Regie: Fritz Lang
Keine neue Chance für morgen...
"Gehetzt" aus dem Jahr 1937 war nach "Blinde Wut" der zweite Film
von Fritz Lang nach seiner Emmigration nach Amerika. In beiden Filmen
spielte Sylvia Sidney die weibliche Hauptrolle. In "Gehetzt"
(Originaltitel: You only live once) spielt sie die Sekretärin Joan
Graham (Sylvia Sidney), die für den Verteidiger bei Strafprozessen
Stephen Whitney (Barton MacLane) arbeitet. Ihr Chef ist ein bisschen
verliebt in sie, aber ihr Herz schlägt für Eddie Taylor (Henry Fonda).
Gegen Whitneys Rat und gegen den ihrer Schwester Bonnie (Jean Dixon)
gibt sie den Kleinkriminellen, der wieder mal ein paar Monate im
Gefängnis sitzt, nicht auf. Whitney gelingt es jedoch, Taylor auf
Bewährung frei zu kriegen. Natürlich heiratet er Joan und nimmt mit viel
bürgerlichen Ambitionen einen Job als Lastwagenfahrer an, den er aber
durch eigenes Ungeschick sehr schnell wieder verliert. Zu gleichen Zeit
findet ein schwerer Bankraub mit 7 Todesopfern statt, der im Laufe der
Geschichte Eddie Taylor zur Last gelegt wird. Der Verdächtige flieht
zuerst - was ihn noch verdächtiger macht , aber Joan bringt es fertig
ihn überzeugen, sich der Polizei zu stellen. Aufgrund von
Indizienbeweisen und der Voreingenommenheit der Jury wird Taylor dennoch
zum Tod auf dem elektrischen Stuhl verurteilt. Kurz vor seiner
Hinrichtung werden die wahren Täter ermittelt, woraufhin Taylor in
letzter Sekunde begnadigt wird. Doch vor der Mitteilung nimmt das
Schicksal bereits seinen katastrophalen Verlauf. Eddie versucht mit
Hilfe einer eingeschmuggelten Waffe aus der Haftanstalt auszubrechen.
Dabei tötet er versehentlich den Gefängnispfarrer (William Gargan), der
ihm die gute Nachricht der Begnadigung mitteilen wollte, aber dem er
angesichts der Situation keinen Glauben schenkt. Er flieht und sucht
seine hochschwangere Frau auf....
Fritz Lang setzte sich
damit erneut mit dem Rechtssystem und den Lebensumständen in seiner
Wahlheimat USA auseinander, wohin er nach Machtübernahme der
Nationalsozialisten via Frankreich ausgewandert war. Nach der Flucht
wandelt sich der Film in eine frühe Version des Bonnie-and-Clyde-Themas
mit zwei Liebenden auf der Flucht - ähnliche Bilder wählte auch Raoul
Walsh vier Jahre später in seinem brillianten "Entscheidung in der
Sierra". Bei Fritz Lang bleibt jedoch das Sozialdrama bis zum Schluß
gegenwärtig. Für die Bilderwelt seiner tragischen Geschichte um einen
Verlierer, der von Flucht zu Flucht schliddert, greift Lang gekonnt auf
die Mittel des Expressionismus’ zurück, bringt ein schattenreiches
Schwarzweiß sowie markante Close-ups und bemerkenswerte
Kameraeinstellungen. Ein gut gemachter Vorläufer des Film Noir Genre,
das ab 1940 seinen Siegeszug antrat. Hatte der Meisterregisseur in
seinem ersten US-Film "Fury" gezeigt, wie brave Bürger einen
Unschuldigen lynchen wollen, so zeigt er in "Gehetzt" wie die
Gesellschaft einem Gestrauchelten immer wieder die Resozialisierung
verweigert.
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.
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