Feigling Robert Ford...
Von keinem Geringerem als Jean Luc Godard bekam Samuel Fullers
erster Western "Ich erschoß Jesse James" den Ritterschlag. "Solch
bedrückende Intensität hat es im Kino seit Dreyers Jeanne D`Arc nicht
mehr gegeben" schrieb er als junger französischer Filmkritiker für die
"Cahiers du Cinema". Tatsächlich bietet der Film sehr neurotisch und
glänzt auch durch die klaustrophobische Kameraführung. Füllers Debüt
wurde damals ein Publikums- und Kritikererfolg, vielleicht auch deshalb
weil es Samuel Fuller - der das Genre gar nicht so mochte - viele
Westernregeln einfach über Bord warf und stattdessen einen psychotischen
und tragischen Antihelden präsentiert. Im Grunde hat Andrew Dominik in
seinem gelungenen "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling
Robert Ford" diese Variante 2007 wieder neu aufgelegt. Alle anderen
Jesse James Filme präsentieren eher die Taten des berühmten Banditen und
nicht seinen hinterhältigen Mörder, der ehemals sein Freund war.
Samuel Fullers Verdienst ist es dem tragischen Robert Ford ein
psychologisches Profil zu geben und dies in äusserst vielschichtiger Art
und Weise. Die Geschichte beginnt beim Überfall auf die Bank von
Topeka. Da der Bankangestellte den Alarm auslösen kann, läuft der Raub
nicht mehr reibungslos. Robert Ford (John Ireland) wird schwer verletzt
und Jesse James (Reed Hadley) kann seinen Kumpanen vom Tatort
wegschaffen. Lange braucht der Verletzte, um sich im Haus von Jesse in
St. Joseph, Missouri zu erholen. Jesse lebt dort als Tom Howard ein fast
bürgerliches Leben. Doch Jesse Frau Zee (Barbara Woodell) misstraut dem
Freund ihres Mannes. Robert Ford selbst ist verliebt in das Showgirl
Cynthy Waters (Barbara Britton). Die will aber keinen Banditen heiraten,
sondern ein wohlhabendes, bürgerliches Leben an der Seite eines
angesehen Gatten führen. Dies bringt Robert Ford auf einen Plan, denn
für die Ergreifung von Jesse James winken 10.000 Dollar - tot oder
lebendig. Auch eine Amnestie soll es für den Mann geben, der Jesse ans
Messer liefert. Es kommt zur berühmten Szene aus dem Hinterhalt. Während
Jesse ein Gemälde zurechtrückt, wird er von seinem Freund aus dem
Hinterhalt erschossen. Dies bringt ihm eine große Bekanntheit ein, aber
es gibt für ihn keine 10.000 Dollar, mit 500 Dollar wird der Verräter
abgespeist. Er ist aber ein freier Mann - allerdings scheint die Liebe
von Cynthy durch den Mord erloschen. Denn auch der angesehene John
Kelley (Preston Foster) wirbt um die attraktive Frau und der scheint
eine bessere Partie zu sein, als der geächtete Lover. So bringt der Mord
am Freund Robert Ford kein Glück. Ein Troubadour (Robin Short) singt im
Saloon das Lied vom Feigling. Bob Ford ist der meistverachtete Mann im
Wilden Westen. Gejagt wird er von Franks Bruder Frank (Tom Tyler) und er
fungiert auch als Zielscheibe für schießwütige Jungs, die mit seinem
Tod im Revolverhelden-Ranking weit nach oben aufsteigen wollen....
Auch die Geschichte von Bob Ford ist inzwischen Legende. Fuller hat
sogar einige homoerotische Untertöne eingeflochten, denn auf den
Zuschauer wirkt die Freundschaft zwischen Robert und Jesse extrem innig.
Wenn beispielsweise Jesse seinem Freund einen Verband anlegt oder Bob
Jesse den Rücken wäscht, während der nackt im Waschzuber sitzt. Hier in
dieser Szene deutet sich auch schon der Plan Fords an. Vielleicht auch
wegen diesen verbotenen Gefühlen. Sein letzten Worte gelten auch nicht
seiner Cynthy, sondern dem Mann, den er erschossen hat "ich habe Jesse
James geliebt". So oder so..."Ich erschoß Jesse James" ist bewusst
provokativ angelegt und schräg. Eine der eindrücklichsten Szenen des
Films ist die Show, in die Robert Ford als Schauspieler einsteigt. Dort
wird der feige Mord als Theatervorführung nachgestellt mit dem echten
Mörder, der als es zum entscheidenden Schuß kommen soll, nicht mehr
abdrücken kann.
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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