Montag, 25. Januar 2016

Angelockt

























Regie: Douglas Sirk

Gedichte des Mörders...

Der UFA-Regisseur Detlef Sierk verließ Deutschland 1937, da seine Frau Hilde Jary Jüdin war. Er hielt sich zuerst in Frankreich auf, später siedelte er in die USA um. Dort nannte er sich um in Douglas Sirk und versuchte sich zunächst als Drehbuchautor. Es dauerte aber bis 1943 mit seiner ersten Regiearbeit. Die MGM verpflichtete ihn für den Anti-Nazi Film "Hitlers Madman", der von Reinhard Heyrich handelte. "Sommerstürme" brachte ihm gute Kritiken ein und bevor er in den 50er Jahren mit seinen Technicolor-Melodramen wie "Solange es Menschen gibt", "In den Wind geschrieben" oder "Was der Himmel erlaubt" Weltruhm erlangte, versuchte er sich auch Ende der 40er Jahre im Genre der schwarzen Serie. Dabei sind beide vielleicht etwas zu soft und unentschlossen um zu den besten Arbeiten in dieser Filmgattung zu zählen, aber beide Filme sind es wert, dass man einen Blick darauf wirft.  Der bekanntere ist sicherlich "Schlingen der Angst", in dessen Verlauf Don Ameche versucht seine ahnungslose Frau, gespielt von Claudette Colbert, in den Wahnsinn zu treiben. Ein paar Monate früher entstand "Angelockt" - ein Serienkillerfilm, der im vernebelten London spielt.
Seit längerem beschäftigt dort ein Mörder die Männer von Scotland Yard. Doch selbst der versierte Inspektor Harvey Temple (Charles Coburn) ist ratlos. Es gibt nur wenige Anhaltspunkte. Immerhin ist bekannt, dass der Serienkiller im Vorfeld seiner geplanten Morde verschlüsselte Gedichte an die Behörde schreibt. Darin enthalten sich Hinweise auf seine bevorstehenden Taten. Man kann zwar schnell die Eigenheiten der Schreibmaschine erfassen, aber eine Entschlüsselung scheint kaum möglich. Immerhin wird ersichtlich, dass der unbekannte Mörder ein Fan des Dichters Charles Baudelaire sein muss. Dessen Stil versucht er in seinen Reimen zu kopieren. Doch schon wieder verschwindet mit Lucy Barnard (Tanis Chandler) ein weiteres Mädchen. Ihre beste Freundin Sandra Carpenter (Lucille Ball) ist ebenso wie die Vermisste eine Taxitänzerin. Sandra nimmt Kontakt mit der Polizei auf und erzählt davon, dass Lucy von einem Rendezvous berichtete, dass sie  mit diesem Mann ihrer Träume ein neues Leben beginnen würde. Kennengelernt habe sie diesen "John" über eine Kontaktanzeige, die sie in der Zeitung gelesen und auf die sie sich gemeldet habe.
Sandra kann der Polizei zwar nicht mit weiteren wichtigen Informationen dienen, aber durch ihr attraktives Äusseres scheint sie genau der Typ Frau zu sein, den die Polizei als Lockvogel für den Killer benötigt. So wird Sandra spontan von Temple eingestellt. Sandra geht auf das Angebot ein, obwohl sie ein Vorstellungsgespräch bei dem Nachtclubbesitzer Robert Fleming (George Sanders) gehabt hätte. Stattdessen trifft sie sich mit Männern, die über eine Kontaktanzeige in der Zeitung nach einer jungen Frau Ausschau halten. Schon sehr bald erweist sich dieser Job als recht aussergewöhnlich und bisweilen auch als gefährlich, denn Männer wie Charles van Druten (Boris Karloff), Lyle Maxwell (Alan Mowbray) oder Dr. Moriany (Joseph Calleia) haben sonderbare Wünsche. Doch kommen sie auch als Täter in Frage ? Bei einem dieser Verabredungen lernt sie zufällig auch Fleming kennen und...lieben. Nach kurzer Zeit zieht sie in sein Junggesellendomizil, dass er bislang mit seinem besten Freund und Geschäftspartner Julian Wilde (Cedric Hardwicke) teilt...


 "Lured" - so der Originaltitel von "Angelockt" wirkt optisch sehr gut mit den stimmungsvollen Fotografien durch den Kameramann William H. Daniels. Der Film ist eine Art Remake des französischen Thrillers "Mädchenhändler" von Exil-Regisseur Robert Sidomak. London erscheint typischerweise im Nebel und so entsteht auch eine gotisch angehauchte Bildmagie, bei der der Zuschauer sofort an Jack the Ripper denkt. An einer immensen Spannung ist Douglas Sirk aber weniger interessiert, daher gestaltet sich die Mördersuche auch etwas skurril und humorvoll, wenn man an die bizarre Einlage von Boris Karloff denkt. Zunehmend dichter gestaltet sich die Geschichte aber mit der Liebesgeschichte, denn hier kann Douglas Sirk der interessantesten Figur der Geschichten Konturen geben. Natürlich braucht es dazu auch einen brillianten britischen Theater-Darsteller wie Sir Cedric Hardwicke, der als Julian Wilde eine oscarreife Darstellung bietet.
Insgesamt erweist sich "Angelockt" als sehr stimmungsvoller Krimiklassiker, der leider in Vergessenheit geraten ist, aber prächtige Midnight-Movie Unterhaltung bietet.


Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.

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