Regie: Victor Fleming
Der alte Süden stirbt...
Tatsächlich ist "Vom Winde verweht" immer noch der erfolgreichste
Film aller Zeiten. In dem inflationsbereinigten Ranking der größten
Blockbuster liegt die Verfilmung von Margaret Mitchells Erfolgsroman
unangefochten auf Platz 1 - vor "Star Wars" und "Sound of Music". Um zu
erfassen warum dieser Film Generationen immer wieder begeistert hat, ist
aber unbedingt erforderlich "Vom Winde verweht" auf der perfekten Blu
Ray anzuschauen. Die DVD Ausgabe mit der zweiten Hälfte des Films auf
der Rückseite des Silberlings war ja mehr als sonderbar.
Natürlich ist dieser Ausnahmefilm vor allem in der zweiten Hälfte
ein echter Schmachtfetzen in Sachen Romantik, erzählt er doch die
tragische Geschichte von Scarlett O´Hara (Vivien Leigh), die sich
bereits als junges Mädchen in den nachdenklichen Grübler Ashley Wilkes
(Leslie Howard) verliebt ist, von diesem aber einen Korb bekommt, weil
er seine Cousine Melanie (Olivia de Havilland) ehelichen will, ganz nach
den Gepflogenheiten der Familie Wilkes aus dem Süden. Er ist der Sohn
des Plantagenbesitzers von "12 Eichen" und Scarlett die Tochter des
Plantagenbesitzers von Tara. Gerald O´Hara (Thomas Mitchell), der Vater
stammt aus Irland und liebt das Land. Er will später seiner ältesten
Tochter Scarlett die Plantage vererben, aber noch hat Scarlett keinen
Sinn fürs Land. Wie ihre Mutter (Barbara 0`Neill) und ihre beiden
Schwestern (Evelyn Keyes, Ann Rutherford) wächst sie behütet im
Wohlstand auf und wie alle jungen Leute der reichen Südstaatler genießt
sie das Leben auf Tanz-Bazar-Festen oder Barbecue-Partys. Und wie alle
Sprößlinge der Plantagenbetreiber hat sie genügend Personal zur
Verfügung. Die wichtigste Bezugsperson ist die schwarze Haushälterin und
Erzieherin, die "Mammy" (Hattie McDaniel) genannt wird. Überhaupt
können diese Adligen im Süden überhaupt nicht verstehen, dass Präsident
Abraham Lincoln die Sklaven, die kostenlos arbeiten, befreien will. Es
geht ihnen doch hier gut und die Schwarzen hier sehen es als großes
Privileg an ihren weißen Herren und Herrinnen perfekt zu dienen. "Vom
Winde verweht" beginnt am Vorabend des Bürgerkriegs und hat - ähnlich
wie Viscontis großartiges Epos "Der Leopard" - das Sterben einer Epoche,
der guten alten Zeit und der Beginn einer neuen Ära zum Thema. Dieser
Vergänglichkeit widmet Regisseur Victor Fleming auch einen großen Teil
und genau dieser melancholische Abgesang ist auch gleichwertig zur
bereits erwähnten unerfüllten Liebesromanze zwischen Scarlett und Ashley
und zwischen Scarlett und dem gut aussehenden Rhett Butler (Clark
Gable), der eigentlich viel besser zur kratzbürstigen, verwöhnten,
egoistischen und nicht unterzukriegenden Scarlett passen würde, doch sie
merkt leider zu spät, dass sie diesen unverschämten Captain Butler
liebt. Am Ende fallen dann die berühmten Sätze "Frankly my dear, I don´t
give a damn" von Butler, der Scarlett verlässt. Aber man glaubt ihr
dennoch, wenn sie danach weinend auf der Prachttreppe von Tara sitzt,
verlassen - dennoch zukünftig einen Weg zu ihm finden will "After all,
Tomorrow is another day".
