wie "Alle Herrlichkeit auf Erden" von Henry King oder "Picknick" von Joshua Logan aus. Die vielleicht stärkere Konkurrenz mit Elia Kazans "Jenseits von Eden" oder "Der Mann mit dem goldenen Arm" von Otto Preminger wurden erst gar nicht in dieser Kategorie nominiert. Auch Ernest Borgine durfte jubeln, er bekam den Preis als bester Hauptdarsteller. Delbert Mann konnte den Regie-Oscar gewinnen, das Drehbuch von Paddy Chayevsky war genauso siegreich.
Marty Piletti (Ernest Borgnine) ist bereits 34 Jahre alt, aber er lebt als einziger seiner Geschwister noch bei seiner fürsorglichen Mutter Theresa (Esther Minciotti). Bisher hatte er noch kein Glück eine Freundin oder Partnerin zu finden. Er hat einfach kein Glück bei Frauen - fast schon eine Schande im Viertel, denn in diesem Alter sind die meisten Männer schon Familienväter. Der etwas schwerfällige Marty arbeitet fleißig als Metzger und am Wochenende verbringt er seine Freizeit in Kneipen - gemeinsam mit den Kumpels. Sein bester Freund Angie (Joe Mantell) ist immer dabei, denn er ist ebenfalls solo und sucht die passende Frau. Am Wochenende geht man in der Bronx auch in den Stardust Ballroom, dort gibts viele attraktive Frauen und die meisten gehen da nicht alleine heim. Marty passiert das aber immer wieder. Er hat sich fast schon mit seinem ewigen Junggesellendasein abgefunden, da lernt er zufällig die altjüngferlich wirkende Lehrerin Clara (Betsy Blair) kennen. Doch die hat als Mauerblümchen bei Martys Umfeld auch keine guten Chancen...
Am Ende des Films steht ein Telefonat. Und vor diesem Durchbruch gibts eine Menge Körbe für Marty und einige sehr gewitzte Dialoge innerhalb der Familie Piletti. Da lässt die gütige Mama plötzlich einige Giftpfeife ab - eine sehr schwierige Tante (Augusta Ciolli) taucht auch noch auf. Helden der Geschichte sind ein dicklicher Metzger und eine sehr schüchterne Lehrerin auf der Suche nach dem persönlichen Glück. Sehr gut gelungen sind die Locations - einmal das etwas triste Zuhause der Protagonisten, auf der anderen Seite das damalige Nachtleben und Saturday Night Fever ala 50er Jahre. Da ging noch alles sehr gesittet zu....der Film macht Spass, auch heute noch. Für einen Oscar-Gewinner ist er knackig kurz....die vergnüglichen, feinfühligen 91 Minuten Hollywood goes Reality vergehen wie im Flug. Auch das Kinopublikum in den USA mochte den Film...er spielte 3 Millionen Dollar ein. Ein Ergebnis, dass ihn in die Top 20 KinoJahrescharts brachte.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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