Regie: John Huston
Der Prediger und seine Obsessionen...
"Die Nacht des Leguan" gehört zu den weniger bekannten
Theaterstücken von Tennessee Williams, das am 28. Dezember 1961 an
Royale Theamter am Broadway Premiere hatte und bereits zwei Jahre später
von John Huston verfilmt wurde.
"Die Nacht des Leguan" wurde 1965 für insgesamt vier Oscars
nominiert: Bestes Szenenbild von Stephen Grimes, beste Kamera von
Gabriel Figueroa, Grayson Hall für ihre Rolle der Gouvernante Judith
Fellowes und Dorothy Jeakins Kostüme, die am Ende auch siegreich war.
Die vier Hauptdarsteller des Films Richard Burton, Ava Gardner, Deborah
Kerr und Sue Lyon wurden bei der Vergabe der Nominierungen gnadenlos
übergangen, obwohl alle vier in ihren Rollen sehr überzeugen. Optisch
ist "Die Nacht des Leguan" ein bisschen mit Hustons "Misfits" verwandt,
das Thema des Films sind Verantwortung und Lebensaufgaben. Wenn am Ende
von "Misfits" die Pferde von den Jägern in Ruhe gelassen werden, ist es
hier der in Gefangenschaft gehaltene Leguan, der von Richard Burton
befreit wird und so seinem Schicksal im Kochtopf zu landen, entgeht.
Ort der Handlung ist ein heruntergekommenes Strandhotel an der
mexikanischen Küste. Doch bevor es hier zu Konflikten kommt, wird der
Zuschauer Zeuge eines Gottesdienstes, in dem der wütende Reverend T.
Lawrence Shannon (Richard Burton) eine lautstarke Predigt gegen die
Verlogenheit seiner Schäfchen hält und die entrüsteten Kirchengänger
dann aus dem Hause Gottes jagt. Dies führt dazu, dass der Mann mit
Alkoholproblem und einer Schwäche für noch sehr junge Mädchen aus dem
Kirchendienst entlassen wurde. Er selbst will dies nicht so recht
wahrhaben und könnte sich vorstellen in der Zukunft wieder als Prediger
zu dienen. Nun ist er als Reiseleiter und Fremdenführer angestellt, der
vornehmlich gläubige Reisegruppen auf Busreisen durch Mexiko begleitet.
Die junge, frühreife Charlotte Goodall (Sue Lyon) hat sofort ein Auge
auf den Mann geworfen, der ihr Vater sein könnte. Und die Gesellschaft
der älteren Lehrerinnen, die zur Reisegruppe gehören, sehen die
Schwärmerei des Mädchens mit Argwohn...noch misstrauischer sind sie dem
Reverend gegenüber, der sich nicht so klar distanziert, wie es die
Frauen - vor allem die Leiterin Judith Fellowes (Grayson Hall) gerne
hätte. Jedenfalls ist es schwer für Shannon sich abzugrenzen. So ist es
nicht verwunderlich, dass diese Mrs. Fellowes ihren Schützling in der
Nacht aus dem Schlafzimmer des Expriesters holen muss. Passiert ist zwar
nichts, aber der Verdacht reicht und nun sieht es so aus, als würde die
Frau eine Anzeige machen wollen, was letztendlich den Verlust des
Arbeitsplatzes bedeuten würde. Sie erstattet Meldung an den Arbeitgeber
und bei dem nächsten Halt in einem luxuriösen Hotel in der Stadt
erwartet sie auch eine Antwort. Doch Shannon will dieser drohenden
Kündigung unbedingt aus dem Weg gehen und setzt sich statt des jungen
Fahrers Hank (James Ward) ans Steuer des Busses und fährt mit der
verdutzten Reisegesellschaft an einen abgelegenen Ort ausserhalb. Dort
existiert eine Absteige, die von der resoluten Maxine Faulk (Ava
Gardner) geführt wird, der Witwe eines Freundes von Shannon. Die soll
ihm aus der Patsche helfen, indem sie die Gesellschaft bei sich
aufnimmt. Obwohl sie im August geschlossen hat, hilft sie Shannon.
Gezwungenermassen bezieht die Reisegruppe ihr Quartier, doch Miss Judith
Fellowes bleibt bei ihrer unversöhnlichen Haltung. Am gleichen Tag
trifft auch die jungfräuliche Hannah Jelkes (Deborah Kerr) mit ihrem
98jährigen Großvater (Cyril Delevanti) dort ein. Beide mittellos und sie
suchen ebenfalls eine Bleibe für die Nacht. Der alte Mann schrieb
früher Gedichte und hat sich entschlossen nach langen Jahren wieder zu
dichten. Hannah Jelkes ist eine begabte Portraitzeichnerin und könnte
sich damit bei der Reisegesellschaft ein bisschen Geld verdienen. In
dieser bedrückenden Atmosphäre von Hitze und Ungewissheit, bei dieser
merkwürdigen Ansammlung unterschiedlichster Charaktere kommt es zu
zahlreichen Konflikten....
So ist der abtrünnige Mann Gottes auf einmal mit vier
unterschiedlichen Frauen konfrontiert und hier zeigt sich dann auch die
Stärke von Tennesse Williams. Die Dialoge sind großartig und es ist sehr
spannend dies alles zu verfolgen. Was gibt dem Mann, der den Glauben
verlor einen neuen Halt ? Die Figuren bei Tennessee Williams sind
meistens auf der Suche. Immer nach etwas, was die Leere im Innern
ausfüllen könnte. Richard Burtons Shannon ist ein sensibler Charakter,
der immer wieder in Richtung Selbstzerstörung unterwegs ist und seinen
eigenen Trieben unterworfen bleibt. Trotz seines Alters ist der Film
keineswegs altmodisch, denn er ist in Sachen Sexualität recht offen und
verharmlost auch die untereinander bestehenden Abhängigkeiten der
Figuren nicht. Am Ende steht zwar ein gewisser Hoffnungsschimmer, doch
es wird keine leicht zu begehende Zukunft für Shannon werden.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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