Regie: Leontine Sagan
Schwärmerische Gefühle...
Leontine Sagan wurde als Leontine Schlesinger 1889 in Budapest
geboren. Die österreichisch-ungarische Filmemacherin und
Bühnenregisseurin war jüdischer Abstammung und verließ daher nach ihrem
1931er Welterfolg "Mädchen in Uniform" Deutschland und arbeitete in
London für Alexander Korda Produktiongsgesellschaft. Es entstand der
Film "Men of Tommorrow" - anschließend kehrte die Künsterlin zur
Bühnenarbeit zurück und wanderte im Jahr 1948 nach Südafrika aus. 1974
verstarb Leontine Sagan, die in die Filmgeschichte als eine der ersten
Regisseure, die ein lesbisches Thema behandelte.
Wobei
die Geschichte natürlich etwas versteckt bleibt und die Erzieherinnen
rein oberflächlich betrachtet doch etwas machtlos erscheinen angesichts
dieser vielen für sie schwärmerischen Mädchen.
Dennoch wurde "Mädchen in Uniform" von
der Filmprüfstelle am 1. Oktober 1931 mit einem Jugendverbot belegt. Im
Ausland lief der Film sehr gut. Bis Anfang 1934 spielte er 6 Millionen
Reichsmark ein - demgegenüber stand das relativ geringe Budget von
55.000 Reichsmark. Ein echter Frauenfilm: Unter weiblicher Regie spielen
nur Frauen mit. Und das Drehbuch wurde von Christa Winsloe verfasst.
Der einzige Mann, den man in der Geschichte sehen kann, ist der
Filmschauspieler Hans Albers, dessen Poser eines der Mädchen, die
aufmüpfige Ilse von Westhagen (Ellen Schwanneke) aufgehängt hat.
Ganz
klar begreift sich "Mädchen in Uniform" als Plädoyer für Menschlichkeit
und auch für die vielen Facetten der Liebe. Dies wird von der modernen
Erzieherin Fräulein von Bernburg (Dorothea Wieck) auch einmal vor der
strengen Obein (Emilia Unda) ausgeprochen, die die preußischen Tugenden
hochhält: Zucht und Ordnung. Eiserne Disziplin und Strammstehen vor der
Obrigkeit. So hat die strenge Erziehungsanstalt auch etwas von einer
Kaserne. Selbstzucht und Disziplin sind dort zu unmenschlichem Drill
pervertiert wurden. In einer Passage des Films wird bitter erwähnt, dass
genau diese Eigenschaften nötig sind für das Heimatland.
In
vielen Filmen der Weimarer Republik lassen sich die zukünftigen
Strömungen schon erahnen und eine gespenstische Aura scheint in der Luft
zu liegen. So auch hier beim Treiben im Mädchenstift für verarmte
höhere Töchter in Potsdam. In der Küche wird gespart, die Kinder haben
oft Hunger.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde Sagans
Film dann auch verboten und nur zur Vorführung im Ausland zugelassen.
Wahrscheinlich ging es gar nicht mal so sehr um die subtile Verarbeitung
des lesbischen Themas, schwer wog die Darstellung der preußischen
Unbarmherzigkeit und die damit verbundene starke Kritik an Autorität,
Obrigkeit und eiserner Disziplin.
Nach dem Tod ihrer Mutter
wächst die junge Manuela von Meinhardis (Hertha Thiele) zunächst bei
ihrer Tante Exzellenz von Ehrenhardt (Gertrud de Lalsky) auf. Doch die
bringt die Tochter eines Offiziers nun in einer Erziehungsanstalt unter,
die nach außen einen guten Ruf hat.
Kein Wunder, denn
kritische Briefe der Zöglinge nach draußen werden einer strengen
Kontrolle unterzogen und von der Oberin gelesen. Negative Passagen über
die Anstalt sind nicht erlaubt und führen zu harten Strafen. Die jungen
Mädchen sind im schwärmerischen Alter und so ist es nicht ganz
verwunderlich, daß besonders die hübsche Erzieherin Fräulein von
Bernburg von den pubertierenden Teens schwärmerisch verehrt wird. Bei
Manuela könnte vielleicht auch noch die fehlende Mutter eine Rolle
spielen, jedenfalls fühlt sich die 14jährige sehr stark zu ihrer
Lehrerin hingezogen und wartet auf jede Gelegenheit bei ihrem Schwarm zu
sein. Im Unterricht versagt sie gerade bei ihrer Angebeteten, es ist
die Aufregung. Sie wartet schon sehnsüchtig auf den Gute Nacht Kuß vor
dem Schlafengehen, der allen Mädels zuteil wird. Fräulein von Bernburg
ist die modernste Erzieherin, sie setzt bei ihren Methoden auf die
"Liebe" - während andere Erzieherin von diesen neuen Strömungen
sichtlich irritiert sind. So werden zwar deren Erfolge bei den Teeangers
durchaus gewürdigt, aber immer wieder wird sie von ihren Kolleginnen
wie Fräulein von Kesten (Hedwig Schlichter) kritisch beäugt. Als
Fräulein von Bernburg Manuela einen Ersatz für ihre zerschlissenen
Sachen eines ihrer eigenen Unterhemden schenkt, führt dies zu einer
Verstärkung der Gefühle. Als Manuela dieser Verehrung bei einer
Schulfeier allzu offen Ausdruck gibt, da sie auch etwas getrunken hat.,
kommt es sofort zu Mißdeutungen und natürlich zum ulltimativen Skandal.
Das verdorbene Kind wird auf Geheiß der reaktionären Oberin von den
anderen isoliert und eingesperrt....
"Mädchen in Uniform" wirkt
vielleicht heute etwas harmloser als zu seiner Entstehung. In der
damaligen Zeit muss so ein Stoff aber regelrecht mutig gewesen sein,
selbst wenn er sich versteckt darbietet. Aber die unterschiedlichsten
Interpretierungsmöglichkeiten waren gegeben. Was empfindet Fräulein von
Bernburg tatsächlich ? Ist es nur Fürsorge ? Und ist Manuelas
Schwärmerei nur eine vorübergehende Phase, die vergeht ? Eine Phase
irritierender jugendlicher Gefühle ?
Darüberhinaus wirkt die
Milieu- und Charakterschilderung doch unvermndert stark. Alle
Schauspielerinnen sind sehr gut in ihren Rollen. Stark auch das Ende,
bei dem die junge Erzieherin die Sicherheit ihrer Position verlassen
muss. Ein Risiko, dass sie allerdings ihrem Gewissen schuldig ist und
durch das Eingreifen doch noch in letzter Sekunde die Katastrophe
verhindert, die eine Schuld bis zum Lebensende zur Folge gehabt hätte.
Leontine Sagan hat diesen einen Moment des Schwankens sehr kraftvoll
eingefangen und so wurde der Film ein großartiger Klassiker des
deutschen 30er Jahre Kinos.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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