Sonntag, 19. November 2017

Wenn es Nacht wird in Paris

























Regie: Jacques Becker

Der letzte Coup der beiden Freunde...

Jacques Beckers 1954 gedrehter "Wenn es Nacht wird in Paris" gehört zweifelsohne zu den ganz großen französischen Gangsterfilmen aller Zeiten. Neben Melvilles "Drei Uhr Nachts" und "Rififi" von Jules Dassin verstanden es die französischen Filmemacher den Film Noir eindrucksvoll wiederzubeleben,  der im Jahrzehnt zuvor in den USA seine Hochblüte hatte. 
Dabei kopierten Regisseure wie Becker oder Melville nicht einfach ihre amerikanischen Verwandten, sie fügten den Themen und Versatzstücken auch einen typischen franzöischen Touch bei.
Und ideale Schauspieler gabs natürlich auch, um den desillusionierten oder gebrochenen Helden zu spielen.  Vor allem der unvergessene Jean Gabin, der 1937 mit "Pepe le Moko" seine Weltkarriere startete und mit wunderbaren Klassikern des poetischen Realismus wie "Hafen im Nebel", "Bestie Mensch" oder "Der Tag bricht an" bereits damals zur Schauspielerlegende avancierte. Der hatte nach dem Krieg Mühe ein Comeback zu starten, mit "Wenn es Nacht wird in Paris" gelang ihm dies aber in eindrücklicher Weise. Und fortan war er sehr oft in der Rolle des autoritären wie charismatischen Einzelgänger festgelegt.
Der franzöische Originaltitel heißt "Touchez pas au Grisbi" und heißt soviel wie "Hände weg von der Kohle". Gemeint ist das Geld, das die beiden alternden Gangster Max (Jean Gabin) und Riton (Rene Dary) durch einen Raub von Goldbarren im Wert von 50 Millionen Franc in Aussicht haben. Keiner weiß davon - und die beiden sind seit 20 Jahren beste Freunde. Die Beute muss aber noch von einem Hehler abgenommen werden, dafür kommt der Onkel von Max (Paul Cetty) in Frage. Mit dessen Tochter Huguette (Delia Scala) hat Max heimlich eine Affäre. Die beiden Freunde könnten aber im Umgang mit den Frauen nicht unterschiedlicher sein. Während Max die Frauen eher kurz hält und unabhängig bleiben will, ist Riton eher der Gefühlsdusel. Mit der Nachtclubtänzerin Josy (Jeanne Moreau) ist er zusammen, doch die will auch ihre Freiheiten, was Riton nicht so passt. Dagegen würde Lola (Dora Doll), die im selben Club wie Josy tanzt, viel mehr mit Max zusammensein, doch der behandelt sie eher wie Luft. Abends trifft sich das Quartett in den angesagten Clubs der Stadt, sehr oft wird Pierrots (Paul Frankeur) Nachtclub "La Boite" besucht. Dort verkehrt auch der Gangster Angelo (Lino Ventura). Der ist vor allem im lukrativen Drogengeschäft tätig und ist mit seinem Fahrer Fifi (Daniel Cauchy) unzufrieden. Max vermittelt ihm den zuverlässigen Marco (Michel Jourdan). Bevor Max nach Hause geht, erwischt er in der Garderobe der Mädchen Angelo. Der wird von Josy leidenschaftlich geküsst. Soviel zu dem Schicksal älterer, aber gut situierter Herren über 50. Die Frauen sind mit ihnen vor allem wegen dem Geld zusammen. Er bringt es aber vorerst nicht übers Herz seinem Freund Riton etwas davon zu sagen. Auf dem Weg nach Hause wird er verfolgt. Er kann die beiden Verfolger stellen, es sind Angelos Leute. Langsam wird ihm klar, dass Riton in seinem Leichtsinn etwas vom Riesencoup seiner Josy erzählt haben muss. Und die muss wohl Angelo davon berichtet haben. Dann verschwindet Riton...



Jacques Beckers Film vermittelt ein klasse Flair der Pariser Unterwelt in den frühen 50er Jahren. Dies war so authentisch, dass der Gangsterstreifen nicht bei den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurde. Zu unrühmlich wäre das Bild vom Gangsterleben in der Metropole gewesen. Kameramann Pierre Montazels Bilder vom Nachtleben sind hervorragend.
Jacques Beckers Film ist durchgehend spannend, legendär die Szene vom Austausch der Geisel gegen die Goldbarren auf einer einsamen Landstraße. Becker hat aber nicht nur ein gutes Gespür für einen guten Spannungsbogen, er macht seine Figuren - diese beiden älteren Freunde - auch menschlich und zeigt sie bei ganz alltäglichen Dingen, sie sind bedingt durch die Erfahrung und das Alter auch ein bisschen melancholisch geworden. Max muss aber früher ein echte Größe in der Unterwelt gewesen sein - dies macht sich immer wieder bemerkbar, dass er bei allen ein hohes Ansehen genießt und dass ihm die Frauen zu Füßen liegen. Er leistet sich in Beckers Film neben der Tochter des Onkels und der Tänzerin noch eine dritte Geliebte, gespielt von Marlyn Buferd. Lino Ventura gab mit diesem Klassiker sein Filmdebüt.





Bewertung: 10 von 10 Punkten. 
 

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