Freitag, 23. Juni 2017

Die Kraniche ziehen

























Regie: Michail Kalatosow

Menschen im Krieg...

Zu seiner Entstehungszeit wurde der Sowjetfilm "Die Kraniche ziehen" sehr gelobt, weil er den vaterländischen Krieg nicht als Heldenepos aufzog, nicht das Kollektiv hervorhob sondern zeigt, dass der Krieg für den Einzelnen ein katastrophales Drama bedeutet.
Heute begeistert vor allem die grandiose Kamera-Arbeit von Sergej Urussewski, seine Kamera ist immer in Bewegung und ist bereits in der ersten Sequenz zu sehen, wenn die beiden Liebenden Weronika (Tatjana Samoilowa) und Boris Borosdin (Alexei Balalow) in Moskau noch eine unbeschwerte Zeit verbringen und sehnsüchtig in die gemeinsame Zukunft blicken. Am Himmel ziehen die Kraniche vorbei. Es ist 1941, der Einmarsch der Deutschen steht aber kurz bevor.
Es gibt zwei weitere Szenen, die die Weltklasse-Leistung von Sergej Urussewski belegen, der Regisseur Michail Kalatosow ließ ihm bei der visuellen Gestaltung völlige Freiheit. Es wird dort gezeigt wie sich Weronika durch die wogende Menge zwingt, sie will von ihrem Liebsten Abschied nehmen. Doch es sind so viele Leute auf dem Sammelplatz, verzweifelt versucht sie zum Zug der Soldaten zu gelangen, doch das Gewimmel ist zu groß. Immer wieder Menschenmengen und dann der abfahrende Zug.
Am Ende des Films wiederholt sich die Szene als die Menschen nach dem Krieg die heimkehrenden Soldaten erwarten. Und wieder ist Weronika da mit einem Strauß Blumen und hält Ausschau nach ihrem Boris.
Neben dem Gesicht des damaligen Neulings Tatjana Jewgenjewna Samoilowa sind es vor allem diese atemlos flüssige Kamerafahrten, die den Film auch heute noch immer als Meisterwerk ausweisen.
Leider hat sich Boris freiwillig gemeldet, denn er hält es für die vaterländische Pflicht den Kampf gegen den Faschismus aufzunehmen. Die geplante Heirat muss warten. Er schenkt seinem Mädchen ein Stofftier-Eichhörnchen, weil das ihr Kosename ist. Doch der jüngere Bruder von Boris, der Musiker Mark (Alexander Schworin) ist ebenfalls heimlich in Weronika verliebt und macht ihr auch in der Abwesenheit des Bruders immer wieder Avancen. Der Arzt Fjodor (Wassili Merkurjew),  Vater von Ihnen bemerkt nichts. Auch nicht Irina (Swetlana Charitonowa), die wie ihr Vater Medizinerin werden will. Bei einem verheerenden Bombenangriff auf Moskau sterben die Eltern von Weronika. Sie wird bei den Borosdins aufgenommen. Bei einem weiteren Bombenangriff nutzt Mark die Gunst der Stunde und bedrängt Weronika so lange, dass die Verführung Erfolg hat. Sie heiratet ihn und obwohl sie nun offizielles Mitglied der Familie ist, ist der Vater sehr distanziert und Irina kann ihrer Schwägerin den Fehltritt nie verzeihen. Die Ehe wird auch nicht glücklich, denn immer noch hängt Weronika ihrer großen Liebe Boris nach. Der wird bei einem gefährlichen Fronteinsatz schwer verletzt...



Dabei ziehen noch einmal Bilder an ihm vorüber. Bilder, einer Zukunft, die es so nie geben wird. Er sieht sich als Bräutigam neben der Braut Weronika, beide strahlen verliebt. Wieder eine furios gestaltete Montage der Vision eines Sterbenden. Doch das Glück ist nun zu Ende. Der Film von Michail Kalatosow zeigt eindrücklich, dass der Sieg gegen die Feinde Opfer hervorgebracht hat. Boris verliert das Leben, Weronika wurde unglücklich, auch wenn sie am Ende des Films die Blumen, die für Boris gedacht waren, an die Menschenmenge verteilt. Dennoch am Ende ein hoffnungsvolles Bild, weil die Kraniche, die über Moskau  vorbeiziehen, die Menschen etwas Schönes sehen lässt.




Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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