Regie: Fred Zinnemann
Schwester Lukas...
Die Oscarverleihung am 4. April 1960 im RKO Pantages Theatre in Los
Angeles stand ganz im Zeichen von religiösen und spirituellen Themen.
William Wylers Monumentalepos "Ben Hur" wurde 12 Mal nominiert und
konnte in 11 Kategorien den Sieg davontragen. Auch Fred Zinnemanns
Verfilmung "Geschichte einer Nonne" kam auf 8 Nominierungen (Bester
Film, Hauptdarstellerin Audrey Hepburn, Bestes Drehbuch Robert Anderson,
Beste Kamera Franz Planer, beste Musik Franz Waxman, bester Schnitt,
bester Ton und beste Regie - leider ging sein Film an diesem Abend
völlig leer aus.
Wenn "Ein Herz und eine Krone" ihre sympathischste und emotionalste
Leistung war, dann dürfte sie als Gabrielle van der Mal ihre reifste
Leistung abgeliefert haben, auch wenn Simone Signoret den Oscar gewann.
Der Film entstand nach dem kurz zuvor erschienenen populären Roman
"A Nuns Story" von Kathryn Hulme, der das Leben der jungen Belgierin
Gabriele van der Mal zeigt, die beschließt als junge Frau einem Kloser
beizutreten und somit fortan ein Leben in voller Hingabe,
Opferbereitschaft und Demut führen muss. "Geschichte einer Nonne" wurde
an Originalschauplätzen im belgischen Kongo gedreht und gilt heute als
einer der ultimativen Klassiker des 50er Jahre Kinos.
Dabei hat Regisseur Fred Zinnemann auf ein phänomenales
Schauspielerensemble zurückgreifen können. Neben Audrey Hepburn ist
Peter Finch als Dr. Fortunati, Dean Jagger als Dr. Hubert van der Mal,
Dame Edith Evans als Mutter Emanuel, Peggy Ashcroft als Mutter Mathilde,
Mildred Dunnock als Schwester Margharita, Beatrice Straight als Mutter
Christophora, Patricia Collinge als Schwester William und Colleen
Dewhurst als Erzengel zu sehen.
Gabrielle van der Mal hat sich entschlossen ins Kloster zu gehen.
Ihr Vater - der berühmte Chirurg - begleitet sie dorthin. Von ihm hat
die junge Frau sehr viel über die Medizin gelernt und dieses Können und
Talent - so hofft die junge Frau - darf sie bald im belgischen Kongo
ensetzen. Sie erhält den Namen Schwester Lukas, unterzieht sich ihrem
Postulat und Noviziat. Dabei merkt sie immer mehr, dass ihre größte
Schwierigkeit darin besteht, das Gelübde des Gehorsams zu befolgen. Ihr
Weg führt sie von einer Psychiatrie in die Schule für Tropenmedizin. Sie
besteht die Prüfung mit "Sehr gut", obwohl sie damit der Bitte der
Oberin nicht nachkommt die Prüfung absichtlich nicht zu bestehen, um
Demut zu zeigen. Endlich darf sie in den Kongo, wo sie in einem
Krankenhaus für Weiße arbeiten soll. Dort arbeitet sie mit dem
brillianten Chirurgen Dr. Fortunati zusammen. Dann erkrankt sie an
Tuberkulose....
In der Schlußszene verlässt Gabrielle durch die Hintertür für immer das Kloster, dem sie mehr als 20 Jahre gedient hat.
Der Film hat eine Laufzeit von 150 Minuten und besticht durch die
sorgfältige und ruhige Inszenierung von Fred Zinnemann. Der Regisseur
mit jüdischen Wurzeln hat die christliche bzw. katholische Thematik mit
größtem Respekt versehen. Dennoch hatte der Film auch Kritiker, was ich
aber nicht nachvollziehen kann. Zinnemanns Film ist von Anfang bis Ende
subtil und macht einen ganz individuellen Gewissenkonflikt sichtbar.
Doch einige Stimmen meinten, dass Zinnemann dem Mißverständis Nahrung
gibt, dass die Pflicht der klösterlichen Disziplin mit der Nächstenliebe
unvereinbar zu sein scheint. Hier ist das Spiel von Audrey Hepburn viel
zu differenziert, als dass dieser Gedanke aufkommt. Zinnemann hatte
auch sonst in jeder Kategorie Unterstützung von Weltklasseleuten. Franz
Planer als Kameramann, Franz Waxman für den Score und jede Menge
Vollblutschauspieler, auch in den kleinsten Nebenrollen. Im Kinojahr
1959 spielte der Film 12,8 Millionen Dollar weltweit ein. In den
US-Kinojahrescharts kam "Geschichte einer Nonne" auf den 8. Platz.
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.
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