Regie: Richard Brooks
Ein Verlierer kehrt heim...
"Fahr zur Hölle, wo du hingehörst" - diesen Satz darf die
unterdrückte Tante Nonnie, gespielt von der britischen
Theaterschauspielerin Mildred Dunnock sagen und sorgt am Ende noch für
einen effektiven Wow-Effekt, der dem Publikum des Kinofilms "Süßer Vogel
Jugend" besonders gefiel. Allerdings dürften ausgesprochene Tennessee
Williams Liebhaber vom abgeänderten harmonischen Hollywood-Ende eher
enttäuscht gewesen sein. Das unsprüngliche Bühnendrama endet nicht ganz
so positiv wie im Film. Richard Brooks, der bereits mit seiner
Filmadaption zu "Die Katze auf dem heißen Blechdach" begeistern konnte,
übernahm auch in dem 1962 gedrehten Film die Regie.
Der Unterschied zu "Die Katze auf dem heißen Blechdach" liegt aber
in der unterschiedlichen Figurenzeichnung. Bei "Die Katze auf dem heißen
Blechdach" sind es persönliche Konflikte innerhalb einer Familie und
Figuren, die tiefer blicken lassen. In "Süßer Vogel Jugend" wird die
Familie zwar ebenfalls von einem Macher bzw. Patriarch, einem "Big
Daddy" geführt, doch die Konfikte kommen in Form eines Aussenstehenden,
der in dieses zwanghafte Gefüge Familie eindringen möchte. Paul Newman
ist dieser junge Chance Wayne (Paul Newman), ein gutaussehender
Verlierer, der sich leider in die unschuldige Heavenly (Shirley Knight)
verliebt hat, die Tochter des mächtigen Tom Boss Finlay (Ed Begley). Ein
Mann, der im Grunde die ganze Stadt aufgrund seiner Macht und seines
Reichtums beherrscht. Darüberhinaus ist er auch noch ein erfolgreicher
Kleinstadtpolitiker (sehr rechts, vordergründig religiös, gewaltbereit)
und will nicht, dass ein Habenichts seine Tochter anbaggert. Er macht
dem Youngster aber ein verlockendes Angebot: Verlasse die Stadt, baue
dir eine Existenz auf, werde reich und dann darfst du Heavenly haben.
Doch Chance wartet auch noch vielen Jahren noch auf seinen
amerikanischen Traum. Immer wieder kehrt er zurück, kriegt einen Korb
und versucht erneut in Hollywood ein Star zu werden. Stattdessen lässt
er sich von reichen Frauen bezahlen. Mit dem verblassten Filmstar
Alexandra de Lago (Geraldine Page) könnte sich nun das Schicksal in eine
bessere Richtung lenken. Mit ihr kehrt er erneut in seine Heimatstadt
zurück. Die Diva könnte ihm helfen und ihn als kommenden Filmstar
aufbauen. Doch die Hollywood-Diva ist ein neurotisches, versoffenes
Biest, die schon bessere Tage gesehen hat und glaubt, dass ihr neuer
Film ein echter Flop geworden ist. So braucht sie gerade jetzt diesen
gefälligen Gigolo, der aber nur darauf aus ist, sie für seine Zwecke
auszunutzen. Denn schließlich will er diesmal Heavenly mitnehmen...
Die Charaktere sind alle sehr egoistisch und nur auf den eigenen
Vorteil bedacht. Darüberhinaus sind entweder korrupt, verkommen oder von
einer großen Doppelmoral gekennzeichnet. Vielleicht ist diese
Überspitzung in der Charakterzeichnung auch eine kleine Schwäche in dem
Film, der ansonsten von seinen großen Darstellerleistungen lebt. Ed
Begley, der vor allem in "Die 12 Geschworenen" unvergessen bleibt, ist
der miese Patriarch und Spießer, den man sofort hassen kann. Er wurde
für diese Rolle sogar als bester Nebendarsteller mit dem Oscar
ausgezeichnet. Auch Shirley Knight wurde nominiert - auch wenn sie
irgendwie farblos bleibt. Über allem steht aber die grandiose Geraldine
Page, die hier ihr großes Können unter Beweis stellt. Page hat zwar
nicht so viele Filme gedreht, aber in jedem Film, in dem sie auftaucht,
ist sie eine echte Offenbarung. Sie beherrscht die Szene wie keine
zweite...egal was sie spielt. Hier ist sie Alexandra de Lago, eine
Seelenverwandte zu Norma Desmond aus "Sunset Boulevard" und wie alle
anderen figuren jagt sie den Phantomen des Erfolgs und des Glücks
hinterher.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen