Regie: William Wyler
Am Washington Square...
Henry James Roman "Die Erbin vom Washington Square" erschien 1881 erstmals in Buchform und wurde bereits zweimal verfilmt. Die letzte Verfilmung war im Jahr 1997 durch Agnieszka Holland mit einer grandiosen Jennifer Jason Leigh, die aber nicht verhindern konnte, dass dem Film an der Kasse kein sonderlicher Erfolg beschieden war. Da war die frühe Verfilmung des Jahres 1949 weitaus erfolgreicher. Insgesamt 8 Oscarnominierungen (Bester Film, Beste Regie, Nebendarsteller Ralph Richardson, Beste Kamera, Beste Filmmusik, Bestes Szenenbild, Beste Kostüme und beste Hauptdarstellerin) konnten errungen werden und vier davon führten auch zum Sieg. Die Kostüme von Edith Head und Gile Steele, Aaron Coplands Musik, die Ausstattung und natürlich die wunderbare Olivia de Havilland in ihrer tragischen Rolle als Catherine Porter.
Olivia de Havilland wurde am 1. Juli 1916 geboren und wie bei Kirk Douglas (geboren am 9. Dezember 1916) steht in diesem Jahr der 100. Geburtstag bevor.
Regie führte der im Jahr 1902 in Mülhausen, Elsass (damals deutsches Kaiserreich) geborene Filmemacher. Wyler war in vielfältigen Genres tätig und hat insgesamt 12 Mal eine Nominierung als bester Regisseur erhalten. Dreimal konnte er ihn gewinnen. Im Jahr 1943 für "Mrs. Miniver", 1947 für "Die besten Jahre unseres Lebens" und 1960 für seinen berühmten Monumentalfilm "Ben Hur". In seiner Filmografie finden sich hervorragende Klassiker wie "Sackgasse", "Jezebel", "Wuthering Heights", "Geheimnis von Malampur", "Die kleinen Füchse", "Polizeirevier 21", "Weites Land" oder "Ein Herz und eine Krone". Auch "Die Erbin" gehört zu den großen Highlights seines Schaffens. Getragen wird der Film natürlich von der überragenden Darstellerleistung von Olivia de Havilland und ihren Co-Stars Ralph Richardson, Montgomery Clift und der Nebendarstellerin Miriam Hopkins, die alle eine ausgezeichnete Leistung erbringen.
Wyler hielt sich vor allem an das Theaterstück "The Heiress" von Ruth und Augustus Goetz, die den Roman von Henry James für die Bühne leicht veränderten.
Dies kommt der Figur der Catherine aber nur zugute - denn dadurch wird auch ihr Hass spürbar. Vor allem bei der Szene, in der sie sich weigert an das Totenbett des Vaters zu kommen, der nach ihr gerufen hat und in der Schlußszene, wo sie sich raffiniert an ihrem Liebhaber rächen wird. So verändert sich Catherine (Olivia de Havilland), das einzige Kind des angesehen Dr. Sloper (Ralph Richardson). Die Mutter starb kurz nach Catherines Geburt am Wochenbett. Sie soll sehr schön gewesen sein, wie der Vater immer wieder erzählt. Nicht so ein unscheinbares Mauerblümchen wie Catherine. Auch dies ist immer wieder ein Thema, dass der Vater anbringt. Die junge Frau ist wenig selbstsicher, in Gesellschaft sehr schüchtern und manchmal auch recht unbeholfen, simpel und nicht mit den raffinierten Attributen einer Dame ausgestattet. Dafür aber gutherzig und ehrlich und sie kann gut sticken. Das alles enttäuscht aber die Erwartungen ihres Vaters. Denn Dr. Austin Sloper, Anfang Fünfzig, ist in seinem Beruf äusserst erfolgreich und reich. Gegenüber Catherine ist er oft ironisch, manchmal auch abwertend, ohne dass es ihm wirklich bewusst ist. Der intelligente und sehr von sich überzeugte Mann wird von Catherine auch manchmal wegen seiner dominanten Art gefürchtet. Doch sie liebt den Vater. Das tut der Vater schon auch, doch unterbewusst wirft die Tochter immer den Gedanken an den Verlust seiner wunderschönen Frau auf, ein Schuldvorwurf steht immer latent im Raum. Slopers Schwester Lavinia Penniman (Miriam Hopkins) ist Witwe und kinderlos geblieben. Sie hat romantische Vorstellungen und nimmt sich Catherine an. Sie ist überzeugt, dass Catherine Unterstützung braucht andere junge Menschen kennenzulernen. Ein paar Anstupser in diese Richtung, auf Gesellschaftsbälle gehen und vor allem sich nich absondern. Tatsächlich lernt Catherine auf einem dieser Bälle den jungen, gutaussehenden Morris Townsend (Montgomery Clift) kennen, der irgendwie Gefallen an ihr findet. Er hat eine kleine Erbschaft gemacht, das ganze Geld aber für eine ausgedehnte Reise durch Europa durchgebracht und lebt jetzt bei seiner Schwester Mrs. Almond (Betty Linley). Der junge Mann will auf jeden Fall Catherine wiedersehen und scheint verliebt in sie zu sein. Tatsächlich erwidert die junge Frau nach ein paar Tagen des Zögerns seine Gefühle Aber für den strengen Vater ist Morris ein Mitgiftjäger, der es auf das beträchtliche Vermögen von Catherine abgesehen hat. Sie ist durch das Erbe der Mutter reich und wird nach dem Tod des Vaters auch dessen noch viel größeres Vermögen besitzen. Der Vater will die Einwilligung nicht geben. Doch Catherine ist inzwischen so verliebt, dass sie sich gegen den Wunsch des Vaters stellen würde. Eine vom Vater vorgeschlagene Europareise von einem halben Jahr akzeptieren die beiden aber. Dort findet Catherine auch heraus, dass der Vater sie nicht wirklich lieben kann. Doch es wird noch dramatischer bei der Heimkehr...
Neben den grandiosen Darstellerleistungen zeichnet sich der Film auch durch seine unvergesslichen und berühmten langen Einstellungen aus, Wylers minutiöse Behrrschung von Licht, Kameratechnik und Licht. Durch das Erkennen Catherine, dass der Vater sie auch als peinliche Last betrachtet, verändert sie sich von einer extrem linkischen Frau zu einer verbitterten reichen Dame, die auf Rache sinnt und ihr Gefühl von Liebe inzwischen in Hass umgewandelt wurde. Sehr schön zu erkennen in den zwei Szenen, in denen sie jeweils die Treppen des Herrenhauses hinaufsteigt. Einmal als Sitzengelassene und das zweite Mal im bitteren Triumph, während ihr zurückgekehrter Verehrer verzweifelt an die Tür hämmert. Hervorragend auch, dass neben großartigen Dialogen nicht immer alles gesagt wird. Vieles an wahrem Gefühl bleibt im Dunkel. Klar ist, dass Morris ein Glücksritter ist - aber die Geschichte lässt offen, ob er wirklich nur ein reiner Mitgiftjäger war oder aber ob er doch für Catherine eine Zuneigung empfand. Man wird er nie erfahren. Ein schöner Film.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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