Regie: Roberto Rossellini
Italien wird befreit...
Vom italienischen Wort "Paesano" (Landsmann) abgeleitet,
nannte Roberto Rossellini seinen 1946 entstandenen Film "Paisa". Der
gehört neben "Rom offene Stadt" (1945) und "Deutschland im Jahre Null"
(1948) zu seiner Neorealistischen Trilogie. Alle drei Filme sind als
Chronik der letzten Tage des 2. Weltkriegs und kurz danach zu sehen. Sie
wurden von Rosellini kunstvoll und realistisch eingefangen, ein starker
Hang zur Dokumentation wird sichtbar. Dabei ist "Paisa" auch ein
Episodenfilm. Es sind 6 einzelne Geschichten, das Gesamtbild ergibt ein
schlüssiges Bild zu der Befreiung Italiens, die keinen Triumph darstellt
- sondern eher mit dem Leid der Menschen einhergeht, die für diese
Befreiung im Kampf stecken.
Bild 1: Amerikanische Soldaten landen auf Sizilien. In einer Kirche
entdecken sie verängstigte Bewohner, darunter die junge Carmela
(Carmela Sazio). Da die Deutschen in der Nähe sind, brauchen sie jemand,
der sie durchs Gelände führt. Das junge Mädchen bietet sich an und die
GJs kommen an eine verfallene Burgruine. Dort bleibt Joe (Robert van
Loon) alleine mit dem Mädchen zurück, während seine Kameraden weiter die
Gegend erforschen. Die beiden kommen sich menschlich näher - ein
Scharfschütze der Deutschen schießt auf Joe, der schwerverletzt im
Sterben liegt. Carmela nimmt ein Gewehr, doch auch sie wird von den
Deutschen erschossen. Als die US-Boys zurückkehren, sind die Deutschen
schon wieder verschwunden. Sie entdecken ihren toten Kameraden und
glauben, dass Carmela seine Mörderin war.
Bild 2: In den Straßen von Neapel hält sich der dunkelhäutige
Militärpolizist Joe (John Kitzmiller) auf. Er ist völlig betrunken und
so kann ihm der kleine Pasquale (Alfonsino Pasca) seine Schuhe stehlen.
Am nächsten Tag erkennt Joe den Jungen wieder , er ist wieder auf
Diebestour und er will natürlich die Stiefel zurück. Er nimmt den Jungen
mit und will ihn zu dessen Eltern bringen, die sollen den kleinen Dieb
bestrafen. Doch das Kind hat weder ein Zuhause noch Eltern. Er haust mit
weiteren Obdachlosen in einer Höhle. Schockiert von dieser Armut der
Menschen flüchtet Joe in seinen Jeep und fährt weiter
Bild 3: Nachts in Rom: Ein betrunkener GI (Gar Moore) wird von
einer Prostituierten (Maria Michi) angesprochen. Die nimmt den Mann mit
in ein Hotelzimmer. Dort erzählt der Soldat von dem Tag der Befreiung
Roms, bei dem Einmarsch der Soldaten verliebte er sich in ein Mädchen
namens Francesca, doch er hat sie seither nie mehr gesehen. Sofort wird
der Frau klar, dass sie dieses Mädchen war. Sie hofft auf eine Rückkehr
ins bürgerlicher Leben und erzählt dem betrunkenen Mann, dass sie diese
Francesca kennen würde und auch deren Adresse. Sie verspricht ihm, dass
sie ihm am anderen Tag ein Rendezvous mit seiner Francesca besorgen
könne. Doch es kommt nicht dazu. Während sie hoffnungsvoll wartet, hat
er die Nacht fast vollkommen vergessen und fährt an die Front zurück.
Bild 4: In Florenz arbeitet die amerikanische Krankenschwester
Harriet (Harriet White). Sie liebt den Maler Guido, der nun als
Partisanenführer Lupo für die Freiheit Italiens gegen die Deutschen
kämpft. Sie will ihn unbedingt treffen und macht sich gemeinsam mit
Massimo (Renzo avanzo) ins Kampfgebiet in der Stadt, wo scharf
geschossen wird. Am Ende erfährt sie von einem sterbenden Partisanen vom
Tod ihres Freundes
Bild 5: In Romagna suchen drei Geistliche der US-Army (William
Tubbs, Elmer Feldman, ) Unterschlupf in einem italienischen Kloster,
abseits der Kriegshandlungen - in der Bergen der Romagna gelegen. Dort
führen die Mönche ein äusserst einfaches Leben und vertrauen auf Gott.
Als die Mönche erfahren, dass einer der Geistlichen protestantisch und
ein anderer jüdisch ist, sind sie verzweifelt. Sie wollen unbedingt für
die beiden Ungläubigen beten und fasten und für die Seelen der beiden
Männer beten.
Bild 6: Die Po-Ebene wird hart umkämpft. Im Fluß schwimmt die
Leiche eines Partisanen. Seine Kameraden versuchen den Leichnam zu
bergen. Bevor es zu einem richtigen Gefecht kommt, werden die Partisanen
aber von den Deutschen gefangen genommen. Auch US-Amerikaner werden
gefangen genommen. Gemäß der Genfer Konventionen wird das Leben der
gefangenen US-Soldaten von den Deutschen verschont, die Freischärler
werden aber ertränkt. Einer der Amis (Dale Edmonds) ist total entsetzt
und stürzt sich voller Wut auf die Deutschen, er wird dabei
erschossen...
Diese letzte Sequenz wurde damals in den deutschen Kinos ganz
herausgeschnitten, man wollte dem Publikum keine brutalen
Wehrmachtssoldaten zumuten. Ingesamt ist "Paisa" ein großartiges Zeugnis
seiner Zeit und die Epsioden wirken vor allem als gesammelte Einheit
dieser sechs total unterschiedlichen Impressionen. Keine von den
Episoden sticht total hervor, es gibt aber auch keine schwache Sequenz.
Der große italienische kameramann Otello Martelli hat hier mitgewirkt.
Später arbeitete er noch einmal mit Rosselini in "Stromboli" zusammen.
Er war auch Chefkameramann der Filme "Bitterer Reis", "Die Müßiggänger"
und "La Strada".
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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