Regie: Vincente Minelly
Zwei Brüder...
Vincente Minellys erfolgreichste Filme waren "Ein Amerikaner in
Paris", "Gigi", "Stadt der Illusionen" oder "Vater der Braut". Sein
vielleicht bester Film dürfte das 1958 realisierte Verliererepos
"Verdammt sind sie alle" sein. Im Krimigenre war er nur selten tätig.
Obwohl sein 1946 gedrehter Film "Der unbekannte Geliebte" (Original:
Undercurrent), ein Mischung aus Film Noir, Psychothriller und Melodram
äusserst erfolgreich im Kino lief. Der Film ist aber weitestgehend in
Vergessenheit geraten - trotz seiner attraktiven Stars Katherine
Hepburn, Robert Taylor und Robert Mitchum am Anfang seiner Karriere.
Kritiker warfen dem Kassenerfolg vor, dass er in jeder Rolle eigentlich
fehlbesetzt wäre. Ich komme da zu einem anderen Urteil, denn über weite
Teile ist der Film sehr spannend und bietet mit dieser fatalen
Dreierkonstellation eine sehr interessante Geschichte.
Der
Chemiprofessor Dink Hamilton (Edmund Gwenn) hat eine Erfindung gemacht,
an der der schwerreiche Industrielle Alan Garroway (Robert Taylor)
starkes Interesse hat. Der Fabrikant will die Erfindung kaufen und reist
zu diesem Zweck zu Hamilton. Der lebt gemeinsam mit seiner erwachsenen
Tochter Ann (Katherine Hepburn) auf dem Land. Die Haushälterin (Marjorie
Main) hatte schon Befürchtungen, dass Ann einmal als alte Jungfer
endet, denn sie liess bis jetzt jeden Verehrer eiskalt abblitzen. Doch
bei dem weltgewandten und attraktiven Gentleman Garroway springt der
Funke der Liebe über und da die Gefühle auf Gegenseitigkeit beruhen,
wird schnell geheiratet. Damit verbunden ist ein Umzug nach Washington.
Ann lernt die Bekannten ihres neuen Gatten kennen und hat Mühe sich mit
ihrer einfachen Art den Gepflogenheiten der High Society anzupassen.
Flitterwochen sind perfekt und auch die erste Zeit ist extrem
harmonisch. Sie erfährt aber, dass Alan noch einen Bruder namens Michael
(Robert Mitchum) hat, der seit einiger Zeit verschwunden ist. Die
beiden Brüder haben sich vor einigen Jahren so extrem zerstritten, dass
jeder Kontakt abbrach. Alan behauptet, dass Michael durch diverse
Unterschlagungen die Firma beinahe in den Ruin gestürzt hätte. Da Ann
bald bemerkt, dass sie mehr Licht ins Dunkel dieser Geschichte bringen
muss, stellt sie einige Nachforschungen an. Von ihrem Mann erfährt sie
nichts, er vermeidet dieses Thema in besten Falle. Manchmal scheint er
eine riesige Aggression aufzubauen, wenn er nur den Namen seines Bruders
hört. Anns Misstrauen wächst. Als Alan Garroway Anns Nachforschungen
bemerkt, zeigt er sich gegenüber Ann von einer anderen Seite…
Dabei
bezieht der Film einen Großteil seiner Stärke aus der
Bruderkonstellation, bei dem der Zuschauer auch erstmal im Dunkel tappt
und nur langsam nimmt die Figur von Alan und auch von Michael Gestalt
an. Minelly hat die Figuren der Brüder aber so angelegt, dass sie
ambivalent bis zum Schluß bleiben und erst der dramatische Showdown bei
einem Ausritt zeigt das ganze Ausmaß der bösen Anteile von der
Persönlichkeit Alans zum Tragen. Dabei bleibt er dennoch bis zum Schluß
ein Liebender, was zunehmend tragisch gedeutet werden kann.
Möglicherweise wäre eine etwas sensiblere Darstellerin besser gewesen in
der Rolle der Ann - aber ich finde die burschikose Katherine Hepburn
macht ihre Sache in ihrem einzigen Film Noir gut. Robert Taylor ist aber
großartig als Ehemann mit zwei Gesichtern. Wer "Rebecca" oder "Das Haus
der Lady Alquist" gut findet, der kann sich hier auf einen eher
unbekannten verwandten Film freuen.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen