Regie: Roberto Rossellini
Auf der Feuerinsel...
Vor allem wegen seiner in der Zeit von 1945 bis 1948 entstandenen
neorealistischen Trilogie ("Paisa", Rom, offene Stadt", "Deutschland im
Jahre Null") gilt Roberto Rossellini als einer der ganz großen
Filmregisseure aller Zeiten.
"Stromboli" ist der
Nachfolger und ist Beginn seiner Zusammenarbeit mit der weltbekannten
Leinwandgöttin Ingrid Bergman, die bereits in Hollywood einen Oscar
erringen konnte und mit Klassikern wie "Casablanca" oder "Berüchtigt"
Superstar-Status hatte. Es war die Schwedin selbst, die einen Brief an
Rossellini schrieb, nachdem sie von seinen Filmen so begeistert war, und
um eine Rolle in einem seiner Filme bat.
Mit "Stromboli"
begann auch die private Affäre zwischen der Schauspielerin und dem
italienischen Filmemacher. Ein Skandal seinerzeit, denn beide waren
schon verheiratet. Vor allem Ehebrecherin Ingrid Bergman wurde in den
USA geächtet und gar als "mächtiige Kraft des Bösen" und als "entartet"
bezeichnet. Die Folge war ein Aufruf zum Boykott des gemeinsamen Films.
Dadurch hatte der Film bei seinem Erscheinen eher eine geringe
Wertschätzung und ist im Lauf der Zeit auch arg in Vergessenheit geraten
- obwohl sich "Stromboli" auch heute noch als ein großartiges
Meisterwerk des Neorealismus erweist.
Es ist Frühling 1948: In
einem Lager für Kriegsflüchtlinge - irgendwo in Italien - sitzt eine
Gruppe von Frauen fest. Eine davon ist die aus Litauen stammende Karin
(Ingrid Bergman). Sie träumt davon von hier aus ein Visum nach
Argentinien zu bekommen. Dort in der neuen Welt will sie ein neues Leben
nach jahrelanger Flucht anfangen. Direkt neben den Baracken der Frauen,
ist auch der Stützpunkt der Soldaten. Frau und Mann sind aber durch
einen Stacheldraht getrennt, doch für einen kurzen Flirt am Abend trifft
man sich dort. Karin hat auch einen Verehrer. Es ist der junge und
etwas naive Antonio (Mario Vitale), der sich in Karin verliebt hat. Er
verspricht ihr sie aus diesem Lager zu befreien und mitzunehmen in seine
Heimat - auf die wunderbare Insel Stromboli.
Als Karins
Gesuch nach Argentinien auszuwandern abgelehnt wird, ist eine Heirat mit
Antonio plötzlich eine Option und vielleicht sogar die einzige Chance.
Schnell wird geheiratet und schon ist das junge, ungleiche Paar auf dem
Schiff in Richtung Stromboli. Die Insel selbst wirkt auf Karin aber
alles andere als einladend, der ewig brodelnde Vulkan löst bei der
jungen Frau Unbehagen aus. Sie findet sich auch nicht bei den
Einheimischen zurecht, die sie als Fremdkörper wahrnehmen. Ein harmloser
Flirt mit dem netten, attraktiven Leuchturmwärter (Mario Sponzo) wird
hochgespielt, so dass Antonio sie als "Gehörnter" verprügelt wird. Auch
nach dem Besuch beim Pfarrer (Renzo Sezana) bleibt die junge Frau sehr
isoliert und einsam. Kein Wunder. Wollte sie doch diese moralische
Instanz verführen, um an ihre Ziele zu kommen. Am Ende wagt sie -
schwanger - die Flucht auf die andere Seite der Insel. Dort soll es
jemanden geben, der ein Motorboot besitzt. Doch der Weg dorthin ist
schwierig, denn er führt über den Berg. Völlig entkräftet bricht sie
oben auf dem Vulkan zusammen...
"Stromboli" zeigt zum einen die Kraft der Natur und stellt dazu den eher
schwachen Menschen, der von seinen Gefühlen geleitet wird. Andererseits
sind auch viele Szenen so angelegt, das Mysterium des Lebens zu zeigen.
Fressen und gefressen werden...einmal zeigt der Filmemacher den Kampf
zwischen einem Frettchen und einem Kaninchen. Letzteres hat null Chancen
seinem Schicksal- dem Tod - zu entgehen. Die zweite Szene bei einem
Thunfischfang auf der Insel ist ähnlich. Diese s.g. Mattanza zeigt
eindringlich die Brutalität des Daseins. Um zu überleben werden die
großen Thunfische eingefangen. Man sieht in dieser 8 minütigen szene wie
sie im Netz zappeln und ohne Gnade mit Enterhaken in die Boote gezogen
werden. Karin wird Zeuge dieses Fangs, sie fühlt sich angewidert.
Insgesamt sind die Bilder, die wir sehen sehr roh, erdnah und die
Geschichte hat etwas elementares. Karin schwankt zwischen Rebellion und
Anpassung. Am Ende entscheidet sie sich wieder - wie schon im Krieg -
für die Flucht vor der Realität. Die letzte Einstellung zeigt einen
Schwarm von Meeresvögeln. Für Karin vielleicht ein kleiner
Hoffnungschimmer auf eine bessere Zukunft, jenseits des Berges, aber
gute Filmemacher lassen den Zuschauer auch mal bewusst im Unklaren. Auch
die Poesie kommt nicht zu kurz. Inmitten des ländlichen Umfeldes wirkt
sie stark.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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