Regie: Wolfgang Staudte
Immer im Kreise drehen...
Unter "Rotation" versteht man das immer wiederkehrende Kreisen um
immer dieselbe Achse. So dreht sich auch die Druckwalze eines
Zeitungsbetriebs vorwärts, dabei dreht sie sich aber ständig im Kreis.
"Rotation" heißt auch der 1949 realisierte DEFA Film von Wolfgang
Staudte mit dem der Filmemacher auch die ewige Wiederkehr
geschichtlicher Ereignsise meint. Er stellt sich auch die Fage,
inwieweit es Möglichkeiten gibt, dass nicht die gleichen Fehler
wiederholt werden. "Rotation" ist gleichzeitig auch der 2. Teil eines
Quartetts von Wolfgang Staudte Filmen, die sich mit dem deutschen
Bewusstsein auseinandersetzt. Während er in "Der Untertan" den alten
Preußengeist und des Deutschen Liebe zur Obrigkeit darstellt, haben die
drei anderen Filme die Vergangenheitsbewältigung nach dem 3. Reich im
Nachkriegsdeutschland zum Thema. "Die Mörder sind unter uns" kann man
dabei als einen Trümmerfilm mit Noir Elementen ansehen, der 1959
gedrehte "Rosen für den Staatsanwalt" zeigt mit Martin Held als einen
Richter, der als guter, wohlsituierter und einflussreicher Bürger seinen
alten Beruf auch in der BRD ausübt und seine Nazivergangenheit aus
gutem Grund versteckt. "Rotation" konfrontiert uns mit der
widersprüchlichen Psychologie des unpolitischen Normalbürgers und
Mitläufers.
Dabei wird auch deutlich, dass in diesen
politisch schwierigen Zeiten der einzelne Mensch - trotz des Vorsatzes
immer unpolitisch bleiben zu wollen - gerade durch den unpolitische
Willen ein markantes politisches Statement abgibt.
Hans
Behncke (Paul Esser) sitzt im Gefängnis. In der ersten Einstellung des
Films blickt er auf die Wand der Zelle. Er starrt er auf die
Kritzeleien, wer wann hier war und wer an welchem Tag hier hingerichtet
wurde. Vielleicht fragt er sich in diesem Moment auch nach seiner
eigenen Schuld. Die Tragik der Geschichte ist auch die Zerstörung der
Familie. Denn sein eigener Sohn Hellmuth (Karl Heinz Deickert), der zum
begeisterten Anhänger der Hilterjugend wurde, hat ihn verraten. Eine
Rückblende - dargestellt in einem schnellen, fragmentarischen Zeitraffer
führt den Zuschauer zurück ins Jahr 1929 und rollt die Ereignisse der
letzten 16 Jahren noch einmal auf.
Im Berlin des Jahres 1929
ist die Weltwirtschaftskrise deutlich spürbar. Es herrscht eine hohe
Arbeitslosigkeit. Auch der gelernte Schlosser Hans Behnke findet keine
Arbeit mehr. Gerade jetzt als seine Frau Lotte (Irene Korb) schwanger
ist. Die finanzielle Notlage spitzt sich zunehmend zu. Hans selbst nimmt
zwar mal kurzzeitig an einer Demonstration der KPD teil, ist aber
ansonsten ein völlig unpolitischer Mensch. In dieser Zeit hat er das
Gefühl, dass ihm ein politisches Engagement nichts bringt, egal ob in
einer rechten oder in einer linken Partei. Dennoch profitiert er 1933
von Hitlers Machtübernahme und findet eine Stelle in einer Druckerei.
Irgendwann
im Krieg stellt er auf die Bitte seines Schwagers Kurt (Reinhold Bernt)
hin eine Druckerpresse für den Nazigegner zur Verfügung, auf der
antifaschistische Flugblätter gedruckt werden. Aus lauter Dummheit nimmt
er einige Exemplare mit nach Hause und versteckt sie in einem Lexikon.
Sein Sohn Hellmuth, inzwischen zum fanatischen Hitlerjungen geworden,
ist geschockt, als er die Schmähschriften gegen den geliebten Führer
findet. Er zieht seinen von ihm bewunderten HJ-Führer Udo Schulze
(Werner Peters) ins Vertrauen. Behnke wird sofort von der Gestapo
verhaftet, gefoltert und ins Gefängnis Moabit überführt. Am Ende entgeht
er dort nur knapp einer Massenerschießung durch die SS. Die Gefangenen
werden von russischen Truppen in letzter Sekunde gerettet. Der Krieg
geht zu Ende, die Wohnung igst fast zerstört, Lotte ist bei den
Luftangriffen ums Leben gekommen. Immerhin steht eines Tages sein Sohn
vor der Tür, voller Schuldgefühle....
Das Ende ist etwas
enttäuschend, da die Läuterung des Sohnes sehr schnell kommt und nicht
so ganz - nur aufgrund der Feigheit seines Nazi-Vorbildes beim Umsturz -
nachzuvollziehen ist. Da hätte man sich ein paar Szenen mehr gewünscht,
die die Umkehr plausibler machen. Ansonsten gefällt die realistische
und unaufdringliche Schilderung eines ganz normalen Mannes in einer
bösen Zeit. Wie viele wählte er den Weg des Mitläufers, der als
unpolitischer Kleinbürger durch sein Schweigen den Terror
stillschweigend mittrug. Inzwischen gehört auch "Rotation" für viele
Filmkritiker zu den wichtigsten deutschen Filmen aller Zeiten. Staudtes
Suche einige tiefere Ursachen des riesigen Erfolgs für den Faschismus in
Deutschland ist auch durch die guten Darstellerleistungen, allen voran
Paul Essen, gut gelungen.
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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