Regie: Jürgen Roland
Nachts auf der Reeperbahn...
Auf der Reeperbahn nachts um Halb eins...Hans Albers veredelte mit
diesem Lied aus dem Jahr 1912 den 1944 entstandenen "Große Freiheit Nr.
7" und auch den 10 Jahre späteren Unterhaltungsfilm, der sogar als
Filmtitel den Namen des Liedes trägt. Ein Walzerlied, dass von
Nachtleben auf der Reeperbahn im Hamburger Stadtteil St. Pauli handelt
und die Lebensluft der berühmt-berüchtigten Straße in Hamburg
melancholisch verklärt. Jürgen Rolands Bestandsaufnahme aus dem Kiez aus
dem Jahr 1964 ist da um einiges realistischer angelegt. Der Film hält
einfach mal ein paar Tage die Kamera drauf und begleitet den Alltag
innerhalb von 48 Stunden der beiden Streifenpolizisten Hauptwachtmeister
Glantz (Wolfgang Kieling) und Hauptwachtmeister Schriever (Günther
Neuze). Die beiden - wie auch ihre anderen Kollegen, die auf dem
Polizeirevier Davidswache - ihren Dienst versehen, werden tagtäglich in
die schwicksalsschweren Geschichten dieser gefallenen Seelen auf der
sündigen Meile konfrontiert. Ihre Fälle handelt von Bandenkriminalität,
von Schutzgelderpressung oder von der Prostitution mit Minderjährigen.
Dabei spiegelt der Film viel Zeitgeist wider - ein liberalerer Ansatz
erkennbar, andererseits immer noch etwas versteckt moralisch bewertet,
weil die Polizisten ja auch Menschen ihrer zeit, der damaligen Werte und
Normen sind. Jedenfalls sind sie gut getroffen, denn sie sind ganz
normale Beamte, noch nicht mal sonderlich sympathisch. Zur Routine der
Bullen gehört auch der Schutz von naiven Touristen, die sich hier auf
der Reeperbahn ausnehmen lassen und sich dann wundern, wenn sie am Ende
in dem Etablissement ihrer Wahl für die Flasche Sekt 100 DM berappen
müssen. Anzeige erstatten ist auch doof, denn die Ehefrau daheim soll ja
nichts vom Ausflug nach St. Pauli erfahren. "Polizeirevier Davidswache"
wirkt nüchtern und hat einen sehr kühlen, lakonischen - beinahe schon
dokumentarischen Stil. So entsteht beinahe schon ein authentisches
Abbild eines Deutschland der 60er Jahre, man spürt den
gesellschaftlichem Umbruch.
Ohne Dramatik gehts aber
nicht, zumindest nicht im Kriminalfilm: Denn Hauptmeister Glantz ist
plötzlich in Gefahr. Er hatte vor 4 Jahren den Gangster Bruno Kapp
(Günther Ungeheuer) verhaftet, doch dieser wurde nun entlassen. Im
Gefängnis hat er sich Rache geschworen und dem fiesen Kriminellen ist
alles zuzutrauen. Auf ihn wartet seine Verlobte Margot (Hannelore
Schroth), die ihn zum anständigen Bürger machen möchte, jedoch Angst
hat, dass Bruno seine Rachegedanken doch noch in die Tat umsetzen
könnte. Sie glaubt zwar auch an ihren Bruno - gibt aber Glantz einen
Tipp. Doch den Polizisten bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Mit
seinem Kollegen bleibt er der Beobachter. Bruno ist verschlagen und
raffiniert, er hat einen guten Schlag bei dem anderen Geschlecht. So
kann er viele Frauen schnell um den Finger wickeln. Zuerst aber trifft
er sich mit seinem Kumpel Manfred (Jürgen Draeger) und es werden die
nächsten kriminellen Aktionen geplant. Bald geschieht ein Mord an einer
Prostituierten. Die Spur führt natürlich zu Bruno Kapp...
Jürgen
Roland nimmt eine klare Haltung gegenüber jeder Form von Selbstjustiz
an und plädiert für eine demokratisch agierende Polizei. In der Szene,
in der sich Glantz emotional dazu hinreissen lässt, ohne richterliches
Ok in ein Bordell einzudringen, wird er den kürzeren ziehen. Er, der
eine Minderjährige vermutete, die dort zur Prostitution gezwungen wird,
muss sich vom vermeintlichen Opfer sagen lassen, dass sie seit wenigen
Tagen volljährig ist und machen kann was sie will.
Dass der
Film sehr gut funktioniert hat er natürlich seinen gut besetzten
Bösewicht zu verdanken. Günther Ungeheuer verkörpert als Bruno diese
charismatische Mischung aus gut aussehendem, coolen Gentleman und
intelligentem Verbrecher mit psychopathischen zügen. In Gastrollen
treten auch Hanns Lothar und Ingrid Andree auf. Der Film wurde an
Originalschauplätzen gedreht und wurde ein großer Kinoerfolg. Nach nur
einem Jahr Spieldauer hatte er schon 3 Millionen Zuschauer.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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