Regie: Douglas Sirk
Gedichte des Mörders...
Der UFA-Regisseur Detlef Sierk verließ Deutschland 1937, da seine
Frau Hilde Jary Jüdin war. Er hielt sich zuerst in Frankreich auf,
später siedelte er in die USA um. Dort nannte er sich um in Douglas Sirk
und versuchte sich zunächst als Drehbuchautor. Es dauerte aber bis 1943
mit seiner ersten Regiearbeit. Die MGM verpflichtete ihn für den
Anti-Nazi Film "Hitlers Madman", der von Reinhard Heyrich handelte.
"Sommerstürme" brachte ihm gute Kritiken ein und bevor er in den 50er
Jahren mit seinen Technicolor-Melodramen wie "Solange es Menschen gibt",
"In den Wind geschrieben" oder "Was der Himmel erlaubt" Weltruhm
erlangte, versuchte er sich auch Ende der 40er Jahre im Genre der
schwarzen Serie. Dabei sind beide vielleicht etwas zu soft und
unentschlossen um zu den besten Arbeiten in dieser Filmgattung zu
zählen, aber beide Filme sind es wert, dass man einen Blick darauf
wirft. Der bekanntere ist sicherlich "Schlingen der Angst", in dessen
Verlauf Don Ameche versucht seine ahnungslose Frau, gespielt von
Claudette Colbert, in den Wahnsinn zu treiben. Ein paar Monate früher
entstand "Angelockt" - ein Serienkillerfilm, der im vernebelten London
spielt.
Seit längerem beschäftigt dort ein Mörder die
Männer von Scotland Yard. Doch selbst der versierte Inspektor Harvey
Temple (Charles Coburn) ist ratlos. Es gibt nur wenige Anhaltspunkte.
Immerhin ist bekannt, dass der Serienkiller im Vorfeld seiner geplanten
Morde verschlüsselte Gedichte an die Behörde schreibt. Darin enthalten
sich Hinweise auf seine bevorstehenden Taten. Man kann zwar schnell die
Eigenheiten der Schreibmaschine erfassen, aber eine Entschlüsselung
scheint kaum möglich. Immerhin wird ersichtlich, dass der unbekannte
Mörder ein Fan des Dichters Charles Baudelaire sein muss. Dessen Stil
versucht er in seinen Reimen zu kopieren. Doch schon wieder verschwindet
mit Lucy Barnard (Tanis Chandler) ein weiteres Mädchen. Ihre beste
Freundin Sandra Carpenter (Lucille Ball) ist ebenso wie die Vermisste
eine Taxitänzerin. Sandra nimmt Kontakt mit der Polizei auf und erzählt
davon, dass Lucy von einem Rendezvous berichtete, dass sie mit diesem
Mann ihrer Träume ein neues Leben beginnen würde. Kennengelernt habe sie
diesen "John" über eine Kontaktanzeige, die sie in der Zeitung gelesen
und auf die sie sich gemeldet habe.
Sandra kann der Polizei
zwar nicht mit weiteren wichtigen Informationen dienen, aber durch ihr
attraktives Äusseres scheint sie genau der Typ Frau zu sein, den die
Polizei als Lockvogel für den Killer benötigt. So wird Sandra spontan
von Temple eingestellt. Sandra geht auf das Angebot ein, obwohl sie ein
Vorstellungsgespräch bei dem Nachtclubbesitzer Robert Fleming (George
Sanders) gehabt hätte. Stattdessen trifft sie sich mit Männern, die über
eine Kontaktanzeige in der Zeitung nach einer jungen Frau Ausschau
halten. Schon sehr bald erweist sich dieser Job als recht
aussergewöhnlich und bisweilen auch als gefährlich, denn Männer wie
Charles van Druten (Boris Karloff), Lyle Maxwell (Alan Mowbray) oder Dr.
Moriany (Joseph Calleia) haben sonderbare Wünsche. Doch kommen sie auch
als Täter in Frage ? Bei einem dieser Verabredungen lernt sie zufällig
auch Fleming kennen und...lieben. Nach kurzer Zeit zieht sie in sein
Junggesellendomizil, dass er bislang mit seinem besten Freund und
Geschäftspartner Julian Wilde (Cedric Hardwicke) teilt...
"Lured"
- so der Originaltitel von "Angelockt" wirkt optisch sehr gut mit den
stimmungsvollen Fotografien durch den Kameramann William H. Daniels. Der
Film ist eine Art Remake des französischen Thrillers "Mädchenhändler"
von Exil-Regisseur Robert Sidomak. London erscheint typischerweise im
Nebel und so entsteht auch eine gotisch angehauchte Bildmagie, bei der
der Zuschauer sofort an Jack the Ripper denkt. An einer immensen
Spannung ist Douglas Sirk aber weniger interessiert, daher gestaltet
sich die Mördersuche auch etwas skurril und humorvoll, wenn man an die
bizarre Einlage von Boris Karloff denkt. Zunehmend dichter gestaltet
sich die Geschichte aber mit der Liebesgeschichte, denn hier kann
Douglas Sirk der interessantesten Figur der Geschichten Konturen geben.
Natürlich braucht es dazu auch einen brillianten britischen
Theater-Darsteller wie Sir Cedric Hardwicke, der als Julian Wilde eine
oscarreife Darstellung bietet.
Insgesamt erweist sich
"Angelockt" als sehr stimmungsvoller Krimiklassiker, der leider in
Vergessenheit geraten ist, aber prächtige Midnight-Movie Unterhaltung
bietet.
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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