Regie: Wolfgang Liebeneiner
Schicksal in den Trümmern....
Wolfgang Liebeneiner war vor, während und nach dem 2. Weltkrieg ein
gefragter Regisseur in Deutschland. Er drehte unterhaltsame Filme wie
"Der Mustergatte", "Der Florentiner Hut", "Auf der Reeperbahn nachts um
halb eins", "Die Trapp Familie" und "Königin Luise", jedoch auch den
Vorbehaltsfilm "Ich klage an". Sein vielleicht interessantester Film
heißt "Liebe 47" und ist ein sogenannter Trümmerfilm, der eine
glanzvolle Premiere hatte und doch am Ende im Kino floppte. Im
zerbombten Deutschland, dass einen neuen Weg aus der Krise suchen
musste, war die Handlung von "Liebe 47" viel zu pessimistisch. Lieber
verdrängen als sich mit dem geistigen Ist-Zustand befassen, in dem man
nicht wusste, ob man das Leben noch bewältigen konnte.
In einer Szene des Films will der Russland-Heimkehrer Beckmann
(Karl John) in einem Variete auftreten. Der Direktor des Etablissements
(Hubert von Meyerinck) gibt ihm eine Chance als singender Stand up
Comedian, doch die Darbietung lässt am Ende die Gäste verstummen. Zu
realistisch hat sie das damalige Leben offenbart: Die schreckliche und
unrühmliche Vergangenheit, die Hoffnungslosigkeit in der Gegenwart. Der
Direktor vermisst in Beckmanns düsterem Lied von der Soldatenfrau das
Prickelnde. "Wo ist die heitere Gelassenheit ?" fragt er ihn "denn mit
der bitteren Wahrheit kommen sie nicht weit. Kunst habe nichts mit der
Wahrheit zu tun".
Liebeneiner hatte Wolfgang Borcherts berühmtes Stück schon auf der
Bühne inszeniert. Für die Verfilmung fügte er die Parallelfigur der Anna
Gehrke, gespielt von Hilde Krahl, ein. Diese Frau steht beispielhaft
für das Leid aller Frauen, deren Männer in den Krieg zogen und die
alleine zuhause ums Überleben kämpfen mussten.
In der ersten Szene beobachtet der Tod (Albert Florath) einen
lebensmüden Mann (Karl John) am Elbufer. Er hat vor sich das Leben zu
nehmen, er hat zuviel erlebt - er kann nicht mehr. Wie viele in dieser
trostlosen Zeit. Und er ist bald nicht mehr allein. Denn auch eine Frau
(Hilde Krahl) hat diesen Entschluss gefasst - sie will nicht mehr
weiterleben.
Nun treffen sich beide dort am Ufer und fragen sich ob sie
gemeinsam dem Leben ein Ende machen sollen. Oder vielleicht doch mit
gemeinsamen Kräften noch einmal versuchen das Leben in den Griff zu
bekommen.
Und Gott (Erich Ponto) gesellt sich zum Tod und bemerkt, dass die
Menschen ihn nicht mehr suchen. Dafür hat aber Gevatter Tod
Hochkonjunktur...
Gesamthaft befasst sich "Liebe 47" mit der Einsamkeit der
menschlichen Seele. Die sich noch einsamer fühlt in solchen Zeiten. In
Rückblenden erfährt der Zuschauer von den beiden Menschenschicksalen.
Manchmal wirkt der Film tatsächlich etwas theaterhaft, er ist aber auch
innovativen Ideen aufgeschlossen. So hat der Regisseur eine ähnliche
alptraumhafte und surreale Sequenz eingebaut, die an "Ich kämpfe um
dich" von Hitchcock erinnert. Beckmann, der 11 Männer aufgrund eines
gegebenen Befehls auf dem Gewissen hat, irrt in der realen Welt humpelnd
mit einer sonderbaren Gasmaskenbrille durch die Trümmerlandschaft. In
der Nacht wird er geplagt von Träumen, wo die Kameraden als Skelette
erscheinen und trommelnd zur Attacke aufrufen. Irgendwie will er wieder
schlafen und seinen Befehl und damit seine Verantwortung an den Oberst
zurückgeben, der ihm diesen Befehl erteilte. Doch bei einem Besuch
erkennt er, dass sich dieser Mann schon wieder - scheinbar ohne große
Gewissensbisse - im neuen Deutschland bestens zurechtgefunden hat. In
Nebenrollen sind bekannte Gesichter wie Inge Meysel und Grethe Weiser zu
sehen.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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