Der verhängnisvolle Fehler im Plan...
"Fahrstuhl zum Schafott" ist der legendäre Erstling von Louis Malle
und für mich ein lupenreiner Film Noir. Das Motiv der Femme Fatale, die
mit ihrem verbrecherischen Liebhaber den Ehemann um die Ecke bringen
will, verweist auf den Klassiker "Frau ohne Gewissen" von Billy Wilder
oder auf "Ossessione" von Luchino Visconti. Dabei wird der Zuschauer von
Anfang an zum Voyeur, denn er wird Zeuge bei der Planung und
Durchführung eines ruchlosen Verbrechens. Am Ende ist es wieder einmal
ein kleines, fast übersehbares Detail oder ein kleiner Fehler, der den
perfekten Masterplan zum Scheitern bringt.
Der einstige
Fremdenlegionär Julien Tavernier (Maurice Ronet) und die mit dem
schwerreichen Unternehmer Simon Carala (Jean Wall) verheiratete Florence
(Jeanne Moreau) sind heimlich ein Paar. Um ganz frei zu sein, haben sie
den Plan entwickelt den lästigen Gatten zu beseitigen. Alles soll wie
ein Unfall aussehen.
Tavernier tötet den unliebsamen Ehemann
in seinem Büro mit dessen eigener Pistole und tarnt den Mord als Suizid.
Als er auf der Straße bereits sein Cabriolet gestartet hat, bemerkt
er, dass er etwas wichtiges vergessen hat. Das Seil, mit dem er zum
Stockwerk seines Chefs gelangte, hängt noch verräterisch am Geländer der
Hausfassade. Er eilt nochmals zurück. Auf dem Weg nach oben bleibt er
jedoch im Fahrstuhl stecken, weil für die Nacht der Strom abgestellt
wird. So ein Pech...während er mühevoll versucht, sich zu befreien,
sucht ihn die wartende Florence in den Straßen von Paris, nachdem sie
sein Auto hat vorbei fahren sehen. Dies wurde nämlich von Louis (Georges
Poulouly), dem jungen Gangsterfreund des Blumenmädchens Verönique (Yori
Bertin) einfach "ausgeliehen". Die beiden Liebenden machen eine
Spritztour mit dem geklauten Wagen. Auf der Autofahrt machen sie ein
Wettrennen mit dem Deutschen Horst Bencker (Ivan Petrovich) und Frau
(Elsa Andersen), der einen Mercedes 300 SL fährt. In einem Motel
steigen beiden Paare ab, auch dort kommt es zu einem folgenreichen
Zwischenfall...
"Fahrstuhl zum Schafott" ist ein Vorläufer der
Nouvelle Vague. Er machte Jeanne Moreau zum Star und brachte dem jungen
Louis Malle den Durchbruch als Regisseur. Die Verbindung zu den USA und
zur schwarzen Serie bleibt stets gewahrt. Vor allem Miles Davis mit
seinem prägenden Soundtrack setzte atmosphärische Akzente und so erlebt
der Zuschauer die Metropole als kalten, aber pulsierenden Ort.
Erwähenswert auch die Kameraarbeit von Henri Decae, der dem Film einen
unvergleichlichen, sehr individuellen Stil verpasst. In einer Nebenrolle
als Kommissar ist sogar Lino Ventura zu sehen. Die Story, die in genau
kalkulierten Bildern abläuft, ist extrem doppelbödig und sehr oft wird
der Zuschauer zum Komplizen der agierenden Paare. Da wäre einmal das
Mörderpaar, bei denen der Mann plötzlich am Ende in die Zwickmühle gerät
zwei Morde gleichzeitig verübt zu haben. Eine Entlastung in dem einen
Fall wäre dann aber gleichzeitig die ultimative Belastung im zweiten
Fall. Darüberhinaus sind auch die beiden Jugendlichen gut für die
Geschichte. Sie erleben durch den Diebstahl ihren eigenen
Handlungstrang, der sich am Ende mit dem anderen verbindet und beide
Paare werden von Louis Malle perfekt schicksalshaft miteinander
verbunden. Ein toller Film, der gerade durch die unaufdringliche Machart
eine besondere Stimmung entfaltet.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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