Montag, 29. Januar 2018

Der müde Tod




















Regie: Fritz Lang

Die Begegnung mit dem Tod...

"Der müde Tod" ist einer der bekanntesten Filme von Fritz Lang und gehört zu den ganz großen Filmmeisterwerken der Weimarer Republik. Doch bislang waren alle erhaltenen Kopien in schwarz-weiß. Ins Kino kam er 1921 jedoch eingefärbt: Viragiert (Einfärbung des Bildträgers) und getont (Einfärbung der fotografischen Schicht). Da aber keine zeitgenössische Kopie des Films existierte, wurden bei der aufwändigen Restaurierung des Klassikers die Färbungen anhand von Filmen aus der gleichen Periode simulierte. Dabei war schnell klar, dass die Farben Blau für die Nacht und die Farbe Rot für das Feuer gängige Codes in der Stummfilmära waren. Gleichermassen sollten delbe und elfenbeinfarbene Bilder für Aussenszenen benutzt werden und in rosafarben waren Innenszenen gehalten. Die Innenszenen am Abend dagegen sahen orangefarben aus. Auch wurden Zwischentitel wiederentdeckt, die nun eingefügt wurden und die düstere und melancholische Atmosphäre der Rahmenhandlung noch zusätzlich verstärken. Stilistisch nahm Fritz Lang und Thea von Harbou, die mit ihm das Drehbuch schrieb, viel Inspiration aus der Romantik. Die Darstellung des Todes ist davon geprägt, ebenso viele Szenen, wie etwa der Apotheker, der in einer Vollmondnacht Kräuter sammelt - man fühlt sich an Gemälde von Caspar David Friedrich erinnert. Es wurde eine neue Filmmusik bei Cornelius Schwehr in Auftrag gegeben, da kein historische Filmmusik überliefert ist.
Eindrucksvoll ist auch die Ausstattung dieses Films: Vor allem die Szenen in der verwinkelten deutschen Kleinstadt, in dem die Rahmenhandlung spielt - auch die überlebensgroße hohe Halle des Todes ohne Tür. Für die Bauten waren Walter Röhrig, Hermann Warm und Robert herlth zuständig. Beeindruckend auch die Lichteffekte, die Lang wagte. Auch die Kameraarbeit lag in der Hand eines genialen Trios: Erich Nitschmann, Hermann Saalfrank und Fritz Arno Wagner.
Am Anfang der Geschichte herrscht großes Glück und Lebensfreude. Ein junges Liebespaar (Lil Dagover/Walter Janssen) fahren in einer Kutsche in die Stadt - man merkt ihnen die Verliebtheit an. Doch ein dunkler Schatten geht von einem geheimnisvollen Fremden (Bernhard Goetzke) aus, der kurz vor der Stadt einsteigt. Dieser Mann hat sich ein Grundstück nahe am Friedhof gekauft und mit einer einer hohen Mauer ohne Tor versehen. Nur der Fremde kennt den Eingang, die Leute sind aber neugierig. Im Grunde war ihnen dieser Fremde auch suspekt, doch er konnte die einflussreichen Bürger der Stadt mit gutem Geld zum Verkauf dieses Grundstücks bewegen. Das Paar kehrt im Wirtshaus ein, der Fremde ebenso. Er setzt sich sogar an den Tisch der Verliebten. Als die junge Frau ihren Freund für einen kurzen Augenblick alleine lässt, ist er auch schon verschwunden - der Fremde ebenso. Bald wird ihr klar, dass der Fremde der Tod höchstpersönlich war und ihren Liebsten zu sich gehölt hat. Sie will aber nicht ohne ihn leben und findet den Eingang zu seinem Anwesen. Sie bittet um sein Leben, der Tod führt sie nun in einen großen Saal voller flackender Kerzen. Es stellen das Lebenslicht jedes einzelnen Menschen dar. Wenn sie es schafft, ihn - der müde geworden ist - zu besiegen und eines von drei Kerzen vor dem Erlöschen zu bewahren, dann soll ihr der Wunsch gewährt werden. Jede Kerze steht für eine Geschichte und die drei Geschichten führen uns in eine arabische Stadt, nach Venedig zur Renaissancezeit und ins Reich der Mitte. Kann die junge Frau den Tod tatsächlich bezwingen ?








Fritz Lang zeigt einen Tod, der seines Amtes tatsächlich müde geworden ist und der es sogar irgendwie darauf anlegt von der Frau besiegt zu werden. Doch so einfach ist es nicht. denn Langs Film ist nicht nur ein geheimnisvolles Märchen, sondern auch ein düsteres Volkslied. Dabei hat sich Lang auch aus den Volksmärchen inspierieren lassen. Die Kerzenhalle mit den Lebenslichtern stammt aus "Der Gevatter Tod" der Gebrüder Grimm und die Geschichte vomn Tod ein Leben zurückzufordern und dann damit zu scheitern geht auf Hans Christian Andersens "Die Geschichte von einer Mutter" zurück. Auch der irrtümliche Mord und die Maske in Venedig findet seinen Ursprung in der "Geschichte von der abgehauenen Hand" von Wilhelm Hauff.
Der Film behandelt zentrale Themen wie Liebe und Tod, Schicksal und Opfertum. optisch benutzt er ein expressionistische Bildsprache. Die drei Episoden aus anderen Ländern geben dem Film eine gewisse Exotik, sie bleiben aber attraktives Beiwerk - es herrscht immer die geisterhafte Totenwelt vor.  Der Tod ist auch ein wiederkehrendes Merkmal in Fritz Langs Spielfilmen - diese geisterhafte Erscheinung soll angeblich aus seinen eigenen Träumen stammen, die er als Kind hatte. Luis Bunuel, damals nur Filmfan und noch kein Regisseur, war begeistert von diesem Film. Er gab in einem Interview an, dass es "Der müde Tod" war, der in ihm den Wunsch wach werden ließ Filme zu drehen. Für mich ist "Der müde Tod" nach "M - Eine Stadt sucht einen Mörder" Langs bestes Werk.






Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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