Regie: Arne Mattson
Die tragische Geschichte von Kerstin und Göran...
"Sie tanzte nur einen Sommer" war bei seinem Erscheinen im Jahr 1951 nicht nur ein echter Sittlichkeitsskandal, weil er ein nacktes Liebespaar beim Baden im See zeigte, sondern wurde ein echter Hit an der Kinokasse und gilt auch heute noch als eine der erfolgreichsten schwedischen Filmproduktionen überhaupt. Die Geschichte basiert auf dem Roman "Sommardansen" von Per Olof Ekström und wurde von Regisseur Arne Mattson sentimental in Szene gesetzt.
Für den heutigen Zuschauer - ich sah den Film jetzt zum ersten Mal - ist der erste Eindruck extrem nostalgisch und man fragt sich sehr schnell als Mensch in der heutigen Zeit wo denn da jetzt der Skandal liegt. Denn die Lovestory, die hier gezeigt wird, ist in allen Punkten brav und züchtig und niemals anstößig. Ein in den Extras der DVD befindliches Interview (ca. 28 Minuten) mit der Schauspielerin Gunvor Ponten (sie spielt im Film das Mädchen Sylvia) gibt ein bisschen Aufschluß über die damaligen Zeiten in Schweden, da sie die große Kluft zwischen Stadt und Land beschreibt. Sehr stark ausgeprägt war der Unterschied in der Religion, auf dem Land herrschte der Pfarrer für die mächtige Kirche mit sehr strengen Gesetzen. Gunvor Ponten gibt sogar an, dass man auch heute noch in ländlichen Gegenden solche Strömungen finden kann, dank eines erstarkten Fundamentalismus, der sich immer wieder etablieren kann. Dies erinnerte mich dann sehr schnell an das Verhalten des Pfarrers in einem neueren schwedischen Welterfolg. In "Wie im Himmel" wird die Bigotterie des dörflichen Kirchenlebens durch eine etwas gemässigtere Ausgabe des Dorfpfarrers wie in "Sie tanzte nur einen Sommer" thematisiert. Also doch nicht so abwegig wie im Film geschildert ? Auf jeden Fall wirkt Arne Mattsons Film im Vergleich zu dem fast zeitgleich entstandenen Bergman Film "Die Zeit mit Monika" viel oberflächlicher, da es zwischen der gezeigten Landschaft und der Jahreszeit nur wenige Wechselwirkungen auf die Entwicklung der Beziehung der beiden Liebenden gibt. Der Riesenerfolg verdankt der Film natürlich auch einem voyeuristischen und neugierigen Publikum der 50er Jahre, die in einer erotisch noch verklemmten Zeit die Geschichte zweier Liebender fast als Befreiungsschlag ansehen mussten. Mein Vater jedenfalls hat von dem Film früher sehr geschwärmt - ich denke er war als Jugendlicher auch ein Zuschauer der größten Zielgruppe. Aus dem Abstand von sechs Jahrzehnten muss man aber sagen, dass der Film die Zeit nicht ganz so gut überdauert hat wie die vergleichbaren Bergman Filme.
Zur Geschichte: Nach seiner bestandenen Abiturprüfung hat der 19jährige angehende Student Göran Stendahl (Folke Sundquist) einige Zeit Urlaub vom hektischen Treiben und modernen Leben Stockholms verdient. Daher verbringt er seine Ferien bei seinem sehr liberalen Onkel Persson (Edvin Adolphon) auf dem Bauernhof. Dort lernt er beim Erntehelfen die 17jährige Bauerntochter Kerstin (Ulla Jacobsson) kennen und die beiden jungen Menschen verlieben sich ineinander. Anders Tochter Sigrid (Irma Christenson) sieht die aufkeimende Romanze nicht gerne - sie ist auch bei weitem nicht die Einzige. Kerstins Eltern sind streng religiös und für gute Christen und vor allem anständige Mädchen gehört es sich nicht sich mit hübschen Jungen aus der Großstadt einzulassen. Der Pfarrer (John Elfström) bestimmt den Verhaltenskodex im Dorf. Er bemängelt auch, dass die Dorfjugend lieber den Sonntag Nachmittag mit Theaterspiel und Fußball spielen verbringt als in die kirchliche Bibelstunde zu gehen. Nach anfänglichen Ängsten sich richtig zu verhalten, siegt jedoch das Gefühl bei den beiden Liebenden. Kerstin und Göran sind daher fest entschlossen, allen Widerständen zum Trotz zusammenzubleiben...
Der Regisseur macht kein großes Geheimnis um den Ausgang seines Films, da er direkt mit einer Beerdigung und der verurteilungsvollen Grabrede des Herrn Pfarrers beginnt, der das teuflische Treiben der beiden Jugendlichen als von Gott bestraft ansieht. Der junge Göran, der es nicht mehr aushält von dieser großen Schuld zu hören, die der Geistliche ihm an dem Tod der jungen Kerstin gibt, übernimmt nach kurzer Zeit die Erzählung, die in einer Rückblende den vergangenen Sommer wieder auferstehen lässt und somit auch den Augenblick der größten Verliebtheit, die sich dann wie bereits erwähnt in einer nächtlichen Nacktbadeszene gipfelt und wo sich die beiden ewige Treue schwören. Neben der Lovestory wird auch gezeigt wie harmlose Vergnügungen wie Jugendmusik oder Tanz vom Pfarrer verboten wird, doch die Landjugend ist erfinderisch und lässt sich mit viel Engagement nicht unterkriegen. Sie bauen eine Scheune in eine Art Jugendzentrum um, dort wird in der schönen schwedischen Landschaft bis in die Abenddämmerung getanzt. Der Film endet mit einem tragischen Unglück und ganz zum Schluß sind wir wieder bei der Grabrede des Pfarrers, der aber nicht die letzten Worte bei der Beisetzung spricht. Die kommen von Persson, der das Gespür für eine neue - viel freiere Zeit hat und den spießigen Worten des Pfarrers eine Absage erteilt.
Was sehr gut trotz des altmodischen Flairs eingefangen wird, ist die jugendliche Euphorie einer Sommerliebe und die daraus resultierende Aufbruchsstimmung. Ich glaube da liegt auch ein weiterer Schlüssel des Erfolgs. Denn auch wenn im Kinojahr 1951 ganz viele Zuschauer den Film wegen nackter Haut sehen wollten - sie hätten aufgrund der tatsächlich gezeigten Bilder alle maßlos enttäuscht sein müssen. Waren sie aber nicht. Im Gegenteil: Der Film war in zeitgenössischer Sicht ein Erfolg, weil er die eher jungen Zuschauer gestärkt aus dem Kinosaal entließ. Aus heutiger Sicht gibt der Film einen interessanten Einblick in längst vergangene Vorstellungen von Sitte und Moral - in den 60 Jahren fand da sicherlich ein Quantensprung von Normen statt. Darüberhinaus gelingt es mit der stimmungsvollen Schwarz-Weiß Fotografie von Göran Strindberg den Hochsommer Schwedens spürbar zu machen. Trotz der Nähe zur Herz-Schmerz Schmonzette ein interessanter Film.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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