Regie: Robert Wise
Ein todsicherer Coup...
Filmhistorisch wird Robert Wises Noir-Film "Wenig Chancen für
morgen" entweder als letzter Film der klassichen Film Noir Ära
bezeichnet oder als erster Neo-Noir. Dabei ist ihm auch ein grimmiger
Beitrag zum Rassismus in den USA gelungen, ganz besonders deutlich wird
dies in der Schlußszene des Films, wenn zwei verkohlte Leichen
identifiziert werden sollen und einer der Polizisten fragt "Welcher von
denen war denn nun der Weiße ?" - Robert Wise schuf damit ein
Verliererepos, das sicherlich auch einen gewissen Einfluss auf die
Nachfolgefilme des Noir hatte - ich denke da auch an Alan Barons
"Explosion des Schweigens", der einige Monate später entstand und und
die Anonymität und Verlorenheit der Hauptfigur noch etwas stärker in den
Focus stellt. Auch die Heist Anteile, wie sie in den 60er Jahren für
Jean Pierre Melville berühmt waren, sind hier in "Odds against tomorrow"
(so der Originaltitel) nicht wegzudenken.
Ein todsicherer Coup soll gelandet werden - zumindest wenn es nach
dem verbitterten Ex-Polizisten David Burke (Ed Begley) geht - der wurde
von seinen Kollegen hängengelassen und schiebt immer noch einen Frust
auf den gesamten Polizeiapparat, weil die sein Leben ruiniert hätten. Er
hat aber einen Plan, wie man 50.000 Dollar machen kann - dazu braucht
er aber zwei Komplizen. Von seiner aktiven Zeit kennt er noch den
Ex-Knacki Earl Slater (Robert Ryan), der es nun im Alter etwas langsamer
angehen lässt, keinen Job hat und bei der Freundin Lorry (Shelley
Winters) wohnt. Die hat einen Job als Tänzerin und hält ihren Freund
aus. Früher war er ne große Nummer und es gefällt ihm immer noch, wenn
Frauen auf ihn fliegen. So bekundet auch die laszive Nachbarin helen
(Gloria Grahame) in Abwesenheit von Lorry sexuelles Interesse. Earl
Slater ist ein Rassist und dies wird beim geplanten Coup noch zum
Hauptproblem werden, denn der zweite Komplize des alten Burke ist der
junge schwarze Nachtclubsänger und Jazzmusiker Johnny Ingram (Harry
Belafonte). Der hat eine ausgeprägte Spielschuld, will eigentlich keine
kriminelle Laufbahn einschlagen, doch die Unterhaltszahlungen für seine
getrennte Frau Ruth (Kim Hamilton) und für die kleine Tochter Edie (Lois
Thorn) müssen auch bezahlt werden. Zudem rücken ihm seine wenig
zimperlichen Gläubiger auf die Pelle. Da sie auch in Richtung Familie
drohen, macht Johnny schließlich mit. Er merkt auch sofort, dass Earl
ihn abweisend behandelt, lässt sich aber vom Hass des Anderen nicht so
schnell einschüchtern. Dann geht es auch schon los. Doch der Bankraub,
der so leicht von Burke beschrieben wurde, ist alles andere als
Kinderspiel. Es kommt zu einige nicht berechneten Hindernissen und auch
der Konflikt zwischen Earl und Johnny spitzt sich zu...
Dabei kann der alte Mann nur bedingt eingreifen, er ist machtlos
und die Dynamik verändert sich zunehmend in eine Katastrophe. Der Titel
"Wenig Chancen für morgen" ist Programm und die Geschichte ist ein
echtes Verliererepos. Dabei konnte Robert Wise auf drei
Top-Hauptdarsteller zurückgreifen. Ed Begley ist eh immer ein Gewinn und
Robert Ryan beweist einmal mehr seine Klasse. Auch Harry Belafonte ist
in einer seiner stärksten Performances zu sehen. In Nebenrollen
brillieren mit Gloria Grahame und Shelley Winters zwei große weibliche
Ikonen des Noir.
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.
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