Regie: John und Ray Boulting
Staatsfeind Nr. 1....
Die Zwillingsbrüder John und Ray Boulting drehten viele ihrer Filme
gemeinsam. Die bekanntesten Werke sind sicherlich "Brighton Rock" bei
dem John Regie führte und Roy produzierte den Noir Film. Johns beste
Arbeit dürfte "Teufelskreis Y" mit Hayley Mills in der Hauptrolle sein.
Gemeinsam drehten sie 1950 den Atomthriller "Eine Stadt hält den Atem
an", der sowohl für den Goldenen Löwen als auch für den BAFTA Award
nominiert war. Für das Drehbuch dieses Films erhielten die beiden sogar
den Drehbuch Oscar.
Die Verwandtschaft mit dem Noir Thriller ist vor allem dem Stil des
Films geschuldet - die beiden Boultings schaffen es ein Szenario zu
zeigen, dass eine stark vom Krieg geprägte brüchige Generation zu
zeigen, die mit akutellen Zukunfsängsten konfrontiert wird. Der kalte
Krieg in einem Frühstadium, der Staat sieht einzig und allein in einer
atomaren Aufrüstung das Mittel der Wahl um sich vor potentiellen
Angreifern zu schützen. Ein einzelner Mann wird zum Mittelpunkt des
Geschehens, weil er nach langem Hin- und Her, nach langer
Auseinandersetzung mit der Materie eine Entscheidung getroffen hat, die
ihn zum Aussenseiter, zum Staatsfeind Nr. 1 macht - ausgegrenzt und
vereinsamt irrt dieser Mann durch London, bereit eine nukleare Bombe zu
zünden. Es handelt sich um den Atom-Wissenschaftler Professor John
Willindon (Barry Jones), der bis gestern ein scheinbar gut bürgerliches
Leben führt, aber weder seine Frau (Marie Ney) noch seine Tochter Ann
(Sheila Manahan) auch nur die leiseste Ahnung davon haben, welch
zerstörerischer Plan sich in seinem Kopf entwickelt hat. Willington ist
ein leitender Forscher der britischen Atomwaffenentwicklungseinrichtung,
der irgendwann im Laufe der Zeit erkannt hat, dass er eher einen
Beitrag für die Zerstörung leistet als für den Frieden.
Konsequenterweise sieht der intelligente und sensible Akademiker sein
Ziel jetzt darin diesen Teufelskreis zu zerstören, indem er von der
Regierung die sofortige Vernichtung aller Atomwaffen fordert - ansonsten
müsse er zu dem drastischen Mittel greifen das Regierungsviertel von
London mit Oppenheimers tödlichem Spielzeug zu zerstören. Scotland Yard
Ermittler Folland (Andre Morell) nimmt die Ermittlungen auf. Es gilt den
verschwundenen Wissenschaftler, der die Bombe in einer Tasche mit sich
führt, so schnell wie möglich zu finden und ihn unschädlich zu machen.
Eine Woche hat der Inspektor Zeit, dann geht die Bombe hoch. Willingtons
Assistent Stephen Lane (Hugh Cross), der mit Willingtons Tochter
befreundet ist, hilft der Polizei bei der Suche. Währenddessen lernt
Willington den ehemaligen Bühenstar Goldie (Olive Sloane) mit ihrem Hund
kennen. Die Frau bietet ihm an, dass er eine Nacht in ihrer Wohnung
verbringen kann...
1950 - fünf Jahre nach dem Abwurf der Atombombe auf Hiroshima und
Nagasaki stand die Welt immer noch unter dem Einfluss der schockierenden
Waffe, die insgesamt einer viertel Million Menschen das Leben kostete.
Die Brüder Boulting verzichten darauf den radikalen Einzelgänger als
Böse darzustellen. Ganz im Gegenteil: Sie zeigen die große Zerrissenheit
dieses Protagonisten, in dessen Psyche sich ein Wandel vollzog. In
einigen Szenen wird angedeutet, dass die Auseinandersetzung mit der
verheerenden Waffe ihn auch psychiatrisch krank werden ließ. Er ist eine
tragische Figur, die von dem Briten Barry Jones sehr gut dargestellt
wird.
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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