Mittwoch, 30. August 2017

Schatten


























Regie: John Cassavettes

Manhattan, Ende der 50er Jahre...

Durch seinen 1959 entstandenen Improvisationsfilm "Schatten" gilt John Cassavettes heute als einer der geistigen Väter und Wegbereiter des amerikanischen Independentfilm.  Mit einem ganz kleinen Budget realisierte Cassavettes seinen Erstling als 16mm Film. Erst später wurde "Schatten" auf 35 mm überspielt, damit er kinotauglich wurde. In dieser Version gewann er 1960 den Kritikerpreis von Venedig und man horchte auch in Europa auf. Denn Cassavettes Debüt ist alles andere als ein typischer Hollywoodfilm über New York - die Geschichte, die erzählt wird könnte auch in Paris spielen und schon sind wir bei den filmischen Verwandten der Nouvelle Vague.
Die hübsche junge Lelia (Lelia Goldini) lebt mit ihren 2 Brüdern Ben (Ben Carruthers) und Hugh (Hugh Hurd) in einer kleinen Wohnung in New York. Die drei Geschwister sind Mischlinge, aber anders als der dunkelhäutige Hugh können sich die beiden jüngerern Geschwister aufgrund ihrer hellen Hautfarbe als "Weiße" ausgeben. Ein Vorteil in einem Land, dass noch von Rassentrennung geprägt ist. Hugh verdient sein Geld als Nachtclubsänger und sein Freund Rupert (Rupert Crosse) ist auch gleichzeitig sein Manager. Hugh gilt als schwierig, deshalb gibts nicht immer gute Engagements. Aber immerhin hat Rupert gute Auftritte in Philadelphia besorgt, aber Hugh muss die ihm nachfolgende Girl-Tanzgruppe ansagen, die er für extrem untalentiert hält. Doch solche Abmachungen gehören halt zum Kontrakt. Ben möchte gerne Jazztrompeter werden und gemeinsam mit seinen besten Kumpels Dennis (Dennis Sallas) und Tom (Tom Reese) lebt er in den Tag hinein und das große Hobby der drei Freunde ist Mädels aufreißen - also nahe Verwandte von Fellinis "Müßiggängern". Leila lernt auf einer Party den attraktiven Tony (Anthony Ray) kennen. Sie schläft mit ihm - es ist ihre erste sexuelle Erfahrung. Als sich Hugh als Lelias Bruder zu erkennen gibt, ist dies für Tony zuerst sehr irritierend. Es kommt zum Rauswurf aus der Wohnung der drei Geschwister, doch Tony bereut sein Verhalten. Demonstrativ sucht sich die gekränkte Lelia einen neuen dunkelhäutigen Verehrer...




Es geht allerdings in "Schatten" nicht hauptsächlich um Rassismus, sondern Cassavettes hat ein Interesse daran die Menschen in ihrem ganz normalen Alltag, in ihrer Umgebung und ihrer Gesellschaft zu beobachten. Dabei erweist sich Cassavettes auch als sehr aufmerksamer Beobachter und durch die Bilder von Erich Kollmar wird auch ein New York am Ende der 50er Jahre sichtbar. Ein historisch wertvolles Dokument von einem Manhattan, dass so in dieser Form heute nicht mehr existiert. Die Jazzmusik von Charles Mingus mit dem Altsaxophonist Shafi Hadi geben "Schatten" einen markanten "sophisticated Touch". Die Darsteller agierten ohne Drehbuch im eigentlichen Sinne, sondern improvierten. So gelang ein zauberhafter Film mit viel Wärme und Gefühl und wie im richtigen Leben bleibt vieles im Schweben.





Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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