Regie: Martin Ritt
Irgendwo am Rande der Großstadt...
Der New Yorker Regisseur Martin Ritt ist eines der prominenten
Opfer des ominösen Komitee für unamerikanische Umtriebe und durch seine
frühere Zugehörigkeit in der Kommunistischen Partei kam er natürlich auf
die Schwarze Liste. Dies bedeutete den beruflichen Ruin, denn er bekam
in Hollywood keine Arbeit mehr. Er begann sich selbständig zu machen und
unterrichtete in der Folgezeit junge Schauspieler, aus seiner Schule
gingen spätere Topstars wie Paul Newman, Lee Remick oder Rod Steiger
hervor. Seine Erlebnisse in der McCarthy Zeit verarbeitete Ritt später
in seinem 1976er Film "Der Strohmann" mit Woody Allen (Leider gibts
davon keine deutschsprachige DVD).
Seine bekanntesten Filme sind "Der Wildeste unter Tausend" (1963),
"Der Spion, der aus der Kälte kam" (1965), "Man nannte ihm Hombe" (1967)
und "Norma Rae" (1979).
Sein Regiedebüt war "Ein Mann besiegt die Angst" aus dem Jahr 1957 -
er hat dabei eine Geschichte aus dem einfachen Arbeitermilieu
ausgewählt und so erinnert der Film stellenweise an Elia Kazans
Meisterwerk "Die Faust im Nacken". Genauso wie Marlon Brando ist auch
der von John Cassavettes gespielte Herumtreiber Axel Nordmann ein echter
Aussenseiter. Und genauso wie in "Die Faust im Nacken" spielt die
Geschichte in der Hafengegend in New York. Dort findet Axel eine
Anstellung.
Durch die unprätentiöse Kameraarbeit von Joseph C. Brun erhält
Martin Ritts Erstling einen gewissen Noir-Touch und der Dokustil
verleiht dem Arbeiterdrama wirkungsvolle Bilder. Brun hat in seiner
Filmographie nur wenig Welterfolge vorzweisen, seine bekannteste Arbeit
dürfte aber der Robert Wise Klassiker "Wenig Chancen für morgen" sein.
Axel hat Geheimnisse als er an die Westküste Manhattans kommt. Er
gibt sich als "Alex North" aus, ist mittellos und ruft öfters seine
Eltern (Robert F. Simon/Ruth White) an, aber sich nicht zu erkennen
gibt, wer am Apparat ist. Nachdem er die Stimmen der Eltern gehört hat,
legt er wieder auf. Als Hafenarbeiter wird er dem bösartigen Raubauken
Charles Malick (Jack Warden) unterstellt, der aus seiner rassistischen
Gesinnung keinen Hehl macht. Es ist dem Mann ein Dorn im Auge, dass der
junge Schwarze Tommy Tyler (Sidney Poitier) die gleiche Position wie er
inne hat. Axel freundet sich mit dem etwa gleichaltrigen Tommy an und
lernt auch dessen temperamentvolle Frau Lucy (Ruby Dee) kennen. Tommy
merkt sehr schnell, dass sein neuer Freund irgendwie sehr gehemmt ist
und viele Probleme hat, die er nicht äussern kann. Er glaubt, dass ein
Mädchen ihn auf schönere Gedanken bringen könnte und so bringen sie Axel
mit Ellen Wilson (Kathleen Maguire) zusammen. Etwas langsam könnte sich
da etwas anbahnen. Bei der Arbeit kommt es aber immer wieder zu
Konflikten zwischen Malick und Axel, weil der sich entschieden hat in
der Kolonne von Tommy zu arbeiten. Da Malick weiß, dass Axel etwas zu
verbergen hat, musste er ihm von Anfang an einen kleinen Teil des Lohnes
abdrücken - nun verlangt er mehr, da er herausbekommen hat, dass Axel
aus der Armee desertiert ist. Eine Katastrophe bahnt sich an...
Und nach dieser Katastrophe besiegt ein Mann dann auch seine Angst.
Alles spielt sich am Rande der Stadt ab (im Original heißt Ritts Film
tatsächlich "Edge of the City). Der Drehbuchautor Robert Alan Arthur war
in seinem Script etwas mutiger, denn er legte die Figur des Axel
Nordman durch einige Andeutungen als homosexuell an. Die Motion Picture Production Code Administration erlaubte zwar ein
paar leichte Verdachtsmomente, empfahl den Machern aber auf alle Fälle
zu einer sehr vorsichtigen Handhabung. So sieht man im Film lediglich
die tiefe Freundschaft zwischen zwei jungen Männern, von denen einer
eine ganz schwierige Vergangenheit hat. Schon in Kindertagen mit dem
viel männlicheren älteren Bruder verglichen wurde und der Hemmungen hat
mit den Mädels zu flirten.
Für die damaligen Zeit war der Film aber beim Thema "Rassismus" viel
offener und er zeigt einen stolzen dunkelhäutigen Mann, der sich auch in
der Arbeitswelt zurecht zu finden weiß und auch als Vorgesetzter ein
glückliches Händchen im Umgang mit seinen Männern vorweisen kann.
Nach "Die Saat der Gewalt" war dieser Film Sidney Poitiers zweite
große Rolle und es war nur eine Frage der Zeit, bis er zu den ganz
Großen Hollywoods aufsteigen konnte. Auch John Cassavettes Karriere
begann mit dieser sehr guten Leistung - bereits zwei Jahre später drehte
er als Regisseur seinen ersten Film "Schatten" und wurde zum geistigen
Vater und Wegbereiter des amerikanischen Indenpendentfilm.
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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