Donnerstag, 11. Januar 2018

In den Wind geschrieben

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Regie: Douglas Sirk
 
Denver oder Dallas in berauschendem Technicolor...
 
Douglas Sirk ist der Meister des Hollywood-Melodrams. Der gebürtige Deutsche verließ als etablierter Regisseur (Zu neuen Ufern, La Habanera, Schlußakkord, Das Mädchen vom Moorhof) wegen seiner jüdischen Frau Hilde Jary im Jahr 1937 Nazideutschland und lebte vorübergehend in Holland und Frankreich. Dann verließ er Europa und versuchte in Hollywood Fuß zu fassen. Der Anfang gestaltete sich nicht so einfach, aber 1943 gab ihm MGM den ersten Regieauftrag. Bereits seine zweite Inszenierung "Sommerstürme" wurde ein Erfolg bei den Kritikern. Er wandte sich mit "Schlingen der Angst" und "Angelockt" dem Film Noir zu und ab 1953 spezialisierte er sich mit "All meine Sehnsucht" immer mehr im Genre des Melodrams. Dabei wurde er insgesamt zehn Mal von Kameramann Russell Metty, der 1961 seinen wohlverdienten Oscar für "Spartacus" erhielt, unterstützt.
So auch in "In den Wind geschrieben" aus dem Jahr 1956 - neben "Solange es Menschen gibt" und "Was der Himmel erlaubt" sicherlich eines seiner größten Meisterwerke.
Seine Filme waren in den 50ern natürlich gute Kinoerfolge - aber bei den Kritikern dauerte es sehr lange, bis man seine Arbeiten wirklich schätzte und sie auch eingehend würdigte. Einer der größten Bewunderer war sicherlich Rainer Werner Fassbinder und Wim Wenders nannte Sirk einen "Dante der Soap Opera", der meisterhaft in der Lage gewesen sei, die Schattenseiten des American Dream in dramatischen Bildern zu vermitteln.
Es sind opulente Technicolor-Schinken, die tatsächlich gewisse Widerhaken in der Story setzen und sich so völlig von der Norm des Genres absetzen.
Vordergründig herrscht die Emotion, eingebettet in Emotionen, passend zu Technicolor und Cinemascope. Alles ist irgendwie überlebensgroß und man spürt die Parodie darin. Schockierendes aus dem american way of Life wird mit einer leidenschaftlichen Feierlichkeit behandelt, dies erkannte auch Kritikerpapst Roger Ebert. Er sieht in Sirks Stil, in seiner Übertreibung einen starken Hang zum satirischen Humor und gerade aus "In den Wind geschrieben" lässt sich herauslesen, dass da eine bemerkenswerte Kritik an der 50er Jahre Gesellschaft vorgenommen wurde.
Neben Mitch Wayne (Rock Hudson) und Lucy Moore (Lauren Bacall), den beiden Normalos der Geschichte, präsentiert Sirk mit der schwerreichen Familie Hadley aus Texas zum einen die selbstzerstörerische, alkoholabhängige Nymphonanin Marylee (Dorothy Malone) und ihren unsicheren, ebenfalls schwer alkoholkranken Bruder Kyle (Robert Stack), ein Playboy wie er im Buche steht. Verwöhnt von ihrem Reichtum durch den Vater und Ölbaron Jasper Hadley (Robert Keith) sind beide Kinder als Erwachsene extrem neurotisch und handeln destruktiv. Da hat es nicht mal was genützt, dass der egozentrische Jasper den kleinen Mitch, der ärmlichen Verhältnissen entstammt, bei sich aufgenommen hat. Nicht unbedingt aus Nächstenliebe, denn Mitch hatte gute Eltern. Aber er wollte, dass seine eigenen verwöhnten Kinder mit einem ganz normalen amerikanischen Jungen aufwachsen, um sich an seinen Tugenden orientieren zu können - Ehrlichkeit, Rechtschaffenheit, Bescheidenheit, Treue, Arbeitseifer. All dies war Mitch und wurde so zum Freund von Kyle. Auch sein Aufpasser, wenn der wieder mal über die strenge schlug. Und Marylee war schon als kleines Mädchen in den starken Jungen, der bei ihnen aufwuchs, verliebt. Aber der liebt sie als erwachsener Mann nur wie seine Schwester. Mit dem Ergebnis, dass Marylee zum stadtbekannten Flittchen wird. Als Mitch und Kyle die Sekretärin Lucy kennenlernen, verlieben sich beide in die attraktive Frau. Da Kyle etwas mehr Verführungskünste auffährt, gewinnt er und nicht Mitch das Herz von Lucy. Die Heirat folgt. Und damit für den labilen Kyle ein total trockendes Jahr. Aber der erste richtige Ehekonflikt lässt ihn dann doch wieder zur Flasche greifen...




Tatsächlich haben Robert Stack und Dorothy Malone die interessanteren Rollen in "In den Wind geschrieben" erwischt. Wobei aber auch Laureen Bacall und Rock Hudson eine gute Figur machen. Stack und Malone schafften aber im Oscarjahr 1957 eine Oscarnominierung in der "Nebendarsteller" Kategorie. Dorothy Malone gewann den Oscar, Robert Stack musste sich aber von Anthony Quinn in "Vincent van Gogh" geschlagen geben. Rock Hudson wurde ebenfalls nominiert, aber nicht für seine Rolle als Mitch Wayne. Der Academy gefiel seine Rolle als Rancher Bick Benedict in George Stevens "Giganten" noch besser. Interessanterweise spielte er in beiden Fällen einen Texaner und in beiden Filmen gings ja auch um Öl. Riesig ist die Farbdramaturgie des Films, dies ist schon in den ersten Sekunden zu sehen. Wenn etwa der betrunkene Kyle mit seinem gelben Sportwagen nach Hause rast und dort ankommt. Er wird von Mitch, Lucy und Marylee beobachtet, wie er aus dem Auto steigt und in die riesige Villa eintritt. Die Tür lässt er offen, so dass Sirk uns ein ersten traumhaftes Bild mit Dorothy Malone präsentieren kann, im lila Outfit steht sie im Gang, der Wind wirbelt dabei eine Vielzahl von Blätter in diesen Flur. "In den Wind geschrieben" bietet viel fürs Auge und lässt die alte Traumfabrik noch einmal auferstehen.




Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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