Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
Abstieg....
Für den
deutschen Stummfilmregisseur Friedrich Wilhelm Murnau war sein 1924
gedrehtes Werk "Der letzte Mann" das Ticket in die USA.
Murnau
stammt aus Bielefeld und war der Sohn betuchter Fabrikanteneltern, für
die sowohl die Filmambitionen des Sohnes als auch dessen Homosexualität
nicht akzeptabel war. Der Erfolg sprach allerdings für sich. Bereits
"Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens", den Murnau zwei Jahre zuvor
drehte, war ein großer internationaler Erfolg.
In "Der
letzte Mann" spielt Emil Jannings die Rolle eines alten Hotel-Portiers.
Auch Jannings Darstellung wurde im Ausland begeistert gefeiert und wie
Murnau arbeitete auch Jannings im Anschluß an ". Daher ist es nicht ganz
so überraschend, dass er auch 1929 den ersten Oscar als bester
Schauspieler für seine Leistung in Josef von Sternbergs "Sein letzter
Befehl" bekam. Zu Beginn der Tonfilmzeit sank sein Stern in Hollywood,
denn die exaltierten Manierismen der Stummfilmstars wirkten im Tonfilm
eher deplatziert und veraltet. Jannings ging zurück nach Deutschland und
spielte neben Marlene Dietrich in "Der blaue Engel" seine populärste
Rolle als Professor Unrat.
Die Geschichte, die Murnau erzählt ist tragisch und handelt vom
Abstieg, der ohne Vorwarnung den geregelten Alltag des alten Portiers
vom "Hotel Atlantic" in Berlin völlig vernichtet. Denn der alte Portier
ist immer noch sehr stolz auf seine Arbeit und seine prächtige Uniform,
die er dabei trägt, macht mächtig Eindruck. Nicht nur im Hotel selbst,
sondern auch in dem Hinterhofviertel, in dem er wohnt und bei Nachbarn
(u.a. Emmy Wyda) und seinen Verwandten (Maly Delschaft, Max Hiller und
Emilie Kurz) eine echte Respektsperson ist. Man bewundert ihn als einen
Repräsentanten der großen Welt. Als jedoch der Hotelmanager (Hans
Unterkircher) beobachtet, dass der Portier Mühe hat die schweren
Hotelkoffer der Gäste zu tragen, entscheidet er, dass ein jüngerer
Kollege den Posten bekommt. Natürlich will man einen Mann mit dieser
langen Betriebsgehörigkeit nicht gleich feuern - daher wird er von einem
Tag auf den anderen zum Toilettenwärter degradiert. Demütiigung und
Verzweiflung kommen auf, er will auf keinen Fall so in seinem Viertel
erscheinen. Daher entwendet er die Portiersuniform um bei den Menschen
seiner Umgebung den Schein zu wahren. Aber dann wird der Schwindel
aufgedeckt. Der alte Mann erntet Hohn und Verachtung, selbst von seinen
Verwandten. Lediglich der alte Nachtwächter (George John) zeigt
Mitgefühl mit dem gebrochenen Mann...
Durch die entfesselte Kamera von Karl Freund wurde "Der letzte
Mann" zu einem Meilenstein für Filmtechnik. Die UFA zwang Murnau zwar
ein HappyEnd auf, weil man das Publikum nicht mit der nahezu völligen
physischen und psychischen Zerstörung eines alten Menschen aus dem Kino
entlassen wollte. Daher wird dem bösen, aber realistischen Ende ein
"Nachspiel" hinzugefügt, indem man erfährt, dass ein reicher Hotelgast
auf der Herrentoilette starb, der dem ehemaligen Portier sein ganzes
Geld vermacht. Der Regisseur hat dieses Nachspiel bewusst mit Ironie und
Übertriebenheit durchtränkt, dass er die Botschaft des Films "Heute
bist du der Erste, geachtet von allen, ein Minister, ein General,
vielleicht sogar ein Fürst - Weißt Du aber, was Du morgen bist ?" nicht
zerstört. Dieses aufgesetzte HappyEnd wirkt dadurch wie ein schöner
Traum, der Zuschauer weiß aber genau, dass das Leben viel grausamer ist.
Ausserdem hat Murnau entschieden auf die in Stummfilmen üblich
gebräuchlichen Zwischentitel zu verzichten, er lässt einfach die Bilder
sprechen.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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