Dienstag, 17. November 2015

Rotation

























Regie: Wolfgang Staudte

Immer im Kreise drehen...

Unter "Rotation" versteht man das immer wiederkehrende Kreisen um immer dieselbe Achse. So dreht sich auch die Druckwalze eines Zeitungsbetriebs vorwärts, dabei dreht sie sich aber ständig im Kreis. "Rotation" heißt auch der 1949 realisierte DEFA Film von Wolfgang Staudte mit dem der Filmemacher auch die ewige Wiederkehr geschichtlicher Ereignsise meint. Er stellt sich auch die Fage, inwieweit es Möglichkeiten gibt, dass nicht die gleichen Fehler wiederholt werden.  "Rotation" ist gleichzeitig auch der 2. Teil eines Quartetts von Wolfgang Staudte Filmen, die sich mit dem deutschen Bewusstsein auseinandersetzt.  Während er in "Der Untertan" den alten Preußengeist und des Deutschen Liebe zur Obrigkeit darstellt, haben die drei anderen Filme die Vergangenheitsbewältigung nach dem 3. Reich im Nachkriegsdeutschland zum Thema. "Die Mörder sind unter uns" kann man dabei als einen Trümmerfilm mit Noir Elementen ansehen, der 1959 gedrehte "Rosen für den Staatsanwalt" zeigt mit Martin Held als einen Richter, der als guter, wohlsituierter und einflussreicher Bürger seinen alten Beruf auch in der BRD ausübt und seine Nazivergangenheit aus gutem Grund versteckt. "Rotation" konfrontiert uns mit der widersprüchlichen Psychologie des unpolitischen Normalbürgers und Mitläufers.
Dabei wird auch deutlich, dass in diesen politisch schwierigen Zeiten der einzelne Mensch - trotz des Vorsatzes immer unpolitisch bleiben zu wollen - gerade durch den unpolitische Willen ein markantes politisches Statement abgibt.
Hans Behncke (Paul Esser) sitzt im Gefängnis. In der ersten Einstellung des Films blickt er auf die Wand der Zelle. Er starrt er auf die Kritzeleien, wer wann hier war und wer an welchem Tag hier hingerichtet wurde. Vielleicht fragt er sich in diesem Moment auch nach seiner eigenen Schuld. Die Tragik der Geschichte ist auch die Zerstörung der Familie. Denn sein eigener Sohn Hellmuth (Karl Heinz Deickert), der zum begeisterten Anhänger der Hilterjugend wurde, hat ihn verraten. Eine Rückblende - dargestellt in einem schnellen, fragmentarischen Zeitraffer führt den Zuschauer zurück ins Jahr 1929 und rollt die Ereignisse der letzten 16 Jahren noch einmal auf.
Im Berlin des Jahres 1929 ist die Weltwirtschaftskrise deutlich spürbar. Es herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit. Auch der gelernte Schlosser Hans Behnke findet keine Arbeit mehr. Gerade jetzt als seine Frau Lotte (Irene Korb) schwanger ist. Die finanzielle Notlage spitzt sich zunehmend zu. Hans selbst nimmt zwar mal kurzzeitig an einer Demonstration der KPD teil, ist aber ansonsten ein völlig unpolitischer Mensch. In dieser Zeit hat er das Gefühl, dass ihm ein politisches Engagement nichts bringt, egal ob in einer rechten oder in einer linken Partei. Dennoch profitiert er 1933 von Hitlers Machtübernahme und findet eine Stelle in einer Druckerei.
Irgendwann im Krieg stellt er auf die Bitte seines Schwagers Kurt (Reinhold Bernt) hin eine Druckerpresse für den Nazigegner zur Verfügung, auf der antifaschistische Flugblätter gedruckt werden. Aus lauter Dummheit nimmt er einige Exemplare mit nach Hause und versteckt sie in einem Lexikon. Sein Sohn Hellmuth, inzwischen zum fanatischen Hitlerjungen geworden, ist geschockt, als er die Schmähschriften gegen den geliebten Führer findet. Er zieht seinen von ihm bewunderten HJ-Führer Udo Schulze (Werner Peters) ins Vertrauen. Behnke wird sofort von der Gestapo verhaftet, gefoltert und ins Gefängnis Moabit überführt. Am Ende entgeht er dort nur knapp einer Massenerschießung durch die SS. Die Gefangenen werden von russischen Truppen in letzter Sekunde gerettet. Der Krieg geht zu Ende, die Wohnung igst fast zerstört, Lotte ist bei den Luftangriffen ums Leben gekommen. Immerhin steht eines Tages sein Sohn vor der Tür, voller Schuldgefühle....


 Das Ende ist etwas enttäuschend, da die Läuterung des Sohnes sehr schnell kommt und nicht so ganz - nur aufgrund der Feigheit seines Nazi-Vorbildes beim Umsturz - nachzuvollziehen ist. Da hätte man sich ein paar Szenen mehr gewünscht, die die Umkehr plausibler machen. Ansonsten gefällt die realistische und unaufdringliche Schilderung eines ganz normalen Mannes in einer bösen Zeit. Wie viele wählte er den Weg des Mitläufers, der als unpolitischer Kleinbürger durch sein Schweigen den Terror stillschweigend mittrug. Inzwischen gehört auch "Rotation" für viele Filmkritiker zu den wichtigsten deutschen Filmen aller Zeiten. Staudtes Suche einige tiefere Ursachen des riesigen Erfolgs für den Faschismus in Deutschland ist auch durch die guten Darstellerleistungen, allen voran Paul Essen, gut gelungen.



Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.

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