Dienstag, 12. November 2019

Der letzte Mann

























Regie: Friedrich Wilhelm Murnau

Abstieg....

Für den deutschen Stummfilmregisseur Friedrich Wilhelm Murnau war sein 1924 gedrehtes Werk "Der letzte Mann" das Ticket in die USA.
Murnau stammt aus Bielefeld und war der Sohn betuchter Fabrikanteneltern, für die sowohl die Filmambitionen des Sohnes als auch dessen Homosexualität nicht akzeptabel war. Der Erfolg sprach allerdings für sich. Bereits "Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens", den Murnau zwei Jahre zuvor drehte, war ein großer internationaler Erfolg.
In "Der letzte Mann" spielt Emil Jannings die Rolle eines alten Hotel-Portiers. Auch Jannings Darstellung wurde im Ausland begeistert gefeiert und wie Murnau arbeitete auch Jannings im Anschluß an ". Daher ist es nicht ganz so überraschend, dass er auch 1929 den ersten Oscar als bester Schauspieler für seine Leistung in Josef von Sternbergs "Sein letzter Befehl" bekam. Zu Beginn der Tonfilmzeit sank sein Stern in Hollywood, denn die exaltierten Manierismen der Stummfilmstars wirkten im Tonfilm eher deplatziert und veraltet. Jannings ging zurück nach Deutschland und spielte neben Marlene Dietrich in "Der blaue Engel" seine populärste Rolle als Professor Unrat.
Die Geschichte, die Murnau erzählt ist tragisch und handelt vom Abstieg, der ohne Vorwarnung den geregelten Alltag des alten Portiers vom "Hotel Atlantic" in Berlin völlig vernichtet. Denn der alte Portier ist immer noch sehr stolz auf seine Arbeit und seine prächtige Uniform, die er dabei trägt, macht mächtig Eindruck. Nicht nur im Hotel selbst, sondern auch in dem Hinterhofviertel, in dem er wohnt und bei Nachbarn (u.a. Emmy Wyda) und seinen Verwandten (Maly Delschaft, Max Hiller und Emilie Kurz) eine echte Respektsperson ist. Man bewundert ihn als einen Repräsentanten der großen Welt. Als jedoch der Hotelmanager (Hans Unterkircher) beobachtet, dass der Portier Mühe hat die schweren Hotelkoffer der Gäste zu tragen, entscheidet er, dass ein jüngerer Kollege den Posten bekommt. Natürlich will man einen Mann mit dieser langen Betriebsgehörigkeit nicht gleich feuern - daher wird er von einem Tag auf den anderen zum Toilettenwärter degradiert. Demütiigung und Verzweiflung kommen auf, er will auf keinen Fall so in seinem Viertel erscheinen. Daher entwendet er die Portiersuniform um bei den Menschen seiner Umgebung den Schein zu wahren. Aber dann wird der Schwindel aufgedeckt. Der alte Mann erntet Hohn und Verachtung, selbst von seinen Verwandten. Lediglich der alte Nachtwächter (George John) zeigt Mitgefühl mit dem gebrochenen Mann...




Durch die entfesselte Kamera von Karl Freund wurde "Der letzte Mann" zu einem Meilenstein für Filmtechnik. Die UFA zwang Murnau zwar ein HappyEnd auf, weil man das Publikum nicht mit der nahezu völligen physischen und psychischen Zerstörung eines alten Menschen aus dem Kino entlassen wollte. Daher wird dem bösen, aber realistischen Ende ein "Nachspiel" hinzugefügt, indem man erfährt, dass ein reicher Hotelgast auf der Herrentoilette starb, der dem ehemaligen Portier sein ganzes Geld vermacht. Der Regisseur hat dieses Nachspiel bewusst mit Ironie und Übertriebenheit durchtränkt, dass er die Botschaft des Films "Heute bist du der Erste, geachtet von allen, ein Minister, ein General, vielleicht sogar ein Fürst - Weißt Du aber, was Du morgen bist ?" nicht zerstört. Dieses aufgesetzte HappyEnd wirkt dadurch wie ein schöner Traum, der Zuschauer weiß aber genau, dass das Leben viel grausamer ist.
Ausserdem hat Murnau entschieden auf die in Stummfilmen üblich gebräuchlichen Zwischentitel zu verzichten, er lässt einfach die Bilder sprechen.





Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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