Regie: William Wyler
In Englands schwerster Stunde...
Nach insgesamt vier erfolglosen Nominierungen als bester Regisseur für die Filme ("Zeit der Liebe, Zeit des Abschieds", "Sturmhöhe", "Das Geheimnis von Malampur" und "Die kleinen Füchse" konnte William Wyler im fünften Anlauf endlich seinen verdienten Oscar entgegennehmen. Er bekam den Academy Award für das Melodram "Mrs. Miniver" zugesprochen. Kein Wunder...der Film ist ein Dokument seiner Zeit und schildert die Nöte einer bürgerlichen Familie in England. Gewertet wurde "Mrs. Miniver" als perfekter Propagandafilm - der Regisseur hat sich damals auch öffentlich zu dieser These geäußert. Er erwähnte in einem Interview, dass dieser Film den amerikanischen Zuschauern nur die Lage der englischen Soldaten im Krieg zeigen sollte. Wyler war der Ansicht, dass die Amerikaner ihre Isolation vom Krieg überwinden mussten, um den Engländern im Krieg beizustehen, er selbst meldete sich nach seinem Filmtriumph freiwillig bei der US-Army. Tatsächlich wusste auch Winston Churchill um die Wirkung des Films, er meinte "Mrs. Miniver" hätte der britischen Nation mehr genützt als eine ganze Zerstörerflotte. Ein sentimentaler Tränendrücker, der den Menschen aber auch Mut machen kann. Er zeigt ein idyllisches England. Dort geht das Leben trotzdem weiter, auch wenn die Frühsommersonne des Jahres 1939 sehr trügerisch ist. Das friedliche Idyll wird durch den Kriegseintritt jäh unterbrochen. Dabei hatte Mrs. Miniver (Greer Garson) gerade eben noch in London einen sündhaft teuren Hut gekauft und hat nun ein schlechtes Gewissen ihrem Mann gegenüber. Wie sag ich ihm, dass ich so verschwenderisch war. Noch bevor sie zuhause in ihrem Haus "Starlings" im Dörfchen Belham ankommt, wird sie von dem alten Bahnhofvorsteher Mr. Ballard (Henry Travers) darauf aufmerksam gemacht, dass er - ein passionierter Rosenzüchter - seine wunderschönsten Rose den Namen "Mrs. Miniver" geben will...weil sie immer so nett zu ihm war. Natürlich ist Mrs. Miniver geehrt und gerührt. Zuhause wartet ihr hingebungsvoller Ehemann Clem (Walter Pidgeon), ein erfolgreicher Architekt, der am gleichen Tag auch über die Stränge schlug. Er hat sich ein neues Auto gekauft, weil der alte Reifen ausgedient hatte. Sie haben drei Kinder: der kleine Toby (Christopher Severn) Töchterchen Judy (Clare Sandars) und der ältere Sohn Vin (Richard Ney), der in Oxford studiert und zu Hause erwartet wird. Natürlich hat die Familie auch Personal mit Gladys (Brenda Forbes), der Haushaltsgehilfin und Ada (Marie de Becker), die für die Familie kocht. Natürlich darf auch Kater Napoleon nicht unerwähnt bleiben, der Liebling von Toby.
Die Familie holt Vin ab, ist glücklich - auch wenn Vin eine neue Phase durchmacht. Er wirkt etwas arrogant und hängt den Robin Hood raus. Da kommt der Besuch von Carol Beldon (Teresa Wright) gerade Recht. Die Enkelin der adligen Lady Beldon (Dame May Whitty), die seit 40 Jahren den 1. Preis der Rosenaustellung gewonnen hat, befürchtet einen Konflikt ihrer Großmutter mit dem Bahnvorsteher, der seine Rose "Mrs Miniver" ebenfalls zum Wettbewerb angemeldet hat. Es kommt zu kleinen Streitereien zwischen Vin und Carol - aber sie gefallen sich auch gegenseitig. Und als der Krieg beginnt, sind sie schon so gut wie Verlobte. Der Krieg verändert das Leben - Vin meldet sich bei der Luftwaffe. Ehemann Clem muss mit anderen Freiwilligen sein Motorboot den Allierten zur Verfügung stellen. Die Armee ist darauf angewiesen, dass diese vielen Freiwilligen 400.000 englische Soldaten aus dem Kessel von Dünkirchen zu befreien. Währenddessen wird Mrs. Miniver von einem verletzten deutschen Piloten (Helmut Dantine) bedroht. Als ihr Mann wieder heim kommt, ist die Gefahr aber wieder gebannt. Aber die Luftangriffe werden verstärkt und man muss sich oft im Keller verstecken, bis das Bombardement zuende ist. Doch die Briten lassen sich die Blumenausstellung nicht verbieten. Für ein paar Stunden herrscht Harmonie und Lebensfreude. Doch dann kündigt sich ein Bombardement an...
Und dies fordert dann auch schwere Opfer von den Menschen. Am Ende zeigt Wyler eine hoffnungsvolle Sequenz in einer zerstörten Kirche. Ein Ende, aus dem sicherlich Kraft geschöpft werden kann, denn zu seiner Entstehungszeit war der Ausgang des 2. Weltkriegs noch offen. Die Deutschen waren noch auf dem Vormarsch - erst der Kriegseinritt der Amerikaner brachte dann auch in Europa die entscheidende Wende.
"Mrs. Miniver" war der Film zur richtigen Zeit und mit einem phänomenalen Einspielergebnis von fast 9 Millionen Dollar war er der größte US-Kinohit des Jahres 1942. Von den 12 Oscarnominierungen (Hauptdarsteller Walter Pidgeon; Nebendarsteller Henry Travers, Nebendarstellerin Dame May Whitty, Bester Schnitt, Bester Ton, Beste visuelle Effekte) gewann der Film 6 Oscars (Bester Film, Regisseur Willam Wyler, Hauptdarstellerin Greer Garson, Nebendarstellerin Teresa Wright, Beste Kamera Joseph Ruttenberg und Bestes adaptiertes Drehbuch.
Natürlich kann man das ideale Bild einer Musterfamilie irgendwie kritisieren, dennoch hat der Film eindrückliche Momente. Etwa dann, wenn die Minivers mit den Kindern und der Katze im Keller sitzen und man oben die Bomber hört. Hier zeigt der Film elementare Sehnsüchte des Menschen. Er lässt aber trotz einer pesssimistischen Weltlage, die im jahr 1942 durchaus angebracht war, nie auch die Hoffnung aussen vor. Der Rosenzüchter Ballard sagt einmal "Es wird immer Rosen geben" und so ist die Botschaft des Films nicht nur für eine bessere Welt zu kämpfen, sondern auch den Augenblick der Freude wahrzunehmen und ihn zu genießen. Auf ein Neues....die letzte Szene zeigt den Kirchgängern durchs offene Dach des Gotteshauses die jagdflugzeuge, die wieder in den Kampf fliegen. Die Gemeinde hatte soeben noch "Onward Christian Soldiers" gesungen. Churchill war begeistert, auch Roosevelt, der Flugblätter von der Rede des Vikars drucken ließ und selbst Goebbels war hingerissen von der emotionalen Machart des Films. Ein Meisterwerk dieser Machart wollte er auch von seinen Regisseuren.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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