Sonntag, 1. Dezember 2019
Der Reigen
Regie: Max Ophüls
Das älteste Karussell der Welt...
Das Bühnenstück "Der Reigen" von Arthur Schnitzler hatte am 23. Dezember 1920 am Kleinen Schauspielhaus in Berlin seine Uraufführung und wurde in Folge einer der größten Theaterskandale des 20. Jahrhunderts. Bereits 2 Monate nach der Premiere kam es in der Hauptstadt zu Ausschreitungen, nachdem ein hoher Beamter der Berliner Polizei eine systematische Hetze gegen die Aufführungen auf den Weg gebracht hatte. Theaterleiter und Darsteller wurden daraufhin wegen unzüchtigen Handlungen im s.g. "Reigen Prozess" vor Gericht gestellt. Das Stück zeigt 10 erotische Episoden, die alle mit dem Geschlechtsverkehr enden, allerdings wird der Akt nie gezeigt, sondern nur angedeutet.
Von dem skandalreichen Stück gab es mehrere Verfilmungen. Die bekannteste stammt aus dem Jahr 1950 und wurde von Max Ophüls gedreht. Der ergänzte die Handlung durch die Figur eines Conferenciers, der auf einem Karussell erscheint und den Zuschauer durch das Wien um das Jahr 1900 führt. Verkörpert wird dieser Spielleiter von Adolf Wohlbrück, der diesen endlosen Walzer singend und manchmal auch mit einem Kommentar begleitet.
Die erste Episode heißt "Die Dirne und der Soldat" und zeigt eine Prostituierte (Simone Signoret), die sich dem Soldaten Franz (Serge Reggiani) angelt und mit diesem unter der Brücke eine sehr schnelle Nummer absolviert. Der Soldat verschwindet weil Zapfenstreich ist und ist auch mit einem Stubenmädchen Marie (Simone Simon) liiert. Die ist verliebt in ihn, doch er sieht dies eher als Flirt und beide machen Liebe in den Auen, die in der Nähe des Praters sind. Das Mädchen verliert ihre Stellung, weil sie zu spät heimkommt, doch in der neuen Stellung geht es ihr ganz gut. Vor allem Alfred, der Sohn des Hauses (Daniel Gelin) ist an ihr interessiert. An einem Nachmittag, als seine Eltern ausgegangen sind, passiert das Unvermeidliche. Stille Wasser sind tief, denn der Sohn hat auch eine Affäre mit einer verheirateten Frau namens Emma (Danielle Darrieux), die sich mit dem jungen Kerl heimlich trifft. Ihr Ehemann Charles (Fernand Gravey) ist fest von der Treue seiner Ehefrau überzeugt, er selbst hat nichts gegen einen Seitensprung und so lädt er Anna, das süße Mädel (Odette Joyeux) ins Extrazimmer eines Gasthauses ein. Die trifft sich auch mit einem Dichter (Jean Louis Barrault), der sich auch zur der Schauspielerin Charlotte (Isa Miranda) hingezogen fühlt und sich mit ihr trifft. Die lädt einen Grafen (Gerard Philippe) ein, sie im Bett zu besuchen. Der betrinkt sich an diesem Abend und landet im Bett der Prostituierten, die wir am Anfang des Reigens kennenlernten und mit der sich auch dieser Reigen wieder schließt...
Aus heutiger Sicht fragt man sich natürlich was die Menschen damals in diesem "Reigen" sahen. Auch in der Entstehungszeit des Films, im Jahr 1950, war die Gesellschaft eher prüde. Heute ist dieser Reigen fest im Alltag integriert und er braucht auch keine Heimlichkeiten mehr. Ein Indiz dafür, dass sich der Mensch und seine Bedürfnisse nicht geändert hat, wohl aber die gesellschaftliche Akzeptanz von Lust und Sexualität. Zum Glück. Darüberhinaus gelang Ophüls einmal mehr ein treffendes Bild der Moral in der Gesellschaft des Fin de siécle. Sein Reigen umfasst auch sämtliche Gesellschaftsschichten, von ganz unten bis ganz oben. Alles ist atmosphärisch dicht und hat eine schöne Leichtigkeit zu bieten, die den Moment zelebriert und dennoch auf die Vergänglichkeit des Menschen hinweist. Die Musik von Oscar Straus verstärkt diese Dramaturgie.
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