Regie: Rudolf Jugert
Ein nie aufgeklärter Mord...
Rosemarie Nitribitt war eine deutsche Prostituierte, die am 29.
Oktober 1957 in ihrer Frankfurter Wohnung ermordet aufgefunden wurde.
Der Fall führte zu einem echten Skandal im Wirtschaftswunderland, denn
bei den polizeilichen Ermittlungen wurde herausgefunden, dass das
Mädchen Rosemarie Kontakt zu sehr bedeutenden und angesehenen
Persönlichkeiten hatte. Der Mordfall selbst wurde nie aufgeklärt, doch
das Gerücht hielt sich bis heute fest, dass bestimmte Kreise aus
Wirtschaft und Politik die Aufklärung gezielt verhindern wollten.
Im Jahr 1958 wurde der berüchtigte Kriminalfall von Rolf Thiele mit
Nadja Tiller in der Titelrolle verfilmt - ihm gelang ein echter
Publikums- und ein Kritikerfavorit. Einige Monate später kam ein
weiterer Rosemarie Film in die deutschen Kinos. Der Regisseur Rudolf
Jugert (Film ohne Titel, Nachts auf den Straßen, Rosen im Herbst, Der
Meineidbauer, Kennwort Reiher) vrsuchte an den Erfolg des Thiele Films
anzuknüpfen. Die Hauptrolle in den heute beinahe vergessenen und im
deutschen TV nie gezeigten Film "Die Wahrheit über Rosemarie" speilte
die Engländerin Belinda Lee, die zwei Jahr nach diesem Film bei einem
Autounfall ums Leben kam.
Aus heutiger Sicht ist der Film als Zeitdokument interessant. Die
Moralvorstellungen sind der damaligen sehr verklemmten Zeit geschuldet,
aus heutiger Sicht wirken sie sehr entlarvend auf die damalige
Scheinmoral. Jugert beging den Fehler den Lebenswandel als mörderisch zu
deuten und stellt der "verkommenen" Rosemarie unbescholtene Bürger
gegenüber, die sich gegen die lasterhafte Frau zur Wehr setzen müssen.
Unterschiedlicher konnten beide Rosemarie Filme kaum sein, denn Thieles
Film nutzt diesen Kriminalfall für einen satirischen Rundumschlag auf
die Befindlichkeiten und die Verlogenheit im Wirtschaftswunder
Deutschland und unterlässt die moralische Keule mit der "Die Wahrheit
über Rosemarie" agiert.
Rosemarie (Bellinda Lee) wird aus der Besserungsanstalt entlassen
und begeht bereits da den ersten Fehler, der am Ende zu ihrem Tod führt -
sie nimmt die angebotene Stelle nicht an, stattdessen leiht sie sich
von der älteren Prostituierten Edeltraud (Hanna Micaela) 80 Mark aus um
Klamotten zu kaufen, damit sie für die potentiellen Freier noch
attraktiver wird. Das Geld zahlt sie nie zurück und bald hat sie sich in
Frankfurt einen Namen als Prostituierte gemacht. Ein alter russischer
Geschäftsmann (Walter Rilla) verliebt sich trotzdem in sie. Er würde sie
sogar trotz ihrer zweifelhaften Vergangenheit ehelichen, doch er
verlangt absolute Treue, was Rosemarie nicht einhalten kann. Während der
Mann auf Geschäftsreise ist, geht sie weiter ihrem Job nach und der
Vermieterin Frau Huber (Lina Carstens) wird das langsam zuviel. Am Ende
ist Rosemarie wieder allein, ohne Aussicht auf ein bürgerliches Leben
und wird von anständigen deutschen Männern wie Fred Guttberg (Claus
Wilcke) oder Herr Reimer (Paul Dahlke) zurückgewiesen. Allerdings kann
sich Rosemarie nicht über zahlungswillige Kunden beklagen. Ihr
Beuteschema sind gut situierte Herren mittleren Alters wie der
Industrielle Bernbeil (Hans Nielsen) oder Karl Riedendank (Karl
Schönböck), dem sie absichtlich ins Auto fährt. Auch ein Zuhälter (Karl
Lieffen) hat Interesse an Rosemarie. In ihrem schick eingerichteten
neuen Appartment empfängt sie weiterhin Herrenbesuch und mobbt nebenbei
die Putzfrau Frau Groll (Edith Schulze-Westrum)...
Aufgrund der Scheinmoral, die der Film sich traut, wird man an "Anders als du und ich (§175) von Veit Harlan erinnert. Beide Filme verfolgen die ähnliche Strategie des Mitleids für diese Menschen, die vom Virus der Unmoral befallen sind und daran zu Grunde gehen müssen. In Harlans Film ist es jedoch das mit allen Mitteln zu unterdrückende Coming out eines jungen Mannes. Der semidokumentarische Stil soll die Gefahren des langsamen Verfalls aufzeigen. Die schauspielerischen Leistungen sind jedoch gut gelungen.
Aufgrund der Scheinmoral, die der Film sich traut, wird man an "Anders als du und ich (§175) von Veit Harlan erinnert. Beide Filme verfolgen die ähnliche Strategie des Mitleids für diese Menschen, die vom Virus der Unmoral befallen sind und daran zu Grunde gehen müssen. In Harlans Film ist es jedoch das mit allen Mitteln zu unterdrückende Coming out eines jungen Mannes. Der semidokumentarische Stil soll die Gefahren des langsamen Verfalls aufzeigen. Die schauspielerischen Leistungen sind jedoch gut gelungen.
Bewertung: 6 von 10 Punkten.
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