Die Macht in Zeiten des Krieges...
Vielleicht hätte Raoul Walshs bekanntestes Alterswerk "Die Nackten und die Toten" aus dem Jahr 1958 noch besser funktioniert, wenn er den Schluß genauso gelassen hätte wie in Norman Mailers gleichnamigen Roman, der 10 Jahre früher verfasst wurde. In Mailers großem Kriegsroman ist auch die Figur des General Edward Cummings noch etwas tiefer beschrieben. Der brillante und rücksichtslose Stratege General Edward Cummings unterdrückt seit längerer Zeit bereits seine homosexuellen Neigungen. Im Film werden diese verschleiert. Man darf aber dennoch vermuten, zumal Cummings in einem freudschaftlichen Gespräch mit seinem Adjudanten Lieutenant Robert Hearn seine Eheprobleme thematisiert und sich dahingehend äussert, dass seine Ehe kinderlos ist. Ein heiter wirkendes Gesicht beim Gegenüber macht ihn schon sehr aggressiv und er bezieht dieses "Grinsen" auf seine schwache Männlichkeit. Ab diesem Zeitpunkt distanziert er sich selbst von den freundschaftlichen Gefühlen für seinen Untergebenen. Er lässt Hearn nun spüren, dass er die Macht und das Sagen hat. So hat dieser ab sofort dafür zu sorgen, dass die Unterkunft des Generals blitzsauber gehalten werden muss. Ausserdem wünscht er jeden Morgen einen frischen Blumenstrauß. Der letzte Befehl missfällt Hearn, vor allem deshalb weil Cummings die täglichen Blumen als Idee von Hearn darstellt und nicht als seinen Befehl. Vorher haben die beiden Männer immer wieder darüber diskutiert, wie man einfache Soldaten behandeln muss. Cummings Menschenbild fußt auf einer eher inhumanen Überzeugung, dass man die Männer schlecht behandeln muss. Nur wenn sie den Vorgesetzten mehr hassen als den Feind sind sie bereit todesmutig vorzustürmen.
Die beiden unterschiedlichen Charaktere werden im Film von Cliff Robertson und Raymond Massey dargestellt. Besonders Massey glänzt in der Rolle des kaltherzigen Strategen - neben dem Adam Trask in "Jenseits von Eden" sicherlich die beste Rolle seiner langen Laufbahn als Schauspieler. Es gibt aber noch eine dritte dominierende Person in dem Geschehen, dass sich auf einer japanischen Insel abspielt, die erobert werden soll.
Sergeant Croft (Aldo Ray) ist ein Frauenhasser, wie eine der ersten Szenen zeigt. Aber er ist ein fähiger und mutiger Soldat. Von seinen Männern wird er gefürchtet - dennoch respektieren sie ihn, weil er beinahe schon ein Garant ist, dass man die Kämpfe unter seiner Führung überlebt - zumindest ist dieses Überleben wahrscheinlicher als bei anderen Leitern eines Zuges. Er versucht die Männer durch Angst zu beherrschen, was ihm meistens gelingt. Es zeigt sich aber auch immer wieder seine brutale Wesensart - ohne zu Zögern erschießt er Gefangene, obwohl er denen zuvor noch freundlich eine Zigarette angeboten hat. Auf dem Höhepunkt des Films wird eine gefährliche Aufklärungsmission unternommen, Kommandant dieser Soldaten wird der bei Cummings in Ungnade gefallene Hearn. Croft gefällt es überhaupt nicht, dass er diesmal die zweite Geige spielen muss. Unterschiedliche Sichtweisen führen zu Konflikten. Hearn muss Croft ins Gedächtnis rufen, dass er zu bestimmen hat. Wobei ihm dies gar nicht so liegt. Er will auch die Mission abbrechen, nachdem ein Mann getötet wird. Doch Croft kann ihn durch falsche Informationen beeinflussen...so versuchen die Männer den wichtigen Berg zu besteigen. Dann wird Hearn verletzt und das Kommando geht an Croft...
Da der Verletzte Hearn von zwei Soldaten zurückgetragen werden soll, deutet sich ein etwaiges HappyEnd für den sehr humanen Vorgesetzten an. Im Roman stirbt Hearn und Croft überlebt. Mit dieser Option wäre dieser guter Kriegsfilm noch etwas düsterer und grimmiger geworden. So suggeriert Walshs Ende den Sieg der Liebe über den Hass. Trotzdem ist es Walsh sehr gut gelungen den rüden Soldatenalltag einzufangen. Es gibt wenig Raum für Gefühl. Und wenn dann wird es nicht gezeigt. So gibts ausser dem Lieutenant kaum Indentifikatonsmöglichkeiten - man ist sich selbst der Nächste. Kein Wunder in einer Umgebung, wo der Tod jede Sekunde zuschlagen kann. Und wenn es die feindlichen Japaner nicht sind, dann ist es eine Giftschlange, die innert von Sekunden den Tod eines jungen Soldaten besiegelt. Atmosphärisch dicht ist der Soundtrack von Bernard Herrmann und auch Kameramann Joseph LaShelle hat tolle Bilder von einer fast unberührten Insellandschaft eingefangen, die aber zur Grabstätte wird. Trotz des hoffnungsvollen Ende ist "Die Nackten und die Toten" für seine Zeit extrem progressiv gemacht.
Bewertung. 8 von 10 Punkten.
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