Samstag, 17. Oktober 2015

Ich war 19

























Regie: Konrad Wolf

Kurz vor der Stunde Null....

konrad Wolf war einer der bekanntesten DEFA Regisseure, seine bekanntesten Filme sind "Der geteilte Himmel" (1964), "Solo Sunny" (1980) und vor allem der Antikriegsfilm "Ich war neunzehn", der 1968 entstanden ist und die persönlichen Erlebnisse des Regisseurs aufarbeitet. Genauso wie die Hauptfigur des Films, der junge Deutsche Gregor Hecker (Jaecki Schwarz), musste dessen Famiie aus Nazideutschland emigrieren, kam über Umwege nach Moskau und erwarb dort die sowjetische Staatsangehörigkeit. Er trat in die Rote Armee ein und gehörte 1945 als Neunzehnjähriger zu den Truppen, die vom Osten her Berlin einnahmen. Für kurze Zeit war er im April 1945 der erste sowjetische Stadtkommandant von Bernau, einer Kleinstadt in der Nähe von Berlin. Der Film schildert eindrucksvoll mit atmoshärischen Episoden und realistischen Impressionen die bewegende Annährerung des jungen Mannes an seine Heimat, die ihm fremd und inzwischen auch zum Feindesland geworden ist.
Dabei erinnert der Klassiker des DDR-Kinos auch an einen neuen Kinoerfolg. "Herz aus Stahl" (Original: Fury), der zu Unrecht viel kritisierte US-Kriegsfilm von David Ayer hat eine ähnliche Thematik, weil er ebenfalls die Offensive gegen die deutsche Wehrmacht auf dem Gebiet des Deutsches Reiches zum Thema hat. Dort werden die einmarschierenden Amis gezeigt, die von Frankreich her ins Rheinland einmarschieren, in Wolfs Film sind es die Russen, die ihren Eroberungszug auf deutschem Boden fortsetzen. Lediglich die Machart unterscheidet beide Filme, Während "Herz aus Stahl" ein spannender Genrebeitrag im Stile alter Klassiker wie "Das dreckige Dutzend" oder "Gesprengte Ketten" sein will, setzt Konrad Wolf neben diesen letzten Kriegshandlungen in den Zeiten zwischen Krieg und Frieden auch die leisen persönlichen und stillen Momente ein. Das macht den Film natürlich intensiver und hebt ihn völlig zu Recht in die Liga eindrücklicher Antikriegsfilme wie Bernhard Wickis "Die Brücke".
Der Film beginnt am 16. April 1945. Gregor Hecker (Jaecki Schwarz) und seine kleine Gruppe zu der auch sein Vorgesetzer,  der Lehrer Wladimir Gejman (Wassili Liwanow) und die Soldaten Dschinghis (Kalmursa Rachmanov) und Sascha Ziganjuk (Alexei Eiboschenko) gehören. Der Krieg ist für die Deutschen natürlich schon längst verloren, aber immer noch gibt es Gegenwehr. Und immer wieder ergreift Gregor das Megaphon um deutsche Soldaten zur Aufgabe zu bewegen. Die Eroberung soll möglichst friedlich in diesen letzten Tagen verlaufen, was aber nicht immer gelingt. Als die Truppe nach Bernau kommt wird Hecker zum Kommandanten der Stadt ernannt. Er trifft dort auf das deutsche Mädchen (Jenny Gröllmann), die sich vor den Russen fürchtet. Eine junge sowjetische Soldatin (Galina Polskich) konfrontiert sie damit, dass auch sie Angst vor dem Sturm der Deutschen in Russland hatte. Auf ihrem Weg in die Hauptstadt komemn sie auch nach Sachsenhausen, wo kurze Zeit vorher das Konzentrationslager befreit wurde. Ein Lagerkommandant erklärt den russischen Befreiern wie die Gaskammer funktionierte. Danach haben die Soldaten den Auftrag die Übergabe der Zitadelle Spandau zu verhandeln. Dort soll der Festungskommandant Oberst Lewerenz kapitulieren, doch der muss sich zuerst mit seinen Offizieren beraten. Diese lehnen zuerst ab, doch später ergibt sich die Festung. Am 1. Mai fahren sie über eine menschenleere Autobahn, in einem der zerschossenen Lastwagen entdeckt Hecker einen blinden deutschen Soldaten, der trotz Verwundung eine große Hoffnung auf die Zukunft ausstrahlt. Am Abend wird gefeiert und viel getrunken- es ist die Feier zum 1. Mai. Dabei feiern auch deutschen Widerstandskämpfer und Kommunisten mit, die von der russischen Armee aus den Gefängnissen befreit wurde. Einer wird sogar in einem kleinen Ort als Bürgermeister eingesetzt. Die Stimmung ist gut, die Männer glauben nicht mehr daran, dass es zu Kampfhandlungen kommt. Doch die Ruhe trügt. Deutsche Truppen brechen aus dem Kessel von Berlin und greifen getarnt als russische Panzereinheiten an. Der Überraschungsangriff fordert Tote...Hecker, der sich gerade noch mit einem jungen Unterleutnant (Boris Tokarev) unterhalten hat und mit ihm ein bisschen Fußball gespielt hat, sieht diesen Sekunden später schwer getroffen zu Boden fallen. Der junge Mann stirbt. An einem kleinen Flussübergang beziehen die Männer dann ihr Quartier. Immer wieder ziehen deutsche Soldaten auf der entfernt gelegenen Straße am anderen Ufer vorbei. Der Lautsprecher kommt wieder zum Einsatz, bald ergeben sich die ersten, erschöpften deutschen Soldaten. Doch auch ein Feuerüberfall von SS-Truppen müssen sie noch überstehen...



diese vielen kleinen Episoden fügen sich dank der sehr guten Dramaturgie wirkungsvoll als Einheit am Ende zusammen. Es ist die schmerzliche Rückkehr eines Deutschen in sein Land, dass in Schutt und Asche liegt und noch weiß keiner wie sich der Aufbau gestaltet. Konrad Wolf hat daraus eine klasse Geschichtsstunde gemacht, die völlig ohne die übliche historische Einordnung auskommt und dem Zuschauer lediglich diesen Einblick in eine Zeit "1 Minute vor Stunde Null" gewährt. Nur wenige Tage...diese persönlichen Erlebnisse des jungen Soldaten Gregor beginnen an der Oder am 16. April und enden am 8. Mai 1945. Konrad Wolf schuf ein tolles Mosaik dieser letzten Kriegstage. Der Sieg ist sozusagen zwar schon erreicht und nur noch eine Sache von Tagen. Danach ist aber alles offen. Die Ziele müssen neu festgelegt werden.
Mit der Unterstützung der Sowjektarmee und der Nationalen Volksarmee konnte der Film realisiert werden. Das Budget betrug 2.077.000 Mark der DDR. Er kam am 2. Februar 1968 in die ostdeutschen Kinos und bereits in den ersten Monaten sahen ihn 2 1/2 Millionen Menschen. Insgesamt konnte die stolze Zuschauerzahl von 3.317.966 erreicht werden. Ein großer Kinoerfolg also.



Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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