Regie: Bernhard Wicki
Es geschah am 27. April 1945...
All dies geschah am 27. April 1945 - es war so unbedeutend, dass es
in keinem Heeresbericht erwähnt wurde. "Die Brücke" von Bernhard Wicki
aus dem Jahr 1959 ist sicherlich einer der hervorragendsten Werke der deutschen Filmgeschichte. Basierend auf dem gleichnamingen autobiografischen Roman
von Gregor Dorfmeister, der ein Jahr zuvor erschien, gelang dem
Filmemacher ein riesiger Welterfolg. Neben 5 Filmpreisen in Gold (u.a.
für Wicki selbst sowie für die Nebendarstellerinnen Edith Schulze
Westrum und Cordula Trantow) gelang es sowohl eine Golden Globe
Nominierung als auch eine Oscar Nominierung als bester ausländischer
Film des Jahres 1959 zu erringen. Bei der Preisverleihung am 4. April
1960 in Los Angeles musste sich der deutsche Beitrag allerdings durch
"Orfeu Negro" geschlagen geben. Bei den Golden Globes schlug er sich
aber erfolgreicher und konnte sich gegen die starke Konkurrenz (Orfeu
Negro, Kagi, Wilde Erdbeeren, Wir Wunderkinder) erfolgreich durchsetzen.
Erzählt
wird eine traurige und tragische Geschichte aus den letzten Tagen des
2. Weltkrieges. Nie zuvor hatte ein deutscher Regisseur eine so radikale
Aussage zum Horror des Krieges gewagt. Wickis Film ist kompromisslos
und bewies eindrücklich, dass deutsches Kino weit mehr sein kann als
bloße Unterhaltung. Die Zeit war auch reif für eine filmische
Aufarbeitung mit der jüngsten Vergangenheit.
Kurz vor
Kriegsende, im April 1945, werden die noch minderjährigen Schüler eines
Kleinstadtgymnasiums zum Kriegsdienst einberufen. Die sieben Jungs sind alle stolz nun endlich "Männer" zu sein.
Die unebschwerten Tage sind damit vorbei. Klaus (Lechtenbrink) schenkt
seiner Freundin Franziska (Cordula Trantow) eine wertvolle Uhr, die er
aber am Tage der Einberufung von ihr zurückfordert, da er sie plötzlich
als sehr nützlich für den Spähtrupp hält.
Siggi Bernhard
(Günther Hoffmann) ist der kleinste, dementsprechend groß ist sein Motiv
sich als besonders tapfer zu erweisen. Seine Mutter (Edith Schultze
Westrum) kann nicht verstehen, warum die Schüler in den letzten
Kriegstagen noch ins Kampfgeschehen eingreifen sollen. Am liebsten würde
sie ihren Sohn zur Tante schicken. Der Offiziersohn Jürgen Borchert
(Frank Glaubrecht) hat sich sogar freiwillig gemeldet. Die Mutter von
Albert Mutz (Fritz Wepper) ist auch in Sorge und bittet Hans (Folker
Bohnet) den schon etwas vernünftigeren Freund ihres Sohnes auf ihren
Jungen aufzupassen. Karl Horber (Karl Michael Balzer) fällt es nicht
schwer das Zuhause zu verlassen. Sein kriegsversehrter Vater, dem ein
Friseugeschäft gehört, hat ein Verhöältnis mit seiner Angestellten
(Edeltraut Elsner) hat, in die sich Walter verliebt hat. Der etwas
aufmüpfige Walter Forst (Michael Forst) ist der Sohn des Ortsgruppenleiters, der in den letzten Tagen versucht zu flüchten.
Der Lehrer (Wolfgang Stumpf) der Jungs
erreicht jedoch durch Intervention bei einem Offizier (Heinz Spitzner),
dass seine Schüler nicht mehr in den Kampf geschickt werden sollen.
Zusammen mit einem besonnenen Unteroffizier (Günther Pfitzmann) werden
sie zur militärisch sinnlosen und wie es auf den ersten Blick
erscheinenden ungefährlichen Bewachung der Brücke in ihrer Heimatstadt
abgestellt. Doch der Unteroffizier, der für das Überleben der Jungens
sorgen soll, wird bei einem Erkundungsgang in der Stadt als
vermeintlicher Deserteur erschossen und kehrt von seinem Ausflug in die
Stadt, wo er Kaffee bersorgen wollte, nicht mehr zurück. Nun sind die
Jungen auf sich selbst gestellt. Als Siggi bei einem Tieffliegerangriff
getötet wird, erwacht zum Patriotismus fürs Vaterland zu kämpfen noch
ein Rachedurst. Als die anrollenden Panzer der Amerikaner kommen, wird
es weitere Tote geben....
am Ende steht der junge Fritz
Wepper als einziger Überlebender taumelnd wie in Trance auf dieser
Brücke. Die Uniform hat er verloren, sein Hemd ist blutveschmiert. Er
begreift langsam, dass die Verteidigung einer strategisch völlig
unwichtigen Brücke das Leben seiner sechs Freunde gekostet hat. Bernhard
Wicki hat die Atmosphäre der letzten Kriegstage düster eingefangen, er
zeigt die Menschen zwischen Angst und Hoffnung. Besonders einfühlsam
gelangen ihm die psychologischen Profile der Jungen. Ihr Motiv schwankt
zwischen echtem Vaterlands-Engagement und naivem
Indianerspiel-Mentalität. Doch das romantische Abenteuer ist spätestens
beim dreckigen Sterben vorbei.
Der großartige Film ebnete
Wicki den Weg nach Hollywood. Produzent Darryl F. Zanuck verpflichtete
ihn als Regisseur der deutschen Episoden für die Großproduktion "Der
längste Tag", diesem berühmten Film über die Landung der Allierten in
der Normandie. Es folge "Der Besuch der alten Dame" mit Ingrid Bergman
und Anthony Quinn sowie der maßlos unterbewertete Kriegsfilm "Morituri"
mit Marlon Brando, Yul Brynner und Trevor Howard.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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