Mittwoch, 19. Juli 2017

Tabu der Gerechten

























Regie: Elia Kazan

Der alltägliche versteckte Antisemitismus...

Trotz des Riesenerfolgs von "Tabu der Gerechten" fand Regisseur Elia Kazan seinen Film viel zu zahm. Er hätte einiges viel drastischer darstellen wollen, aber Produzent Zanuck verlangte, dass die Liebesgeschichte zwischen Dorothy McGuire und Gregory Peck ebenso stark in der Handlung erschien als der Antisemitismus kurz nach dem 2. Weltkrieg in den USA.
Damit gelten "Tabu der Gerechten" und der fast gleichzeitig erschienene Film Noir "Crossfire" von Edward Dmytryk als die ersten Hollywoodfilme, die sich mit diesem Thema auseinandersetzten. Obwohl Dmytryks Film eigentlich den Mord aus Hass gegen einen Homosexuellen darstellen sollte, aber von den Sittenwächtern nicht erlaubt wurde - so wurde das Script umgeschrieben. Aus dem ermordeten Schwulen wurde ein ermordeter Jude. Beide Filme waren die Favoriten der Oscarwahl 1948. "Crossfire" ging aber trotz 5 Nominierungen leer aus. "Tabu der Gerechten" konnte von den 8 Nominees drei in Siege verwandeln: Elia Kazan bekam den Regie-Oscar und Celeste Holm gewann als beste Nebendarstellerin. Ausserdem gabs den Hauptpreis als bester Film des Jahres.
Trotz der Einwände des Machers finde ich den Film aus heutiger Sicht immer noch sehr kraft- und wirkungsvoll. Gerade weil der Film nicht die aggressiven Rassisten in den Mittelpunkt stellt, sondern eine schweigende Mitte in der Gesellschaft. Menschen, die sich liberal, tolerant und weltoffen nennen, aber dennoch von Vorurteilen geprägt sind.
 Ein Thema, dass gerade in der heutigen Zeit wieder sehr aktuell ist und dem Zuschauer die Botschaft vermittelt, dass er auch mal Position ergreifen sollte, wenn gerade mal blöde Witze über Minderheiten gemacht werden oder wenn jemand aggressiv aber auch sehr versteckt und subtil Ressentiments gegen Rassen oder andere Religionen zum Besten gibt.
Dass der Film, der sehr dialoglastig ist, so gut gelingt, ist das Verdienst eines sehr guten Schauspielensembles. Jede Figur ist gut herausgearbeitet worden.
Der Zuschauer wird auch mit einer jüdischen Sekretärin (June Havoc) konfrontiert, die ihre Stelle nur deshalb bekam, weil sie ihren jüdischen Namen abänderte und so zu einem Vorstellungsgespräch in der Zeitung kam. Sie selbst hat aber auch Vorbehalte gegen Juden, wie im Laufe der Handlung klar zu sehen ist.
 Der Journalist Philip Schuyler Green (Gregory Peck) ist in seinem Metier äusserst erfolgreich und deshalb wird er auch von einem rennomierten New Yorker Magazin engagiert. Der Witwer verlässt Kalifornien und zieht gemeinsam mit seiner Mutter (Anne Revere) und seinem kleinen aufgeweckten Sohn (Dean Stockwell) in ein feines Appartment nach New York, dass ihm der Zeitungsboss John Minify (Albert Dekker) besorgt hat. Er soll für ihn eine Serie über Antisemitismus schreiben. Die Idee stammt von Minifys Nichte Kathy Lacey (Dorothy McGuire), in die sich Green schon beim ersten Treffen verliebt. Doch Green hat Anlaufschwierigkeiten, es fehlt ihm die zündende Idee, wie er die Story gestalten will. Soll er seinem Freund Dave Goldman (John Garfield) schreiben. Der hat als Jude sicherlich jede Menge Stoff für den Judenhass in den USA, hat er dies doch alles selbst schon durchlebt. Er verwirft die Idee und findet den idealen Aufhänger für seinen Auftrag. Er will sich selbst als Jude ausgeben und seine eigenen Erfahrungen in Sachen "Antimsemitismus" machen. Seine Zeitungskollegin Anne Dettrey (Celeste Holm), die die Rubrik "Mode" unter sich hat, ist total begeistert. Aber nicht alle sind glücklich mit der Entscheidung. Nicht einmal Kathy, mit der Green eine Beziehung angefangen hat und die Hochzeit geplant wird, findet die Idee gut. Ist die tolerante Frau etwa latent rassistisch ? Konflikte sind jedenfalls vorprogrammiert....




 Der Film zeigt an scheinbar ganz alltäglichen Szenen die Zurücksetzung jüdischer Menschen. So wird der kleine Sohn von Green von den anderen Jungs beschimpft und darf nicht mit ihnen Ball spielen. Green selbst wird in einem luxuriösen Hotel an der Rezeption plötzlich abgewiesen als er sich als Jude zu erkennen gibt....plötzlich bedauert man den Irrtum, aber kein Zimmer ist plötzlich im Hotel frei. Sehr konfliktreich auch die Streitereien zwischen Green und seiner Kathy, die gegen ihre Feigheit ankämpfen muss. Filmhistorisch ist "Tabu der Gerechten" auch äusserst interessant. Zeigt er doch den Judenhass in den USA - 2 Jahre nachdem die USA durch ihre Soldaten Europa von den judenhassenden Nazis befreit haben. Und dann legt Elia Kazan schonungslos offen, dass auch das eigene Land nicht von Rassismus frei ist, was ich auch wichtig finde. Denn die USA haben ja mit dem alltäglichen Rassismus auch heute noch stark zu kämpfen. Damals 1947 gabs neben dem latenten Antisemitismus auch den ganz offen zur Schau getragenen Rassismus gegen die dunkelhäutige Bevölkerung. Auch die Mexikaner wurden als Menschen zweiter Klasse gesehen. Elia Kazan ist es gelungen dieses Thema sehr fein zu bearbeiten, aber gerade deshalb ist die Wirkung groß. Zeigt er doch ganz normale Menschen, die gar nicht auf Anhieb bemerken, dass ihre Verhaltensweisen den Rassisten Trümpfe in die Hand spielen.




Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

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