"Vom Winde verweht" handelt auch von der Sklavenbefreiung der
Schwarzen im Bürgerkrieg der Nordstaaten gegen die Südstaaten. Eine
späte Einsicht, denn erst am Totenbett ihrer Cousine Melanie erkennt
sie, dass die Liebe zu Ashley ein Jungmädchentraum war, eine
Schwärmerei, die sie all die Jahre daran gehindert hat mit ihrem dritten
Ehemann Rhett glücklich zu werden.
Der Film ist durchtränkt von Sonnenuntergängen in Technicolor, von
imposanten Kameraeinstellungen - mal orange-roter Himmel, ein anderes
Mal im strahlenden Blau. Ganz klein neben einer imposanten Eiche steht
Scarlett alleine oder auch in Begleitung ihres Vaters und die Figuren
dürfen unvergessliche und überlebensgroße Dialoge von sich geben. Diese
Szenen gehören zur Aura des Films - imposant auch die Massenszene der
vielen vom Krieg verwundeten Soldaten auf den Straßen Atlantas. Scarlett
in grandioser Garderobe schreitet durch dieses Schlachtfeld des
Grauens.
Aus heutiger Sicht könnte man dem Film, wie auch dem Buch, einen
gewissen Rassismus vorwerfen. Denn die Schwarzen werden hier sehr oft
als gutmütig, naiv bis dumm bezeichnet. Und sie geben zumindest an für
die gute Sache des Südens mitzufiebern, denn schließlich geht es ihnen
ja gut in der Gesellschaft dieser Herrengesellschaft und Kavalliere.
Einmal darf Scarlett die lügende Prissy (Butterfly McQueen) ohrfeigen -
sehr zum Gefallen des Kinopublikums.
Trotzdem dürfte der Film und auch der Oscarregen, der ausgeschüttet
wurde, das Thema "Rassismus" positiv belebt haben. Denn als beste
Nebendarstellerin wurde nicht Olivia deHavilland als Melanie
ausgezeichnet, sondern die dunkelhäutige Hattie McDaniel für ihre Rolle
als Mammy. 1939 - zu dieser Zeit war noch Rassentrennung an der
Tagesordnung und in den Südstaaten durfte sie nicht mal zur Premiere in
ein "weißes" Kino kommen. Mit dieser Auszeichnung hat Hollywood
sicherlich ein politisches Zeichen gesetzt. Die damals völlig unbekannte
Vivien Leigh bekam den Zuschlag für die Hauptrolle - obwohl Kinodiven
wie Bette Davis, Paulette Goddard, Norma Shearer, Joan Crawford,
Claudette Colbert oder Tallulah Bankhead im Gespräch waren. Drei
Regisseure waren beteiligt. George Cukor wurde von Clark Gable wegen
seiner Homosexualität rausgemobbt, dann kam Victor Fleming, der auch
absprang und sich aus nervlichen Gründen beinahe suizidieren wollte. Sam
Wood sprang für einige Tage als Ersatz ein, dann kam Fleming wieder und
beendete das Megaprojekt, diesen ersten richtig großen
Monumental-Tonfilm. Aber treibende Kraft war der ehrgeizige
Filmproduzent David O´Selznick, der sich gegen die Widerstände seines
Schwiegervaters Louis B. Mayer und Irving Thalberg durchsetzte und den
Film mit Herzblut realisierte.
Der Rest ist Geschichte - Vivien Leigh und Clark Gable wurden DAS
unsterbliche Filmpaar und die junge Schauspielerin erhielt ihren ersten
Oscar. Insgesamt gabs 8 reguläre Oscars und 2 Sonderoscars als Bonus
dazu. Und er wurde Jahrzehnte lang erfolgreich in den Kinos
wiederaufgeführt.
Man kann ihn vielleicht an mancher Stelle zu schnulzig und
dramatisch ansehen, aber er besitzt auch heute noch zweifelsohne eine
riesige Magie.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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