Regie: Ingmar Bergman
Ohne Hoffnungsschimmer...
"Abend der Gaukler" (Original: Gycklarnas afton) aus dem Jahr 1953
ist für mich einer der düstersten Bergman Filme überhaupt. Er schildert
den mühevollen Weg des Lebens der Menschen, dessen Rückschläge und
Verzweiflung. Das Alte zerbricht, ein neuer Anfang muss gemacht werden,
wenn man weiterleben möchte.
Am Anfang sieht der Zuschauer die Wagen des heruntergekommenen
Zirkus Alberti. Der Kutscher erzählt dem Direktor Albert Johannson (Ake
Grönberg) die tragische Begebenheit, die sich vor einigen Jahren
ereignet hat. Clown Frost (Anders Ek) erfährt, dass seine Frau (Gudrun
Brost) von einem Trupp Soldaten überreden ließ im Meer nackt zu Baden.
Er eilt sofort von der Manege an den Strand, bedeckt mühsam ihre Blöße
und trägt seine Alma kilometerweit über den steinigen Strand nach Hause.
Bergman zeigt in Großaufnahme das verzweifelte kämpferische Gesicht des
Clowns und auch der Frau, deren Gesichtsausdruck sich immer mehr ihrem
Mann angleicht.
"Abend der Gaukler" steuert auf ein destruktives Ende hin, denn
weil der Zirkusdirektor am Ende seinen geplanten Selbstmord aufgibt,
muss er eine Ersatzhandlung vollbringen und erschießt den Bären, weil er
jemandem wehtun will. Dieser hat kurz vorher in der Vorstellung zum
ersten Mal nicht getanzt und Alma, die mit dem Tier diese Nummer
präsentiert, ahnte dadurch, dass das Tier irgend etwas spürte.
Hier bringt Bergman etwas spirituelles mit in die Handlung, dass
man einfach fühlen muss - erklärbar ist der "Dialog" bzw. Gedanke von
Alma zu ihrem Bären nicht.
In der Stadt, in der Johannson mit seinem schäbigen Zirkus
vorbeikommt, lebt auch Alberts Frau Agda (Annika Tretow). Er hat sie vor
einigen Jahren für den Zirkus verlassen, weil er nicht seßhaft werden
wollte und das Wanderleben ihm viel besser gefiel. Dabei musste Agda die
zwei Jungs alleine großziehen. Alberts Geliebte, die Kunstreiterin Anne
(Harriet Andersson) plagen Ängste - sie hat die Befürchtung, dass
Albert wieder zu seiner Frau zurückkehren könnte und den Zirkus aufgibt.
Tatsächlich sind die Kassen leer und die Leute haben schon lange keinen
Lohn mehr bekommen. Albert kommt aud die Idee dem Theaterdirektor
(Gunnar Björnstradnd) einen Besuch abzustatten in der Hoffnung, dass
dieser dem Zirkus für den Premierenabend Kostüme ausleiht. Hinter den
Kulisse trifft Anne auf den eitlen und arrroganten Schauspieler Frans
(Hasse Ekman), der versucht die attraktive Frau zu verführen. Anfangs
bleibt sie standhaft, obwohl ihr der fremde Mann gefällt. Doch als
Albert sich aufmacht seine Frau zu besuchen, gefällt auch Anne das Spiel
mit dem Feuer und sie heimlich ein weiteres Mal das Theater auf.
Während der recht deprimierte Albert seine Frau bittet, bei ihr bleiben
zu dürfen und einen liebevollen aber bestimmten Korb bekommt, schläft
Anne mit Frans. Als Albert dies herausbekommt, rast er vor Wut und
Verzweiflung. Es kommt bei der Galavorstellung im Zirkus zur offenen
Schlägerei. Albert geht als Verlierer vom Platz, sein spontaner
Suizidversuch misslingt. In einer Art Ersatzhandlung erschießt er den
Bären und wie nach einem entladenen Gewitter kehrt Ruhe ein und noch in
der Nacht zieht der Zirkus weiter. Anne gesellt sich zu ihrem Albert und
schweigend laufen sie nebeneinander und gemeinsam...
Kameramann Hilding Blath konnte den Film nicht komplett
fotografieren, da er andere Verpflichtungen hatte - so kam Sven Nykvist
erstmalig zum Zug, der sich in der Folge als ein langjähriger Begleiter
in Bergmans Filmschaffen erwies. Als Inspiration seines Films sah
Bergman vor allem den deutschen Stummfilm "Variete" von Andre Dupont aus
dem Jahr 1925. Die Kritik war damals gespalten - für die einen war
"Abend der Gaukler" ein Meisterwerk und andere urteilten vernichtend
über Bergmans hoffnungslose Studie über das menschliche Dasein. Ein
Wohlfühlfilm ist "Abend der Gaukler" auf keinen Fall, denn die
Geschichte, die Bergman erzählt, wandelt sich öfters innerhalb von
Sekunden von der Komödie zur Tragödie. Entsetzte und erstarrte Gesichter
sind präsent und stehen expemplarisch für den gesamten Inhalt. Der
Zuschauer wird Zeuge vom Treiben und Leiden der Gaukler und mag sich
irgendann selbst darin sehen. Die Sehnsucht nach einem anderen Leben,
dass sich die Gaukler erhoffen, ist sofort als Spiegelbild der
Gesellschaft erkennbar. Und sowohl Theater und Zirkus bedeuten Applaus
auf der einen Seite, aber auch das Gegenteil. Am Ende steht Ohnmacht und
der Bär wird erschossen, ja beinahe schon erlöst vom traurigen Dasein,
weil es ihm als Gefangener, der seinen Tanz einzustudieren hat, noch
schlechter geht als dem Mensch.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen