Regie: Jean Pierre Melville
Der Spieler...
Jean-Pierre Melville wurde am 20. Oktober 1917 in Paris geboren, er
verstarb am 2. Oktober 1973 im Alter von 55 Jahren an einer
Herzattacke. Während des Kriegs, als Soldat in England, begann er sich
für das Medium "Film" zu interessieren. Deshalb gründete er nach dem
Krieg eine Filmgesellschaft und drehte 1947 seinen ersten abendfüllenden
Film "Das Schweigen des Meeres". Seine Kriminalfilme sind heute
legendär. Sie weisen eine starke Strenge und Kühle auf. "Filme sind bei
mir kein Spiegelbild des Lebens, sonders das eines Traums" - so hat er
es selbst beschrieben. Es ist eine eigene Welt schicksalshafter Zwänge
und Besessenheit, die seine Filmfiguren treibt. Sein Stil hatte großen
Einfluss auf die Regisseure der "Nouvelle VAgue" in Frankreich. Er
selbst hat sich zweifelsohne an dem amerikanischen Film Noir orientiert,
aber in seinem ersten Kriminalfilm "Drei Uhr Nachts" aus dem Jahre
1956, erinnert man sich an zwei kurz zuvor entstandenen französische
Krimiklassiker: "Rififi" von Jules Dassin und "Wenn es Nacht wird in
Paris" von Jacques Becker. Dabei greift Melville auf Dassins "Heist"
Motiv zurück und seine Titelfigur "Bob le Flambeur" (Bob, der Spieler)
ist eine ähnlich angesehene Unterweltgröße wie Beckers alternder Gauner
Max, der von Jean Gabin gespielt wird.
In "Drei Uhr Nachts" entschied sich Melville aber für unverbrauchte
Gesichter. Der Spieler Bob Montagne wird von Roger Duchesne gespielt.
Der Mann ist Spieler durch und durch. Er sagt von sich selbst, dass er
bereits mit einem As auf die Welt gekommen ist. Bob ist eine Größe in
seinem Viertel, dem Place Pigalle. Dort lebt er und dort verlässt er
erst im Morgengrauen die Spielhallen, während das normale Volk zur
Arbeit geht. Bob genießt auch ein großes Ansehen bei Kommissar Ledru
(Guy Decomble), der in zwar vor einigen Jahren wegen einem Raub
verhaften musste und ins Gefängnis brachte. Aber es war Bob, der ihm bei
einer Schießerei das Leben gerettet hat. Manchmal hat Bob die Taschen
voller Geld, dann ist er wieder pleite - rien ne va plus. An einem
Morgen lernt er die junge Herumtreiberin Anne (Isabelle Corey) kennen,
die er in seiner Wohnung übernachten lässt. Natürlich ist Bob Gentleman
genug, diese Gefälligkeit ohne Bedinungen zu machen. Er möchte das
Mädchen eher schützen, dass sie nicht unter die Räder kommt. Denn sie
könnte schnell an einen Zuhälter wie Marc (Gerard Buhr) geraten, der
kurz zuvor seine für ihn anschaffende Freundin derb verprügelt hat. Bei
dem früheren Raubüberfall, für den Bob im Knast war, wurde sein bester
Freund getötet. Dessen Sohn Pablo (Daniel Cauchy) ist inzwischen ein
junger Erwachsener und der Schützling von Bob. Als Bob pleite geht, hat
er nach langem wieder den Drang ein Ding zu drehen. Vor allem deshalb
weil ein Exkomplize inzwischen als Croupier im Casino in Deauville
angestellt ist. Der erzählt, dass der Casino-Safe um 5 Uhr morgens in
den Zeiten der Hochsaison sehr oft 800 Millionen Francs in bar
beinhaltet. Grund genug einen raffinierten Plan zu konstruieren und ein
zuverlässiges Team von Berufsverbrechern anzuwerben...
Das Finish von "Drei Uhr Nachts" ist ironisch, auch wenn der Coup
verraten wird und am Ende ein tragisches Opfer fordert. "Drei Uhr
Nachts" spielt auch genüsslich mit den liebgewonnenen Klischees des
Genres, hier werden breitschultrige Gangster, Machosprüche und rasante
Autos aufgeboten, die durch die Straßen von Paris fahren. Der Film fängt
herrlich die Stimmungen dieser Zeit in den 50ern ein, man fühlt sich
irgendwie versetzt in diese andere Zeit, alles wirkt sehr melancholisch
und irgendwie leicht und schön. Die Schwere vieler Vorbilder ist nicht
vorhanden, alles wirkt irgendwie schwebend.
Legendär auch die Entstehung des Films, denn Melville hatte nur ein
sehr geringes Budget zur Verfügung. Viele Einstellung wurden mit der
Handkamera gedreht. Die Drehzeit dauerte insgesamt 2 Jahre, denn der
Regisseur musste um weiterzumachen immer wieder von Neuem Geld
auftreiben. Bereits hier ist in diesem Krimi-Erstling ist der Stil des
Regisseurs schon sehr markant erkennbar, auch wenn die spätere härtere
Gangart noch ausbleibt. Als Kameramann fungierte der große Henri Decae,
einer der rennomiertesten Könner seiner Zunft.Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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