Regie: Helmut Käutner
Hannes Kröger, der singende Seemann...
Helmut Käutner hat in der Zeit des 2. Weltkrieges vier großartige
melancholische Meisterwerke inszeniert. Der 1940 entstandene "Kleider
machen Leute" wird dabei leider immer etwas übersehen, aber auch er ist
viel mehr als ein grandios bebilderten Filmmärchen. Mit "Romanze in
Moll" war Käutner noch stärker daran interessiert den poetischen
Realismus des französischen Vorkriegsfilm wieder aufleben zu lassen.
Beide Filme weichen von den Mustern nationalsozialistischwer Filmideale
und Idole sehr stark ab. Seine beiden besten Filme entstanden dann in
der Endphase des Krieges, er schuf mit "Unter den Brücken" und "Große
Freiheit Nr. 7" zwei Filme, die in ihrer Betonung des Individuellen
stark dem Weltbild der Nationalsozialsiten widersprachen.
Goebbels
wollte was ganz anderes als er Käutner damit beauftragte den ersten
Agfa-Farbfilm der Terra-Filmgesellschaft zu drehen - es hatte da eine
Würdigung der deutschen Handelsmarine im Sinn mit dem Zugpferd Hans
Albers. Nichts sollte in der Geschichte auf den fortgeschrittenen Krieg
hinweisen, sondern eine besondrs positive Grundstimmung war die Maxime,
man wollte das Volk bei Laune halten.
Der Arbeitstitel "Große
Freiheit" war denn symbolisch viel zu freiheitlich, weshalb die
Filmemacher dann die Hausnummer 7 hinzufügten. Da der fertige Film von
Joseph Goebbels aufgrund seiner Schwermut und seines Pessimismus
abgelehnt wurde, kam die Geschichte von Hannes, dem singenden Seemann,
nicht mehr in die Kinos. Erst nach dem Krieg erlebte der Farbfilm seine
Kinopremiere. Im Nachkriegsdeutschland wurden dann die Handlungsweisen
der Protagonisten als eher moralisch fragwürdig bis verwerflich
angesehen.
Der Film beginnt eher heiter...die Padua hat im
Hamburger Hafen angelegt. Auf dem Schiff befinden sich die Seeleute
Fiete (Gustav Knuth) und Jens (Günther Lüders) , die beide aus Hamburg
sind und der Kölner Seemann Karl (Helmut Käutner). Sie streiten sich
humorvoll welche Stadt nun schöner ist...Hamburg oder Köln. Für Feite
und Jens ist die Entscheidung klar...daher nichts wie auf in die Straße
"Große Freiheit", einer Nebenstraße der Reeperbahn im Rotlichtviertel
von St. Pauli. Dort, im Hippodrom, das von Anita (Hilde Hildebrand)
geleitet wird, tritt der inzwischen in die Jahre gekommenen Hannes
Kröger (Hans Albers) als Sänger und Musiker auf. Früher war er
gemeinsam mit seinen Freunden Feite und Jens ein Seemann mit Leib und
Seele. Er hat sich allerdings vor längerer Zeit schon entschieden an
Land zu bleiben. In dieser Nacht wird Hannes ans Sterbebett seines
Bruders gerufen, mit dem er sich zerstritten hat. Dieser bittet Hannes
er möge sich um seine Geliebte Gisa Häuptlein (Ilse Werner) kümmern, die
er sitzen ließ. Hannes erfüllt diesen letzten Wunsch und besucht die
junge Frau auf dem Land. Er holt das Mädchen zu sich nach Hamburg, lässt
sie in seinem Zimmer wohnen und besorgt ihr eine Arbeit als
Verkäuferin. Eines Abends lernt Gisa den Werftarbeiter Georg Willem
(Hans Söhnker) kennen, der sich gleich in sie verguckt. Sie zeigt ihm
vorerst die kalte Schulter, doch die forsche und freche Art des Mannes
imonieren der jungen Frau auch ein bisschen.
Trotz des
Erfolges auf der Reeperbahn ist Hannes nicht glücklich, aber die junge
Gisa schafft es ihm Hoffnung auf ein ganz neues Leben zu geben...
"Große
Freiheit Nr. 7" setzt einerseits auf schrille, bunte Bilder. Die
bunten, einladenden Revue-Szenen auf der Reeperbahn sollen Frohsinn
erzeugen. Sie sind allerdings immer ummantelt von der Schwere des
Daseins. Die Protagonisten im Hippodrom sind Gestrandete und sie sehnen
sich alle nach ein bisschen Glück....wie dies funktioniert ist etwas,
was man aber nie klar definieren kann. Daher lassen sich die Menschen
treiben. Melancholisch auch die Songs, die Hannes und gelegentlich auch
seine Geliebte und Chefin Anita singen. "Auf der Reeperbahn nachts um
halb eins", "beim ersten mal tut´s noch weh" oder das ganz traurige "La
Paloma", dass ja von der Tragik des Seemanns erzählt, nie seßhaft in
einem Hafen werden zu können, denn die Seemannsbraut bleibt die See. Und
nur ihr kann er treu sein. Die Flucht ins Hippodrom steht daher auch
imer für die Schaffung einer Ablenkung, doch die sehnsüchtigen Gefühle,
der Schmerz lässt sich nicht übersehen. Es wird aber noch tragischer:
Hannes verliert sein Herz an Gisa, die er liebevoll "La Paloma" nennt
und fängt an sich Hoffnungen zu machen. Was er allerdings erst sehr spät
ahnt, ist die sich langsam entwickelnde Romanze seiner Gisa mit dem
jüngeren Willem, dessen Lebensmotto sich bereits in seiner ersten Szene
erkennen lässt. Er ist ein Spieler und liebt die Spielautomaten - als er
Gisa zum ersten Mal seiht, sieht der Zuschauer, was auf dem Automaten
geschrieben steht: "Wer wagt, gewinnt" und dieses Naturell wird sich
gegen Hannes durchsetzen, der am Ende wieder auf der Padua anheuert.
Immerhin ist die Einsamkeit etwas abgemildert, da er die See und seine
alten Kumpels hat. Also gleich ein Lied einstimmen und die Traurigkeit
vertreiben. Es gibt noch tragischere Figuren im Karussell dieses
Lebens. Alleine bleibt die alternde Anita, die von Hannes dann immerhin
noch mit dem Kompliment "Du warst nicht die Schlechteste" verabschiedet
wird.
Für mich ist "Große Freiheit Nr. 7" einer der
leidenschaftlichsten Filme, die je in Deutschland gedreht wurden. Er ist
einfühlsam und beschreibt die universellen Wirrungen des Lebens, er
hegt große Sympathie für alle Figuren seiner Geschichte, die alle diesen
einen, kleinen Moment des Glücks suchen und vielleicht nur eine
Illusion finden.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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