Sonntag, 14. Januar 2018

Ein Mann besiegt die Angst





















Regie: Martin Ritt

Irgendwo am Rande der Großstadt...

Der New Yorker Regisseur Martin Ritt ist eines der prominenten Opfer des ominösen Komitee für unamerikanische Umtriebe und durch seine frühere Zugehörigkeit in der Kommunistischen Partei kam er natürlich auf die Schwarze Liste. Dies bedeutete den beruflichen Ruin, denn er bekam in Hollywood keine Arbeit mehr. Er begann sich selbständig zu machen und unterrichtete in der Folgezeit junge Schauspieler, aus seiner Schule gingen spätere Topstars wie Paul Newman, Lee Remick oder Rod Steiger hervor. Seine Erlebnisse in der McCarthy Zeit verarbeitete Ritt später in seinem 1976er Film "Der Strohmann" mit Woody Allen (Leider gibts davon keine deutschsprachige DVD).
Seine bekanntesten Filme sind "Der Wildeste unter Tausend" (1963), "Der Spion, der aus der Kälte kam" (1965), "Man nannte ihm Hombe" (1967) und "Norma Rae" (1979).
Sein Regiedebüt war "Ein Mann besiegt die Angst" aus dem Jahr 1957 - er hat dabei eine Geschichte aus dem einfachen Arbeitermilieu ausgewählt und so erinnert der Film stellenweise an Elia Kazans Meisterwerk "Die Faust im Nacken".  Genauso wie Marlon Brando ist auch der von John Cassavettes gespielte Herumtreiber Axel Nordmann ein echter Aussenseiter. Und genauso wie in "Die Faust im Nacken" spielt die Geschichte in der Hafengegend in New York. Dort findet Axel eine Anstellung.
Durch die unprätentiöse Kameraarbeit von Joseph C. Brun erhält Martin Ritts Erstling einen gewissen Noir-Touch und der Dokustil verleiht dem Arbeiterdrama wirkungsvolle Bilder. Brun hat in seiner Filmographie nur wenig Welterfolge vorzweisen, seine bekannteste Arbeit dürfte aber der Robert Wise Klassiker "Wenig Chancen für morgen" sein.
Axel hat Geheimnisse als er an die Westküste Manhattans kommt. Er gibt sich als "Alex North" aus, ist mittellos und ruft öfters seine Eltern (Robert F. Simon/Ruth White) an, aber sich nicht zu erkennen gibt, wer am Apparat ist. Nachdem er die Stimmen der Eltern gehört hat, legt er wieder auf. Als Hafenarbeiter wird er dem bösartigen Raubauken Charles Malick (Jack Warden) unterstellt, der aus seiner rassistischen Gesinnung keinen Hehl macht. Es ist dem Mann ein Dorn im Auge, dass der junge Schwarze Tommy Tyler (Sidney Poitier) die gleiche Position wie er inne hat. Axel freundet sich mit dem etwa gleichaltrigen Tommy an und lernt auch dessen temperamentvolle Frau Lucy (Ruby Dee) kennen. Tommy merkt sehr schnell, dass sein neuer Freund irgendwie sehr gehemmt ist und viele Probleme hat, die er nicht äussern kann. Er glaubt, dass ein Mädchen ihn auf schönere Gedanken bringen könnte und so bringen sie Axel mit Ellen Wilson (Kathleen Maguire) zusammen. Etwas langsam könnte sich da etwas anbahnen. Bei der Arbeit kommt es aber immer wieder zu Konflikten zwischen Malick und Axel, weil der sich entschieden hat in der Kolonne von Tommy zu arbeiten. Da Malick weiß, dass Axel etwas zu verbergen hat, musste er ihm von Anfang an einen kleinen Teil des Lohnes abdrücken - nun verlangt er mehr, da er herausbekommen hat, dass Axel aus der Armee desertiert ist. Eine Katastrophe bahnt sich an...



Und nach dieser Katastrophe besiegt ein Mann dann auch seine Angst. Alles spielt sich am Rande der Stadt ab (im Original heißt Ritts Film tatsächlich "Edge of the City). Der Drehbuchautor Robert Alan Arthur war in seinem Script etwas mutiger, denn er legte die Figur des Axel Nordman durch einige Andeutungen als homosexuell an. Die Motion Picture Production Code Administration erlaubte zwar ein paar leichte Verdachtsmomente, empfahl den Machern aber auf alle Fälle zu einer sehr vorsichtigen Handhabung. So sieht man im Film lediglich die tiefe Freundschaft zwischen zwei jungen Männern, von denen einer eine ganz schwierige Vergangenheit hat. Schon in Kindertagen mit dem viel männlicheren älteren Bruder verglichen wurde und der Hemmungen hat mit den Mädels zu flirten.
Für die damaligen Zeit war der Film aber beim Thema "Rassismus" viel offener und er zeigt einen stolzen dunkelhäutigen Mann, der sich auch in der Arbeitswelt zurecht zu finden weiß und auch als Vorgesetzter ein glückliches Händchen im Umgang mit seinen Männern vorweisen kann.
Nach "Die Saat der Gewalt" war dieser Film Sidney Poitiers zweite große Rolle und es war nur eine Frage der Zeit, bis er zu den ganz Großen Hollywoods aufsteigen konnte. Auch John Cassavettes Karriere begann mit dieser sehr guten Leistung - bereits zwei Jahre später drehte er als Regisseur seinen ersten Film "Schatten" und wurde zum geistigen Vater und Wegbereiter des amerikanischen Indenpendentfilm.



Bewertung: 7,5 von 10 Punkten. 

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