Regie: Stanley Kramer
Menschen auf hoher See...
Der leider bereits im Alter von 38 Jahren verstorbene kleinwüchsige
Darsteller Michael Dunn spielt in Stanley Kramers "Das Narrenschiff"
den Passagier Karl Glocken, der die Geschichte als Erzähler zum Laufen
bringt. Der Roman von Katherine Anne Porter war prädestiniert dafür in
Hollywood als Ensemblefilm mit Starbesetzung ins Oscar-Rennen zu gehen.
Der Film folgt daher der beliebten Erzählstruktur von früheren Filmen
wie "Menschen im Hotel" oder "Getrennt von Tisch und Bett" - Regisseur
Stanley Kramer hatte auch schon Vorerfahrung mit solchen Filmen, sein
eigener Film "Das Urteil von Nürnberg" gilt sogar als einer der besten
Filme dieser Art, in dem die Schicksale verschiedenster Charaktere auf
einem begrenzten Raum erzählt werden. In dem vier Jahre später
anlaufenden "Narrenschiff" verfolgt der Zuschauer diese Menschen auf
einem Passagierschiff, das 1933 von Mexiko über Spanien nach Deutschland
fährt.
8 Oscarnominierungen waren der Lohn, zwei Siege
waren zu verzeichnen: Bestes Szenebild Schwarz Weiß und beste Kamera.
Nominiert war ausserdem Oscar Werner als bester Darsteller, Michael Dunn
als bester Nebendarsteller, Simone Signoret als beste Darstellerin,
ausserdem gabs Nominierungen in den Kategorien Bestes Kostümdesign,
Bester Film und bestes adaptiertes Drehbuch. "Das Narrenschiff" war eine
weitere erfolgreiche Arbeit des Gespanns Stanley Kramer und Abby Mann,
der schon für "Das Urteil von Nürnberg" das Drehbuch schrieb. Ausserdem
ist es meines Wissens der einzige Ausflug des großen deutschen
Volksschauspielers Heinz Rühmann in einer US-Produktion.
Er
spielt den jüdischen Kaufmann Julius Löwenthal, der bereits gewisse
Schikanen an Bord in Kauf nehmen muss. Er muss am Einzeltisch essen und
hat keinen Platz am begehrten Kapitänstisch. Den in der Heimat
aufkeimenden Nationalsozialismus unterschätzt er, er nimmt ihn nicht so
ganz ernst - auch nicht den Nazi Siegfried Rieber (Jose Ferrer), der
nicht nur der blonden Lizzi (Christiane Schmidtmer) schöne Augen macht,
sondern ganz unverhohlen übles Gedankengut zur Rassenfrage zum Besten
gibt. Kapitän Thiele (Charles Corvin) macht dabei gute Miene zum bösen
Spiel, aber auch er kann sich kaum vorstellen, dass diese kruden
Ansichten bald politisch relevant sein könnten. Er macht sich aber
Sorgen um den herzkranken Schiffsarzt Dr. Wilhelm Schumann (Oscar
Werner), der auf dem Schiff eine tablettenabhängige Comtessa (Simone
Signoret) kennenlernt. Ausserdem befindet sich unter den Reisenden eine
alternde amerikanische Lady (Vivien Leigh), die ihre Einsamkeit
wahrnimmt und auf der Suche nach Zärtlichkeit auf Männerfang geht.
Allerdings ist ihr die rohe und brutale Art des Mitreisenden Bill Tenny
(Lee Marvin) nicht besonders angenehm, sie sucht doch was
romantischeres. Tenny selbst läuft einer Flamencotänzerin hinterher. Ein
schweizer Ehepaar (Stanley Adams, Lilia Skala) haben ihren Hund, den
reizenden Boxer Bebe (Bebe) dabei, der sogar im Laufe der Handlung von
bösen Kindern von Bord geworfen wird, aber von einem Tierfreund gerettet
wird. Dieser verliert aber bei der Rettungsaktion sein Leben. Tragisch,
wie auch andere Begebenheiten und gestritten wird auch heftig (George
Segal, Elisabeth Ashley). Am Ende kommt das Schiff an seinem
Bestimmungsort Bremerhaven an, der Erzähler wagt ein sarkastisches
Resümee...
"Das Narrenschiff" ist sicherlich eines der Meisterwerke von Stanley Kramer (Flucht in Ketten, Rat mal wer zum Essen kommt, ..und nicht als ein Fremder). Der Filmemacher hat in seinem besten Arbeiten (Das Urteil von Nürnberg, Wer den Wind sät, Das letzte Ufer) immer wieder kontroverse Themen mit aufgenommen und hatte vor allem durch eine publikumswirksame Machart damit an der Kasse großen Erfolg. Die besten Parts im Film haben sicherlich Signoret und Werner (Romanze) und Leigh und Marvin (handgreiflicher Schlagabtausch).
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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