Regie: David Lean
Schuhmacher und Bräutigam...
"Herr im Haus bin ich" entstand im Jahr 1954 und gehört heute zu
den weniger bekannten Filmen des legendären britischen Regisseurs David
Lean.
Der Film ist aber sehr originell und auch very british - dabei
anders als Leans frühere Werke aus den 40ern, die eher etwas düster
gehalten waren und als Nachfolgefilme von "Herr im Haus bin ich" kamen
auch bald Leans magische Kino-Blockbuster. Die Bühnenkomödie "Hobsons
Choice" (so lautet auch der Originaltitel des Films) von Harold
Brickhouse aus dem Jahr 1915 stand für den Film Pate und obwohl der
Humor überwiegt, kann man Leans Film als gelungene Tragikomödie
bezeichnen.
Dabei sprang für den großen Charles Laughton auch eine Paraderolle
als tyrannischer Schuhverkäufer heraus - natürlich ist er der Star des
Films, aber er ordnet sich auch sehr gut in das hervorragende Ensemble
ein, in dem Brenda de Banzie (Der Mann, der zuviel wußte) und John Mills
eine ebenso gute Leistung zeigen.
Die schönen Schwarz-weiß Aufnahmen von Kameramann Jack Hildyard
lassen für den Zuschauer das Zeitalter am Ende der Ära von Königin
Viktoria wieder aufleben. Ort des Geschehens ist die Stadt Salford in
Lancashire, irgendwann um 1880. Henry Horatio Hobson (Charles Laughton)
führt ein gut gehendes Schuhgeschäft und dies mit eiserner Hand. Seine
Frau ist verstorben und er hat es sich zur Angewohnheit gemacht seine
drei Töchter Maggie (Brenda de Banzie), Alice (Daphne Anderson) und
Vicky (Prunella Scales) im Geschäft herumzukommandieren. Er geniest das
Leben als tyrannischer Despot und lässt es sich nicht nehmen jeden Abend
im seiner Stammkneipe "Moonraker" aufzutauchen und dort mit
befreundeten Geschäftsleuten immer etwas zuviel zu trinken. Torkelnd
findet er mehr schlecht als recht den Weg nach Hause und pennt dann aus.
Nur gut, dass er so gute Hilfskräfte wie den naiven Willie Mossop (John
Mills) unter dem Personal hat. Der arbeitet schon sehr lange für Hobson
und seine Handwerkskunst wird in den höchsten Kreisen, sogar von der
steinreichen Mrs. Hepworth (Helen Haye) gelobt. Alice und Vicky wollen
heiraten und mit Albert Prosser (Richard Watts) und Freddy Beenstock
(Derek Blomfield) stehen schon zwei Herren in den Startlöchern. Doch der
alte Geizkragen Hobson weigert sich die gewünschte Mitgift von 500
Pfund zu zahlen. So wird nichts mit den Heiratsplänen. Die ältere
Tochter Maggie hat das Alter von 30 Jahren auch schon etwas
überschritten und der Vater ist sich sicher, dass sie keinen Mann mehr
abbekommen wird. Doch Maggie, der gute Geist des Hauses und auch
diejenige, die den Laden im Grunde im Alleingang schmeissen könnte,
denkt nicht daran als alte Jungfer bei ihrem Vater zu bleiben. Sie fasst
den Plan innert kurzer Zeit zu heiraten und der Bräutigam steht auch
schon fest: Es ist der fleißige Willie, der von seinem Glück noch gar
nichts ahnt...
Diese Grundkonstellation führt zu einer sehr eigenwilligen Dynamik,
denen die Figuren der Geschichte dann irgendwann unterworfen sind. Der
Vater, der glaubt er wäre der Klügste, muss am Ende einsehen, dass seine
fleißige und zielstrebige Tochter Maggie in allen Belangen das Sagen
hat, weil sie einen echten Lebensplan hat. Dem Vater wird irgendwann im
Lauf der Geschichte immer mehr bewusst, dass er zwar ein ungehobeltes
Mundwerk und eine tyrannische Ader hat, aber nicht alleine die Geschicke
seines Ladens leiten kann. Dazu bedarf es eines längeren Prozesses und
in einer klasse Szene zeigt Lean dem Zuschauer die Auswirkungen von
langjähriger Alkoholsucht. Eine große Maus am Bett irritiert den Säufer,
der auch noch andere Erscheinungen nach dieser Zechtour hat.
Zu seiner Zeit hatte der Film großen Erfolg - er wurde bei der
Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet, ebenso erhielt er 1955
den British Film Award als bester Film des Jahres.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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