Mittwoch, 19. Juli 2017

Infam

























Regie: Richard Brooks

Lügen und Geheimnisse...

William Wylers Nachfolgefilm für seinen Großerfolg wurde "Infam" und entstand nach dem Theaterstück "The Childrens Hour" von Lilian Hellmann aus dem Jahr 1934. Bereits 2 Jahre später feierte Wyler mit der Erstverfilmung des Stücks seinen ersten Film-Erfolg. Dabei wurde aber auf Druck der United Artists der homosexuelle Verdacht gegen die beiden Frauen weggelassen und stattdessen stand die Dreiecksbeziehung zwischen Miriam Hopkins, Merle Oberon und Joel McCrae im Mittelpunkt des Films.
27 Jahre später haben sich die gesellschaftlichen Normen etwas verbessert und auch die Zensurbestimmungen waren schon etwas gelockert - so entschied sich Wyler für ein Remake, diesmal mit der kontroversen und verbotenen Liebe.
"Infam" ist im übrigen auch ein Film mit drei Schauspielerinnen-Generationen. Miriam Hopkins spielt die ekaltierte Tante Lily und Fay Bainter bekam die Rolle der reichen Amelia Tilford. Die beiden Lehrerinnen wurden mit den Topstars Shirley McLaine und Audrey Hepburn besetzt - noch jünger sind aber die undurchsichtigen Schülerinnen Mary Tilford und Rosalie Wells - die beiden Jungstars Karen Balkin und Veronica Cartwright (später in "The Birds" und "Alien) ) spielen wichtige Nebenrollen in dem Drama.
Die beiden jungen Lehrerinnen Karen Wright (Audrey Hepburn) und Martha Dobie (Shirley McLaine) sind seit der Highschool beste Freundinnen und haben es nun endlich geschafft im konservativen Neuengland eine gehobene Privatschule für Mädchen aufzubauen. Zu dem Lehrerteam gehört auch Marthas schwierige Tante Lily (Miriam Hopkins), die ihrer Karriere als große Schauspielerin nachtrauert und den Unterricht sehr eigenwillig gestaltet. Karen ist auch liiert mit dem attraktiven Dr. Joe Cardin (James Garner) - doch mit der Hochzeit will sie noch warten, weil die Schule momentan noch die ganze Kraft kostet. Die Beziehung zwischen dem Mann und der besten Freundin Martha ist etwas gespannt, man hat das Gefühl, dass Martha etwas eifersüchtig auf ihn reagiert.
In der Schule ist vor allem Mary Tilford (Karen Balkin) das große Problemkind. Sie lügt, sie täuscht Krankheiten vor und versucht alles, dass ihre Großmutter, die angesehene Amelia Tilford (Fay Bainter) sie vom Internat erlöst. Auch die kleine Rosalie Wells (Veronica Cartwright) hat Probleme. Sie stiehlt wie ein Rabe, aber keiner hat es bisher bemerkt. Lediglich Mary wird Zeugin eines Diebstahls und kann ihre Mitschülerin erpressen. Als sie immer wieder von den Lehrerinnen zurechtgewiesen wird, erfindet Mary eine infame Lüge über das Verhältnis der beiden Frauen. Sie sollen sich nachts im Zimmer besuchen und man würde dann so komische Geräusche hören. Da homosexuelle Liasonen nicht sein dürfen und man nichts mit solchen Menschen zu tun haben will, nimmt die konservative Oma ihre Enkelin von der Schule, ohne Karen und Martha über den Grund zu informieren. Sie macht aber den Skandal überall publik - und binnen eines Tages hat die gute Gesellschaft ihre Kinder von der Schule geholt. Die beiden Frauen stehen im Nu vor dem Ruin - finanziell und seelisch. Und das nur aufgrund der bösen Lüge eines Kindes...



Doch der Film bietet dann weitaus mehr. Einerseits schildert er die Ächtung von gleichgeschlechtlicher Liebe zu einer Zeit, die noch gar nicht so lange her ist. Daher kann man die Diskriminierung, die in "Infam" gezeigt wird, sicherlich auch den Leuten nahe legen, die meinen die Gleichstellung von Hetero- und Homosexuellen Beziehungen wäre unnötig. Andererseits bietet "Infam" aber den Darstellern interessante Figuren an. Fay Bainter bekam eine der fünf Oscarnominierungen - die weiteren gabs für die schwarz-weiß Kamera von Frank Planer sowie für die Ausstattung, für den Ton und für die Kostüme. Shirley McLaine, die in "Infam" eine ihrer besten Rollen überhaupt spielt, wurde leider bei der Nominierung übergangen. Auch Audrey Hepburn hat einen riesigen Moment - die Frauen haben sich gerade ausgesprochen und dabei hatte Shirley McLaine ihrer Freundin ihr Coming Out und ihre Gefühle gestanden. Audrey läuft spazieren und man bemerkt dann die Verbundenheit der beiden Menschen, denn irgendwie spürt sie, dass nun was ganz schreckliches passiert ist. Die größte Angst ist in ihrem Gesicht zu erkennen, sie rennt ins Haus. Dort ist die Tür der Freundin abgeschlossen. Die Kamera von Franz Planer zeigt das schockierende Bild zweimal abgeschwächt, aber umso wirkungsvoller jeweils als Schattenbild mit Horroreffekt.
Sehr gut, dass William Wyler einerseits die boshaften Gerüchte thematisiert hat, andererseits aber auch die "verbotenen" Gefühle und Empfindungen nach und nach offenlegt und so einen wichtigen Film gegen Diskriminierung geschaffen hat.



Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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