Regie: Rudolf Jugert
Gefährliche Begegnung....
Der deutsche Filmpreis wird seit 1951 vergeben. Erster Preisträger war Josef von Bakys Verfilmung von Erich Kästners "Das doppelte Lottchen". Bei der zweiten Vergabe 1953 konnte sich Rudolf Jugerts Film "Nachts auf den Straßen". Er wurde nicht nur als bester Film des Jahres ausgezeichnet, auch die beiden Drehbuchautoren Helmut Käutner und Fritz Rotter konnten sich als Sieger durchsetzen. Rudolf Jugert bekam den Preis als bester Regisseur des Jahres. Der Film im Noir Stil zählt bis heute zu den herausragenden deutschen Filmen der frühen 50er Jahre - leider wird die Qualität durch den sehr konventionellen Schluß etwas gemindert. Die Hauptdarsteller sind aber Hans Albers und Hildegard Knef und beide liefern eine der besten Vorstellungen ihrer Karriere ab. Und Kameramann Vaclav Vich (bebilderte auch Peter Lorres verkanntes Meisterwerk "Der Verlorene") hat eine klare Vorstellung wie man aus dieser Geschichte optisch einen Vertreter der schwarzen Serie machen kann. Erstmalig im Nachkriegskino wird ein Mann gezeigt, der durch Marihuana extrem stoned ist, zumindest ist mir kein einziger Film (auch kein amerikanischer) dieser Zeit bekannt, der den Konsum von Drogen gezeigt hat. Marius Goring ist der Darsteller des kriminellen Musikers Kurt Willbrand. Mit diesem Tabubruch stellt "Nachts auf den Straßen" auch ein Gegengewicht zu der damaligen deutschen Heilewelt-Kinos her. "Grün ist die Heide" oder "Der Förster vom Silberwald" waren die Tophits in den deutschen Lichtspielhäusern. Er ist "Nachts auf den Straßen unterwegs", der 55jährige Fernfahrer Werner Schlüer (Hans Albers) aus München-Grünwald. Er hat es nach dem Krieg geschafft sich als Fernfahrer selbständig zu machen und auch ganz gut damit zu verdienen. Er ist beinahe schon ein Kind des Wirtschaftswunders und auch privat kann er mit Anna (Lucie Mannheim) auf 25 Jahre Ehe zurückblicken. Die Tochter Lieschen (Karin Andersen) hat gerade Hochzeit mit Hans Brunnhuber (Peter Martin Urteil) gefeiert und verlässt das Haus, weil sie Flitterwochen am Bodensee machen wollen. Nach dem Fest steigt Schlüter in den Lastwagen und will nach Frankfurt für eine Tour. Unterwegs wird er von einem Raser überholt. Kurze Zeit später kommt Schlüter zu einer Unfallstelle, der Raser liegt tot auf der Straße. Sein Wagen hat einen Totalschaden. An der Unfallstelle findet der Fernfahrer ein Bündel Geldscheine, die dem Toten gehört haben. Dieses Geld - insgesamt 20.000 DM - steckt er ein und verschweigt auch der Polizei, die kurze Zeit später am Unfallort eintrifft, von seinem Fund. Er fährt weiter und träumt, dass er nun endlich Geld hat seiner Frau einen Pelz zu kaufen oder die Schulden auf einen Schlag abzubezahlen. Er nimmt in dieser Nacht noch die 24jährige Anhalterin Inge (Hildegard Knef) mit. In Frankfurt trennen sie sich. Doch Inges Freund Kurt (Marius Goring) hätte da Verwendung für einen Fernfahrer, der bei einem Schmuggel von Pelzen mitmachen soll. Daher setzt er seine Freundin auf den Mann an und tatsächlich kommt es nach vorsichtigem Flirt zu einer heimlichen Liebesbeziehung zwischen Werner und Inge...
Die Frau ahnt natürlich etwas und der Film zeigt den Zwiespalt, in dem der 55jährige Mann steckt. Er liebt seine Frau, die Verlässlichkeit, die Kameradschaft - aber auch das Gefühl zu Inge, dass ihn wieder jung werden lässt. Zudem hat er Geld und er kann verschenken. Die kriminellen Pläne entwickeln sich aber anders, da Inge sich in den älteren Verehrer verliebt. "Nachts auf den Straßen" zeigt einerseits eine deutsche Gesellschaft, die wieder positiv in die Zukunft blickt, andererseits werden aber auch die Verlierer dieser Zeit gezeigt. Marcus und seine Freunde, sie verdienen ihren Lebensunterhalt mit krummen Dingern und Freundin Inge erscheint auch wenig gefestigt. Der Halt, den ihr der reife Mann bietet, gefällt ihr jedenfalls - es ist eine Alternative zum unsteten Leben mit ihrem Freund. Jugerts Inszenierungsstil setzt auf Realismus und Schnörkellosigkeit. Der Alltag in Frankfurt wirkt sehr realistisch.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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