Mittwoch, 25. März 2015
Berlin Ecke Schönhauser
Regie: Gerhard Klein
Jugendliche Rebellen in Ostberlin...
"Berlin Ecke Schönhauser" entstand 1957 und gilt als ostberliner Antwort auf den etwa kurz zuvor entstandenen und überaus erfolgreichen Jugendfilm "Die Halbstarken" von Georg Tressler. Natürlich orientierte sich Tressler auch an amerikanischen Vorbildern dieser Zeit. Da wurde der jugendliche Rebell James Dean durch "...denn sie wissen nicht, was sie tun" zum großen Star oder man sah Jugendliche auf kriminellen Abwegen in "Die Saat der Gewalt". Inszeniert wurde der DEFA Film von Gerhard Klein und zählte sehr schnell zu den bedeutendsten DEFA Filmen seiner Zeit. Wie seine Vorbilder gelingt es auch hier eine genaue Beschreibung des Lebensgefühls einer Generation entstehen zu lassen. Selbst in der heutigen Zeit ist diese Stimmung sehr gut zu spüren aufgrund des perfekten Zeit- und Lokalkolorits. Der Film zeigt eine Jugend zwischen den Fronten und thematisiert auch die gesellschaftlichen Fehlentwicklungen in der DDR. Dieser Punkt fiel auch der staatlichen Filmkritik auf und das Verbot lag nahe. Man war der Meinung, dass der Film "schädlich auf unsere Menschen wirken" könnte und eine Zulassung des Films wurde erstmal verweigert. Die Wende kam als er am 14. Juni 1957 dem FDJ Zentralrat vorgeführt wurde. Diese urteilten dann anders und sahen in "Berlin Ecke Schönhauser" ein Film, der bei den Massen richtig ankommen werden und ein Signal sei, beim Aufbau mitzuhelfen. Nach diesem günstigen Statement gab die Hauptverwaltung dem Film über die jugendlichen Rebellen in Ostberlin grünes Licht für die Kinos. Er erlebte mit dreimonatiger Verspätung am 30. August 1957 seine Kinopremiere. Bereits einige Wochen später hatten meh als 1,5 Millionen Zuschauer den Film gesehen. Mit diesen Zuschauerzahlen wurde er zu einem der erfolgreichsten DEFA Produktionen aller Zeiten.
Berlin in den 50er Jahren, noch sind die Sektorengrenzen offen, doch der Kalte Krieg wirft seine Schatten voraus. Die Jungendlichen Dieter (Ekkehard Schall), Kohle (Ernst-Georg Schwill), Karl-Heinz (Harry Engel) und Angela (Ilse Page) leben in dieser Zeit zwischen Petticoat und RocknRoll im östlichen Sektor von Berlin. Sie gehören zu einer Gruppe von Halbstarken, die sich regelmäßig unter der U-Bahn-Brücke an der Schönhauser Allee versammeln und den Nachmittag mit Unsinn und Chillen verbringen. Manchmal kommt es zu Sachbeschädigungen durch Mutproben, dadurch sind sie auch bestens bei der Volkspolizei bekannt. Die Motivation zur Gruppe zu gehören ist unterschiedlich. Dieter hat zwar einen Beruf, will jedoch seine Freiheit ausleben. Die FDJ wirbt um ihn, doch er will Einzelgänger bleiben. So wie Marlon Brando, der Kinostar, denn den verehrt ja auch seine heimliche Liebe Angela. Kohle flüchtet vor seinem ständig betrunkenen und gewaltbereiten Stifevater. Er hat als Versager in der Schule wenig Perspektive für die Zukunft. Karl-Heinz ist verwöhnt, weil er reiche Eltern hat. Er gerät zunehmend als Ausweisdieb auf die schiefe Bahn. Angela ist mit der alleinstehenden Mutter im ständigen Clinch. Bald kommt es zu dramatischen Situationen, die zur Flucht von Dieter und Kohle in den Westen führt. Dort in einem Auffanglager erleben sie die zweifelhafte Fürsorge der Westler...
Es wird natürlich schnell klar, warum der Film von der FDJ durchgewunken wurde. Gesamthaft propagiert er schon die Überlegenheit der sozialistischen Gesellschaftsordnung und stellt den eigenen Staat und seine Ordnungskräfte nicht wirklich in Frage. Er kommt ja durch den Ausflug in den Westen zum Schluß zu der Feststellung "Nirgends ist es so gut wie daheim" - auch wenn der jugendliche Rebell sich erst mal finden muss und hautnah bewiesen bekommt, dass er irgendwann seiner Verantwortung bewusst werden wird. Aber daneben gibt es doch auch eine bemerkenswert realistische Zeichnung des Ostberliner Alltags. Man erfährt auch von den Nöten dort, der Schwierigkeit einen passenden Beruf zu finden und auch die gesamthafte Perspektive Zukunft ist im Unklaren. Die Fürsorge durch die Organisiationen kommt im Film auch nicht so opitmal rüber, es deutet sich die Bevormundung von staatlicher Seite an. Der Stil des Film orientiert sich ein bisschen am italienischen Noerealismus jener Zeit. Atmosphäre und Milieu sind sehr gut gezeichnet.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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